Wolfsburg. Der ADAC fordert trotzdem Hardware-Nachrüstungen. Bei der Neuauswertung des „Ecotests“ schneidet der VW-Konzern gut ab.

Unsere Leserin Cornelia Fehs fragt:

Was passiert mit den Autobauern? Werden sie jetzt auch verklagt usw., wie man es bei VW gemacht hat? Sicher nicht.

Die Antwort recherchierte Christina Lohner

Der schlechteste Stickoxid-Wert eines Euro-6-Diesel beim „Ecotest“ des ADAC stammt von einem Daimler-Modell – denn angetrieben wird es von einem Renault-Motor. Der stößt laut dem Autoclub fast 15 Mal so viel Stickoxid aus wie die neuen Dieselmotoren von Mercedes.

ADAC Eco-Test

„Für die vornehme Zurückhaltung der Importeure nach dem ersten Diesel-Gipfel gibt es keinen Grund“, sagt Thomas Burkhardt, ADAC-Vizepräsident für Technik. Die ausländischen Hersteller wollten bei dem Spitzentreffen von Politik und Autoindustrie noch keine Software-Updates zusagen. Die Mutterkonzerne würden nun prüfen, welche Möglichkeiten sie für den deutschen Markt sehen, hatte ein Sprecher des Verbands der Internationalen Kraftfahrzeughersteller angekündigt.

Dabei stoßen die Modelle ausländischer Hersteller im Schnitt deutlich mehr Stickoxid aus als deutsche Autos. Das hat der ADAC berechnet, indem er die Ergebnisse seines „Ecotests“ für alle Euro-6-Dieselmodelle seit 2013 neu auswertete. „Positiv fallen tatsächlich die deutschen Hersteller auf, sie haben inzwischen ein akzeptabel niedriges Niveau mit ihrer Flotte erreicht und keine gravierend schlechten Modelle mehr im Angebot“, urteilt der Club. Zu VW heißt es: „Der VW-Konzern mit allen Marken (VW, Audi, Seat, Skoda, Porsche) ist inzwischen recht sauber unterwegs.“ Besonders der 2.0-l-TDI mit SCR-Kat habe gute Ergebnisse erzielt. Die Varianten mit Speicherkat kämen besonders unter hoher Last an ihre Grenzen – blieben aber zumindest innerorts „ausreichend schadstoffarm“.

Nicht berücksichtigt ist Toyota, weil der Konzern vergleichsweise wenige Dieselfahrzeuge in Deutschland verkauft habe. „Daher konnten zu wenige Modelle in den vergangenen vier Jahren geprüft werden, um einen repräsentativen Durchschnitt zu bilden“, erklärt der ADAC. Gleiches gelte für Nissan, Subaru und SsangYong. Die Zahl der pro Hersteller getesteten Modelle ist dementsprechend sehr unterschiedlich. Während 44 Autos des VW-Konzerns einflossen, 36 von BMW/Mini und 21 Mercedes, wurden nur vier Autos des Fiat-Konzerns untersucht, sieben stammten von Volvo. Von Renault/Dacia prüfte der Club 14 Modelle.

Die ausländischen Hersteller haben in Deutschland einen deutlich geringeren Marktanteil. So stammten nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes 57 Prozent der Autos, die 2016 neu zugelassen wurden, von deutschen Konzernen, wenn die VW-Töchter Seat und Skoda eingerechnet werden.

Die guten Ergebnisse der deutschen Hersteller zeigen nach Meinung von Jürgen Resch, „dass sauber geht“. Umso unverständlicher findet der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, dass sich die Autobauer weigerten, die Laborwerte auch auf der Straße einzuhalten. Wie die Umwelthilfe fordert auch der ADAC Hardware-Umrüstungen für die Diesel, die bereits im Verkehr sind. „Wenn Politik und Industrie Fahrverbote für Dieselfahrer tatsächlich verhindern möchten, muss die Politik jetzt alle Hersteller auf verbindliche Hardware-Nachrüstungen ihrer Autos verpflichten“, sagt Burkhardt. „Die angekündigten Software-Updates bringen mit Blick auf die Umweltbelastung zu wenig Wirkung.“

Der Verband der Automobilindustrie hingegen ist gegen eine solche Hardware-Umrüstung. „Wir müssen die neuen Fahrzeuge in den Markt bringen“, so ein Sprecher. Auch Umweltprämien für den Tausch eines älteren Diesel gegen einen Neuwagen waren beim „Diesel-Gipfel“ beschlossen worden.

Ulrich Seiffert, Honorar-Professor der TU Braunschweig, verlangt nach einer europäischen Lösung: „Emissionen machen nicht an Grenzen Halt.“ Der frühere Entwicklungsvorstand des VW-Konzerns mutmaßt, dass bei den ausländischen Herstellern die Sensibilität für den Stickoxidausstoß weniger ausgeprägt war. Er glaubt aber nicht an Absicht.

Die teils starken Abweichungen von den Grenzwerten, die bisher nur auf dem Prüfstand gelten, rühren daher, dass die Autobauer im Labor diverse Tricks anwenden. Gesetzesverstöße wurden bisher allerdings nur Töchtern des VW-Konzerns nachgewiesen. Das heißt jedoch nicht, dass sich nicht auch andere Autobauer noch dafür verantworten müssen, wie unsere Leserin es offenbar fair fände.

Mehrere Hersteller sind bereits im Visier von Ermittlern. Gegen Renault, Peugeot und Fiat wird wegen möglicher Abgas-Manipulationen ermittelt. So hat das US-Justizministerium Fiat-Chrysler verklagt. Die französische Justiz ermittelt sowohl gegen Renault als auch den PSA-Konzern mit seinen Marken Peugeot und Citroën wegen angeblicher Manipulationen bei Abgas-Tests. In Deutschland hat die Staatsanwaltschaft auch Daimler bereits wegen möglichen Abgas-Betrugs im Visier.