Braunschweig. Das gilt vor allem für Großstädte in der Region. Ein Bündnis aus Regierung, Mieter- und Vermieterverbänden will das Problem angehen.

Unsere Leserin Claudia Pförtner-Dzåbel fragt auf unseren Facebookseiten:

Günstiger Wohnraum – wie soll das gelingen? Alle Neubau-Projekte in Braunschweig liegen im oberen Preissegment.

Die Antwort recherchierte Andre Dolle

Größere Städte wie Braunschweig und Wolfsburg ziehen viele Menschen an. Doch der Platz in den Städten ist begrenzt, die Mieten werden immer teurer. Das wollen die niedersächsische Landesregierung sowie Mieter- und Vermieterverbände gemeinsam ändern. Dazu haben sie am Mittwoch in Hannover ein „Bündnis für bezahlbares Wohnen in Niedersachsen“ gegründet. Das Ziel: Möglichst schnell Wege finden, um mehr günstige Wohnungen zu bauen.

Wohnungsbedarfsprognose

In den zehn größten Städten in Niedersachsen sind die Mieten neu vermieteter Wohnungen laut der landeseigenen N-Bank zwischen 2010 bis 2016 um 24 Prozent gestiegen. Und bis 2035 sollen rund 300 000 Wohnungen fehlen. In unserer Region sollen es etwa 35 000 Wohnungen sein, alleine 17 000 in Braunschweig.

Die Mietpreise in der Region steigen

Das Mietpreisniveau liegt laut der N-Bank in unserer Region zwischen 5 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter im Kreis Goslar und bis zu 8,60 Euro in Wolfsburg bei bestehenden Mietverhältnissen. Bei Neuvermietungen liegt die Spannbreite bei 6,60 Euro im Kreis Goslar und 10,80 Euro in Wolfsburg, das hier ebenso Spitzenreiter ist.

Die Tendenz geht vor allem in den Städten nach oben. Fast jeder fünfte Haushalt in Niedersachsen gibt bereits jetzt mehr als 40 Prozent seines Einkommens für Mietzahlungen aus, was unter Experten als kritische Grenze gilt.

In Niedersachsen liegen wachsende Zentren und schrumpfende Gemeinden oft nur wenige Kilometer voneinander entfernt. Das gilt auch für unsere Region. Hier gibt es allerdings eine Besonderheit. Diejenigen Städte, die wachsen, wachsen weiterhin. Diejenigen, die schrumpfen, schrumpfen nicht mehr so stark.

Die Sozialwohnungen fehlen

Jahrelang haben das Land Niedersachsen und auch die Kommunen nicht in den Bau von Sozialwohnungen investiert. Das rächt sich. Die N-Bank sieht gerade in unserer Region großen Handlungsbedarf. Ende 2016 verfügten Braunschweig, Wolfsburg und Salzgitter zusammen über 7600 Sozialwohnungen. In den Städten Gifhorn, Peine, Helmstedt, Wolfenbüttel, Goslar und Seesen waren es zusammen 2900 Wohnungen und in einigen weiteren kreisangehörigen Kommunen noch einmal gut 2300 Wohnungen. Neue Sozialwohnungen wurden zwischen 2014 und Mitte 2017 aber kaum noch gefördert. Es waren nur 280 Wohnungen in Braunschweig und Wolfsburg. Das Problem: Immer mehr Sozialbindungen laufen aus.

Langsam steuern die Städte aber entgegen. Die Stadt Wolfsburg etwa will Investoren verpflichten, etwa 25 Prozent der Mietwohnungen als Sozialwohnungen zu bauen. In Braunschweig hat der Rat der Stadt im vergangenen Jahr entschieden, dass Bauherren in aller Regel verpflichtet sind, 20 Prozent ihrer Neubauwohnungen als Sozialwohnungen auszuweisen. Unsere Leserin hat also nicht ganz Recht. Es wird allerdings noch einige Jahre dauern, bis sich diese neuen Regelungen auch auswirken.

Hinzu kommt: Investoren- und Bauvertreter wollen bisher nicht viel mehr günstige Wohnungen bauen. Ihre Argumente: Sie müssten zu viele Bauauflagen erfüllen und die Bodenpreise steigen. Damit sich das Bauen lohne, fordern sie mehr finanzielle Unterstützung vom Staat. Der Staat habe Investoren zu lange zu wenig Anreize gegeben, um mehr günstige Wohnungen zu bauen, betont zum Beispiel Hans Reinold Horst, der Verbandsvorsitzende von Haus & Grund Niedersachsen.

Die Mietpreisbremse versagt

An bisherigen Lösungen gegen den Mietpreisanstieg gab es hauptsächlich die Mietpreisbremse, die die Bundesregierung beschloss. In Niedersachsen gilt die Bremse seit Ende 2016 in 19 Kommunen, unter anderem in Braunschweig, Wolfsburg und Göttingen. Ein Vermieter darf dort von einem neuen Mieter höchstens zehn Prozent mehr Miete verlangen als in dem Ort für eine ähnliche Wohnung üblich ist. Tatsächlich müssen aber Vermieter, die sich nicht an die Mietpreisbremse halten, keine Strafe bezahlen, selbst wenn ein Mieter vom Verstoß erfährt. Darüber klagen Mietervertreter. Außerdem könnten Mieter nur schwer herausfinden, wie viel ihr Vormieter für dieselbe Wohnung bezahlt hat oder wie hoch die örtliche Vergleichsmiete ist.

Hier setzt das Bündnis an

Das Bündnis will es für Investoren attraktiver machen, günstig zu bauen. Der Direktor des Verbandes der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, Heiner Pott, schlägt etwa vor, dass der in Niedersachsen geltende Quadratmeterpreis für Sozialwohnungen von 5,60 Euro auf 6,50 Euro angehoben werden könnte. Gleichzeitig sollten diese Wohnungen kleiner sein. „Bezahlbare Wohnungen gibt es nur, wenn mehr gebaut wird“, sagt Peter-Georg Wagner vom Immobilienverband Deutschland. Umwelt- und Bauminister Olaf Lies (SPD) erklärte sich bereit, mehr Geld für die Förderung von günstigen und Sozialwohnungen auszugeben. Außerdem werde er sich dafür einsetzen, bürokratische Hürden abzubauen.