Braunschweig. Windenergie ist das Rückgrat der Energiewende in Deutschland. Ihr Ausbau aber stagniert, es werden weniger Windräder aufgestellt.

Der ganze Norden wird optisch verschandelt.

Das behauptet unser Leser Ersin Kaya auf unseren Facebookseiten.

Zum Thema recherchierte
Andre Dolle

In vielen ländlichen Regionen in Deutschland stehen inzwischen große Windparks. Zwischen Harz und Heide stehen zum Beispiel 390 Windräder. Doch der Ausbau der Windkraft verliert deutlich an Fahrt.

Die besten Jahre für die Erbauer von Windparks in Deutschland sind vielleicht sogar schon vorbei. Die Zahlen des Bundesverbands Windenergie jedenfalls lassen aufhorchen: Wurden im vergangenen Jahr noch 1792 neue Windräder mit einer Nenn-Leistung von 5,3 Gigawatt aufgestellt, so dürften es laut Prognose in diesem Jahr rund ein Drittel weniger sein.

Niedersachsen ist weiterhin Windenergie-Land Nummer 1. Vergangenes Jahr wurden hier
500 neue Windräder errichtet. Wie viele davon in der Region neu aufgestellt worden sind, konnte der Regionalverband Großraum Braunschweig nicht sagen. Er ist für die Planung der Windkraftflächen zwischen Harz und Heide zuständig. Den Verband informieren die Kreise und kreisfreien Städte darüber nicht. Letztere sind die Genehmigungsbehörden. Viele neue Windräder werden es nicht gewesen sein, denn der Ausbau stockt in unserer Region. Es kann sich nur um wenige veraltete Anlagen handeln, die durch neue ersetzt wurden. Den eigentlichen Zuwachs soll es geben, wenn die neuen Pläne abgesegnet werden. Dafür bedarf es der dritten Beteiligung von Bürgern. Dann soll die Nenn-Leistung von 707 Megawatt auf 1500 Megawatt steigen. Das ist die Leistung eines Kernkraftwerkes mittlerer Größe.

Das Aus der Atomenergie in Deutschland ist bereits besiegelt, der Kohleausstieg soll 2030 folgen. Weniger Strom aus konventioneller Erzeugung bedeutet jedoch, dass die Erneuerbaren massiver ausgebaut werden müssen, als das bislang der Fall ist. Hier gibt es deutlichen Nachholbedarf und schon jetzt steht fest, dass der Bund das Ziel von 65 Prozent Ökostrom bis 2030 schwer einhalten kann. Alexander Heidebroek, Vorsitzender des Bundesverbands Windenergie in unserer Region, moniert: „Die Bundesregierung hat kein Konzept.“

Doch es gibt auch Widerstand in der Bevölkerung. Das zeigt auch die Reaktion unseres Lesers. Der Regionalverband musste 20 000 Einwände hinnehmen. Das ist das Zehnfache an Einwänden, die es beim mehr als 100 Kilometer langen Ausbau der A 39 zwischen Lüneburg und Wolfsburg gab.

In Ex-Bundesinnenminister Otto Schily haben die Windkraft-Gegner einen prominenten Fürsprecher. Er arbeitete sich Ende April bei einem Vortrag in Clausthal-Zellerfeld an der Windkraft ab: Massive Verluste in der Vogelwelt, enormer Flächenverbrauch und Zerstörung von historisch gewachsenen Kulturlandschaften sei ihre Folge.