Braunschweig. . Trotz Verbot von Leihmutterschaft: Ein Gericht in Hildesheim entscheidet, die Elternschaft von Kindern per Leihmutter muss anerkannt werden.

Manchmal ist die Juristerei extrem kompliziert. Auch und gerade im Falle von Leihmutterschaften zeigt sich das. So wird ein Paar aus unserer Region von einem Gericht nicht als Eltern der Kinder anerkannt. Ein homosexuelles Paar aus Hildesheim hingegen schon. Beide Paare haben bewusst deutsche Gesetze umgangen, beide haben Zwillinge von einer Leihmutter in den USA austragen lassen. In Deutschland ist die Leihmutterschaft aufgrund des Embryonenschutzgesetzes und des Adoptionsvermittlungsgesetzes verboten. Deswegen wenden sich manche Paare, die selbst keine Kinder zeugen können, an Agenturen im Ausland und lassen sich eine Leihmutter vermitteln. So haben es auch die Paare aus der Region Braunschweig und aus Hildesheim gemacht. Beide Fälle sind besonders umstritten.

Der Fall aus dem Raum Braunschweig

Das Paar hatte jahrelang vergeblich versucht, ein Kind zu bekommen. Deswegen entschieden sie sich für eine Leihmutter in den USA. Die Amerikanerin erklärte sich bereit, gegen Bezahlung das künstlich befruchtete Ei der deutschen Frau auszutragen. Ein Gericht im US-Bundesstaat Colorado erklärte das deutsche Ehepaar zu den rechtmäßigen Eltern. In den USA ist das möglich. Für das gesamte Verfahren und den Kosten für die Agentur, die Leihmutter und das Krankenhaus, hat das Paar, wie sein Rechtsanwalt Thomas Oberhäuser unserer Zeitung erklärt, 100 000 US-Dollar bezahlt. Wieder in Deutschland, beantragte man die Anerkennung der Elternschaft beim Amtsgericht Braunschweig. Dies lehnte ab. Das Paar beschwerte sich beim Oberlandesgericht, aber auch dort erhielt es eine Abfuhr. Der Fall ging nun an den Bundesgerichtshof (BGH). Das Urteil steht noch aus.

Das Oberlandesgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die kommerzielle Leihmutterschaft „in mehrfacher Hinsicht den vom deutschen Gesetzgeber verfolgten besonderen Schutz von Müttern und Kindern“ verletze. Besonders dem Schutz der Menschenwürde, des Lebens und dem Kindeswohl müsse Rechnung getragen werden.

Nach dieser Logik hätte das homosexuelle Paar aus Hildesheim nicht die Anerkennung seiner Elternschaft bekommen sollen – hat es aber. Aus einem einfachen Grund: Der BGH hat im Dezember 2014 über einen ausländischen Leihmutterschaftsfall entschieden, dass Gerichtsentscheidungen aus dem Ausland die rechtliche Elternschaft den Wunscheltern in dem Fall zuweisen, wenn ein Wunschelternteil mit dem Kind genetisch verwandt ist. Das trifft im Fall des homosexuellen Paares zu – aber auch beim Paar aus Braunschweig.

Der Fall aus dem Raum Hildesheim

Das homosexuelle Paar hat auf die gleiche Art und Weise eine Leihmutter in den USA gesucht und gefunden. In den USA wurden beiden Männern Samenzellen entnommen und jeweils in Eizellen einer Spenderin eingesetzt. Zwei daraus entstehende Embryonen wurden in die Leihmutter übertragen. Bereits während der Schwangerschaft stellte ein US-amerikanisches Gericht die Vaterschaft der werdenden Väter fest – so wie beim Ehepaar aus Braunschweig. Einer der Väter beantragte direkt nach der Geburt der Zwillinge bei seiner privaten Krankenkasse in Deutschland Kindernachversicherungsanträge für beide Kinder und teilte mit, dass er „überraschend Vater von Zwillingen geworden sei“. Laut Gesetz muss mindestens ein Elternteil bei der Krankenkasse versichert sein. Die Nachversicherung beider Kinder wurde bestätigt. Als die Krankenkasse erfuhr, wie die Kinder gezeugt wurden, weigerte sie sich, die Krankenhaus-Kosten aus den USA in Höhe von rund einer Million Euro zu zahlen. Weil der Antrag zur Nachversicherung mit falschen Angaben erreicht wurde, sei bei der Versicherung der Eindruck entstanden, dass die Kinder „auf üblichem Wege“ gezeugt wurden. Der Streit landete schließlich vor Gericht in Hildesheim. Aber anders als in Braunschweig urteilten die Richter zugunsten des Paares.

Warten auf den BGH

Wenn ein US-Gericht die Elternschaft anerkennt, was im Fall des Paares aus Braunschweig und Hildesheim zutrifft, müssen deutsche Behörden dieser Entscheidung folgen – so urteilten die Hildesheimer Richter. Warum? Das Gericht stützte sich auf die Entscheidung des BGH von 2014. Es entschied, dass die Kasse die Versicherung der Kinder nicht ablehnen kann und die durch deren verfrühte Geburt entstandenen Klinikkosten in den USA zahlen muss. Warum das Paar aus Braunschweig nicht Eltern sein darf, das Paar aus Hildesheim jedoch schon, bleibt ungeklärt. Thomas Oberhäuser, der Anwalt des Braunschweiger Paares, wartet auf die Gerichtsentscheidung des BGH. Für ihn steht fest: „Die Entscheidung des Oberlandesgerichts in Braunschweig war eine politische Entscheidung.“