Hildesheim. Wilmer war Lehrer in der Bronx. Wegen seiner ungewöhnlichen Vita erzeugt er in Hildesheim Aufbruchstimmung.

Das Bistum Hildesheim freut sich auf einen ganz besonderen Oberhirten: Pater Heiner Wilmer (56) besuchte am Montag erstmals seit Bekanntgabe seines Amtes den Dom. Im September findet die Bischofsweihe statt, schon jetzt sind die Erwartungen groß.

Das liegt am offenen Auftreten Wilmers – vor allem aber an seiner spannenden Biografie: Aufgewachsen ist er auf einem Bauernhof im Emsland, schon mit 19 zog es ihn in ein Kloster nach Freiburg. In Freiburg und in Paris studierte er. Wilmer war zwei Jahre lang Lehrer in der New Yorker Bronx. Er leitete ein Gymnasium im Emsland, seit 2015 ist er Generaloberer der Herz-Jesu-Priester in Rom. In dieser Funktion steht er 2000 Brüdern in 42 Ländern auf vier Kontinenten vor.

Immer wieder erzählte Wilmer am Montag geduldig die Geschichte, wie er vor einigen Monaten Papst Franziskus am Handy hatte. „Hör zu, ich duze dich“, habe dieser gesagt. „Du wirst im Norden gebraucht. In Hildesheim wollen sie dich.“ Als bei den Herz-Jesu-Priestern in Rom die neue Aufgabe Wilmers die Runde machte, hätten zwei afrikanische Pater die Köpfe zusammengesteckt, erzählte der künftige Bischof. „Er geht zu seinen Stammesgenossen zurück“, habe einer der beiden Pater gesagt.

Neuer katholischer Bischof stellt sich In Hildesheim vor

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    Wilmer wurde nicht müde, auf seine Wurzeln hinzuweisen. Aus dem Emsland in Niedersachsen kommt er. Genauer: aus Schapen, einem kleinen Ort an der Grenze zum Münsterland. Noch mit 13 wollte er Landwirt werden. „Ick kann ooch Trekker föhren“, sagte er nun auf Plattdeutsch.

    Diese Offenheit, dieses Uneitle, das ist nicht gespielt. Das wirkt authentisch. Smart kam er herüber, der baldige Bischof. Mit Altbischof Norbert Trelle, der sich schon vor Monaten mit 75 Jahren in den Ruhestand hat versetzen lassen, stand er auf dem Gelände am Rosenstock direkt neben dem Hildesheimer Dom.

    Die beiden flachsten. Trelle genoss den Auftritt in der Öffentlichkeit noch einmal sichtlich. Wilmer wirkte am Anfang etwas nervös, er tippelte mit den Füßen. Doch das legte sich schnell. „Heiner, willkommen“, sagte Trelle zu Wilmer. „Du wirst dich hier wohlfühlen – im schönsten Bistum Deutschlands.“ – „Im schönsten Bistum der Welt“, ergänzte Wilmer und lachte laut.

    Doch Wilmer wird nicht nur auf der Sonnenseite stehen. Das ist ihm bewusst. Das Bistum Hildesheim im überwiegend protestantischen Norden hat 119 Pfarrgemeinden und 611 000 Katholiken – Tendenz fallend. Auch die finanziellen Mittel werden knapper und knapper.

    In der Andacht im voll besetzten Dom deutete Wilmer kurz zuvor bereits an, welche Schwerpunkte er aufgreift. Er will auf die Jugend setzen und Laien sowie Frauen mehr einbinden. Zudem will Wilmer eng mit der evangelischen Kirche zusammenarbeiten. Wie genau das aussehen kann, das ließ Wilmer noch offen.

    Er kündigte an, vor seiner Amtsübernahme in ein italienisches Kloster einkehren zu wollen. „Gebet, Schweigen, Einsamkeit“, darauf kommt es ihm in diesen Wochen an. Viel nachdenken werde er. Womöglich reifen dann auch konkrete Ziele.

    Klar ist schon jetzt, dass die Jugend absolut im Mittelpunkt stehen wird. Im August will Wilmer mit jungen Erwachsenen durch das Bistum pilgern, „damit sie mir sagen, was hier in Zukunft passieren muss“. Jungen Menschen müsse man zuhören und sie ernst nehmen, damit sie aktiv werden. „Junge Leute sind die Kirche nicht nur von morgen, sondern auch von heute.“

    Die Zuhörer im Dom waren ganz begeistert von Wilmers erstem Auftritt. Er erhielt einen langen und lauten Applaus. Auch unter den Mitarbeitern des Bistums ist eine gewisse Aufbruchstimmung zu spüren. Namentlich wollte sich aber niemand zitieren lassen.

    Miloud Allali war Gast am Montag im Dom. Der Katholik aus Hildesheim verspricht sich viel von Wilmer: „Er ist relativ jung, wirkt wie du und ich. Ich wünsche mir, dass er das Traditionelle mit dem Modernen verbindet.“ Eine Studentin vor dem Dom sagte nach der Andacht: „Ich erwarte, dass die Jugendlichen mit einbezogen werden.“

    Mit unserer Region verbindet Wilmer vor allem zwei Dinge: Industrie und Fußball. „Ihr habt zwei tolle Vereine, den VfL Wolfsburg und Eintracht Braunschweig.“ Dass die beiden Teams mitten im Abstiegskampf stecken, ist dem bekennenden Fußballfan natürlich nicht entgangen. „Es gibt immer einen Weg nach oben“, sagte Wilmer. Das passt zu seinem Motto, das er gestern ausgab: „Mit Zuversicht, Gottvertrauen und Schmackes.“