Der Agrar-Experte Don fordert ein Umdenken in der Agrarbranche. Das Landvolk möchte das Jahr aus der Düngebilanz streichen.

Die Landwirtschaft muss umdenken. Das heißt, die kleinen und mittleren Betriebe zu stärken und den Großen ihre Grenzen des Wachstums zu zeigen.

Das sagt unser Leser Peter Reisse aus Wolfsburg.

Den Artikel recherchierte
Hannah Schmitz

Braunschweig. Die Äcker sind staubtrocken, die Ernteerträge vernichtend gering. Wetterextreme wie die monatelange Trockenheit machen den Landwirten zu schaffen. „Die Klimatrends zeigen eindeutig, dass die Sommer trockener und die Winter feuchter werden. In Summe werden diese Wetterperioden zudem länger anhalten“, sagt Axel Don, Geo-Ökologe und stellvertretender Leiter des Instituts für Agrarklimaschutz am Bundesforschungsinstitut Thünen. Er hält ein „Umdenken“ in der Landwirtschaft für nötig und pflichtet damit auch unserem Wolfsburger Leser bei. Gesunde Böden hält der Geo-Ökologe dabei für einen wichtigen Schlüssel: „Wir brauchen eine resistentere Landwirtschaft, dafür sind lebendige Böden mit hohem Humusgehalt wichtig.“

In Deutschland liege der Humusgehalt der Ackerböden durch deren landwirtschaftliche Nutzung im Durchschnitt 30 bis 40 Prozent unter dem der Wald- und Grünlandböden. Dabei entscheidet der Humusgehalt darüber, wie viel klimaschädliches Kohlenstoffdioxid der Boden aus der Luft binden kann. „Humus besteht zu 50 Prozent aus Kohlenstoff. Dieser Anteil ist dann nicht als Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre, es entlastet sie“, erklärt Don. Je mehr Humus in Böden vorhanden ist, desto größer ist der Kohlenstoffspeicher der Böden.

In der Bio-Landwirtschaft liege der Humusgehalt der Böden deutlich höher – allerdings führen die Öko-Landwirte auch nur 70 Prozent der Erträge ein, die konventionelle Ackerbetriebe erwirtschafteten.

Don sieht ein grundsätzliches Problem: „Die Landwirtschaft, wie wir sie jetzt haben, ist politisch gewollt. Sie ist auf hohe Erträge und den Export ausgerichtet.“ Aus der Landwirtschaft brauchten wir aber nicht nur die Erträge, sondern auch Klimaschutzfunktionen wie Biodiversität, unbelastetes Grundwasser und gesunde Böden. Enge Fruchtfolgen ließen letzterem kaum noch Zeit für Erholung und den Aufbau von wertvollem Humus aus Pflanzenresten. Denn der Aufbau des wertvollen Humus brauche Jahrzehnte.

Humusreiche Böden sind laut Don jedoch nicht nur ein Instrument beim Klimaschutz, sondern auch der Schlüssel zur Bodenfruchtbarkeit. „Humusreiche Böden können viel mehr Wasser speichern und Trockenperioden besser überstehen“, sagt er. Aber: Dürren wie die jetzige könnte auch der humusreichste Ackerboden nicht kompensieren. Deshalb sagt der Agrarklimaschutz-Experte auch: „In dieser extremen Situation müssen wir die Landwirte unterstützen.“

Ähnlich ordnet das auch Christiane Balko ein, die am Julius-Kühn-Institut zu Trockenstress von Pflanzen forscht. „Wenn es seit April nicht regnet, macht da außer einem Kaktus keine Pflanze mehr etwas draus“, sagt sie. Trockentolerante Pflanzen zu züchten sei unheimlich schwierig, weil dieses Merkmal sehr komplex sei. „Da spielt sehr vieles mit herein, zum Beispiel die Wurzeldichte, die Wurzeltiefe, oder die Zusammensetzung der Membranen“, sagt Balko. Die neuesten Züchtungen der Feldfrüchte seien jeweils die effizientesten. Um die trockentolerante Pflanze zu entwickeln, brauche es noch jahrelange Forschung, sagt Balko.

Derweil schlagen sich die Landwirte noch mit einem Folgeproblem der Dürre herum: Weil es so wenig regnete, konnten die Feldfrüchte nicht stark wachsen und haben somit auch nicht den Dünger aus dem Boden gezogen. Das ist nun schlecht für die Bauern. Sie sind seit Inkrafttreten der Düngemittelverordnung im vergangenen Jahr dazu verpflichtet, nur ein bestimmtes Volumen an Dünger über ein Mittel von drei Jahren einzusetzen. Ist der Stickstoffgehalt nun durch die misslungene Ernte hoch, dürfen sie in den zwei Folgejahren nur wenig Dünger einsetzen. „Das bedeutet Mangelernährung für die Pflanzen“, sagt Ulrich Löhr, Vorsitzender des Landvolks Braunschweiger Land. Er fordert: „Die Auswirkungen dieses Jahres müssen wir aus der Düngebilanz streichen.“ Durch die Düngeverordnung sei der Einsatz von Dünger eh schon „spitz auf Knopf“ genäht, sagt Löhr.

Laut Don bringt sie noch nicht einmal viel für den Klimaschutz, belaste die Bauern jedoch durch komplizierte Regularien. Dennoch sagt der Experte: „Es wird viel zu viel gedüngt.“ Vor allem mit Gülle, die in den großen Mastanlagen im Westen Niedersachsens erzeugt würde. „Wenn jeder weniger Fleisch essen würde, könnten wir uns mehr Bio-Landwirtschaft leisten“, ist Don überzeugt. „Denn auch der Großteil des Getreides hier wird verfüttert.“