Simbach am Inn. Häuser liegen in Trümmern, Autos stecken mit dem Dach voran im Schlamm, Straßenlaternen sind wie Strohhalme umgeknickt.

Schwere Hochwasser in Niederbayern

Als Bayerns Umweltministerin Ulrike Scharf und Landrat Michael Fahmüller den völlig zerstörten Ortskern von Simbach am Inn besuchen, fährt ein Leichenwagen an ihnen vorbei. Gerade haben Rettungskräfte das fünfte Todesopfer der verheerenden Flut geborgen, einen 75 Jahre alten Mann, den Angehörige als vermisst gemeldet hatten.

Einsatzkräfte der Feuerwehr und der Wasserwacht fahren in Booten zu den Häusern, um nach weiteren Vermissten zu suchen. Die Wasserwacht markiert die kontrollierten Häuser mit blauen Kreuzen. Die Feuerwehr rettet eine schreiende schwarz-weiße Katze von einem Giebel.

„Wir hoffen, dass wir nichts finden, was wir nicht finden wollen“, sagt Bürgermeister Klaus Schmid. Eineinhalb Stunden hat er geschlafen in der Nacht. In Niederbayern hat die Flutkatastrophe mindestens fünf Menschen das Leben gekostet – vier von ihnen lebten in Schmids Stadt an der österreichischen Grenze.

Schon am Mittwochabend war klar: Das Wasser hat nicht nur Existenzen zerstört, sondern auch Leben mitgerissen. Nicht weit von dem Mehrfamilienhaus, in dem drei tote Frauen – Tochter, Mutter und Oma – im Erdgeschoss gefunden wurden, steht Bettina Putta mit ihren Gummistiefeln im Schlamm – mitten im Empfangsbereich ihres Schnellrestaurants. „Hier ist doch keiner versichert“, sagt sie. „Warum auch?“

Mit einem solchen Hochwasser hat in Simbach niemand gerechnet. Die Menschen in dem einst beschaulichen Ort sind fassungslos. „Krieg“, sagt einer. „Wie im Krieg sieht das aus.“ Autos liegen auf ihren Dächern, Straßenlaternen sind umgeknickt wie Strohhalme, Läden und Wohnhäuser sind nur noch Trümmer.

Die Anwohner schaufeln den Schlamm aus den Läden und Restaurants links und rechts der Straße. Auch von außerhalb kommen Helfer mit Schaufeln. Ladenbesitzer haben Getränke für die Rettungskräfte und Freiwilligen gebracht. Der ganze Ort ist auf den Beinen.

„Was in fünf Jahren aufgebaut ist, ist in fünf Minuten weg“, sagt Muhammed Fidanci. Dem 25-Jährigen gehört ein Kebab-Stand. „Ich bin nur rausgerannt, als das Wasser kam“, berichtet er. Innerhalb von zehn Minuten stand das Wasser zwei Meter hoch, und es hat eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Fidanci muss alle Geräte wegschmeißen – fünf Kühlschränke, eine Kebab-Maschine, den Pizzaofen.

FAKTEN

Krise. Im Bevölkerungsschutz und der Katastrophenhilfe wird mit dem Begriff Krise eine Lage bezeichnet, bei der Sachschäden drohen oder bereits entstanden sind und Hilfsorganisationen

wie die Feuerwehr diese Lage nicht mehr allein bewältigen können.

Katastrophe. Sind Gesundheit oder Leben vieler Menschen, deren natürliche Lebensgrundlagen und bedeutende Sachwerte in ungewöhnlichem Ausmaß bedroht, sprechen die Behörden von einer Katastrophe. Für die Bewältigung dieses „Großschadensereignisses“ reichen die normalen technischen und finanziellen Mittel oder rechtlichen Befugnisse der betroffenen Gemeinden oder Kreise nicht aus.

Katastrophenalarm. Er wird ausgelöst, wenn ein Notfall die Koordination der Hilfskräfte verlangt oder für dessen Bewältigung die technischen und finanziellen Mittel oder rechtlichen Befugnisse der normalerweise zuständigen Gemeinden nicht ausreichen. Die Bewältigung von Katastrophen und das Krisenmanagement liegen in der Verantwortung der Bundesländer.