Hannover. Die Landesbehörden bescheinigen den meisten Badeseen in Niedersachsen zur neuen Saison eine „ausgezeichnete“ Qualität.100 aktuelle Proben liegen vor.

Unser Leser Martin Kämmer aus Braunschweig fragt:

Wie steht es um den Salzgittersee?

Die Antwort recherchierte Michael Ahlers

Die Sonne strahlte vom Himmel, Badewillige hatten sich eingefunden, und dazu Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) und der Präsident der Region Hannover, Hauke Jagau (SPD). Im Gepäck hatte Reimann rechtzeitig zur offiziellen Badesaison eine beruhigende Botschaft.

„Es freut mich, dass wir zum Start der Badesaison eine überwiegend gute Qualität der niedersächsischen Badegewässer vermelden können“, sagte Reimann an den Ricklinger Teichen in Hannover. Dort wurden an diesem Montag Wasserproben zur Analyse gezogen. Die positive Einschätzung beruht auf 100 bereits analysierten Proben aus ganz Niedersachsen. In den kommen Wochen, so heißt es in einer Erklärung des Ministeriums, sollen dann für alle offiziellen Badegewässer Messwerte vorhanden sein.

Alarmierendes erwarten die Behörden aber auch dann nicht. Von den 271 Badestellen in Niedersachsen sind laut Sozial- und Gesundheitsministerium schließlich 248 Badestellen als „ausgezeichnet“ eingestuft, 15 immerhin als „gut“. Lediglich 5 Badegewässer haben ein „ausreichend“ – in der Region fällt bislang keines unter die Wertung. Eine ganz neue Badestelle ist noch nicht eingestuft, an zwei weiteren wird derzeit gebaut. „Mangelhaft“ gibt es nicht. Die Bewertung beruht auf den Messwerten aus vier Jahren, alles läuft nach EU-Vorgaben. Der Salzgittersee wird als „ausgezeichnet“ in der Wasserqualität geführt. „Für das Jahr 2018 liegen für diese Badestelle noch keine Überwachungsdaten vor“, heißt es auf der Webseite des Landesgesundheitsamtes. Bleibt die Frage, was genau eigentlich untersucht wird. „Der Einfluss von Abwässern und Fäkalien auf die niedersächsischen Badegewässer wird regelmäßig anhand der Indikatorbakterien E. coli und intestinale Enterokokken überwacht“, heißt es auf der Webseite des Landesgesundheitsamtes, von „Indikatorkeimen“ für bakterielle und fäkale Verunreinigungen“ ist die Rede. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf Bakterien aus Tierkot, Gülle oder Kläranlagen. Auch der Befall der Gewässer mit Blaualgen wird analysiert. „Es wird nicht alles untersucht, was gefährlich sein könnte“, sagt Dagmar Ziehm vom Landesgesundheitsamt.

Das Thema ist heikel: Reporter des NDR-Magazins „Panorama“ hatten Anfang des Jahres Messergebnisse eigener Gewässerproben veröffentlicht, darunter auch aus Badeseen. Multiresistende Erreger waren laut NDR sozusagen allgegenwärtig. Entscheidend, so seinerzeit Dirk Heinz vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig auf Anfrage unserer Zeitung, sei allerdings die jeweilige Dosis. Eine Vertreterin des Bundesumweltamtes hatte erklärt, das Hauptrisiko liege darin, dass aus Abwässern oder Gülle immer mehr Antibiotika und resistente Bakterien in die Umwelt gelangten – und so neue multiresistente Erreger entstehen könnten. Im Blickpunkt: Klinikabwässer, Klärwerke, die Landwirtschaft. Das individuelle Risiko, etwa eines Badenden, sei nicht das Hauptproblem.

Katrin Luden vom Landesgesundheitsamt riet beim Ortstermin am Montag, Badestellen mit nur „ausreichender“ Qualität zu meiden, wenn das Immunsystem geschwächt sei. Auch Ältere und kleine Kinder haben ein höheres Risiko. Viel Wasser zu schlucken, ist an solchen Badestellen ohnehin nicht ratsam.

Offiziell wird die Badesaison am 15. Mai eröffnet, die bislang gezogenen Proben sind sogenannte Vorsaisonproben. Eine Faustregel, die auch am Montag wiederholt wurde: Sind die Füße im knietiefen Wasser nicht mehr zu sehen, besser nicht baden gehen. Denn dann ist der Blaualgenbefall zu stark. Infos über die Badeseen gibt es im Internet (http://www.apps.nlga.niedersachsen.de/eu/batlas/index.php?p=k).

Die Grünen im niedersächsischen Landtag forderten, die Gewässer auch speziell auf Antibiotika-resistente Keime untersuchen zu lassen. „Bislang gibt es nicht einmal Grenzwerte, in welchem Maße multiresistente Keime in Gewässern als unbedenklich gelten können“, sagte die Gifhorner Abgeordnete Imke Byl. Oberstes Ziel müsse es aber sein, den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung und der Humanmedizin zu minimieren, um die Freisetzung von Antibiotikarückständen zu vermeiden. Eine „Antibiotika-Strategie“ hat Niedersachsen immerhin verabschiedet. Und 200 Gewässerproben in Sachen antibiotika-resistente Erreger hatte Umweltminister Olaf Lies (SPD) im Februar angekündigt.