Berlin. Wie läuft die ukrainische Offensive? Bei „Hart aber fair“ zeigte sich ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj erstaunlich offen.

Die Ukraine ist im Krieg wieder in der Offensive, an mehreren Frontabschnitten hat die Intensität der Kämpfe zugenommen. Gleichzeitig zeigt der zerstörte Staudamm bei Cherson, wie unberechenbar die Lage nach wie vor ist.

Die Entwicklungen beschäftigten am Montagabend auch die Runde bei „Hart aber fair“. Mit Moderator Louis Klamroth diskutierten:

"Hart aber fair": Diese Gäste waren am Montag dabei

  • Alexander Rodnyansky (Berater von Wolodymyr Selenskyj)
  • Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP-Politikerin)
  • Ralf Stegner (SPD-Politiker)
  • Katja Gloger (Journalistin, Autorin)
  • Sönke Neitzel (Militärhistoriker)
  • Ina Ruck (ARD-Korrespondentin in Moskau)

Die Lage im Kriegsgebiet: Wie läuft die Offensive der Ukraine?

Einen guten Teil der Zeit verbrachte die Runde damit, die aktuelle Lage im Kriegsgebiet zu analysieren. Überraschend offen zeigte sich dabei Alexander Rodnyansky. „Es geht langsamer voran, aber man kann diese Offensive nicht mit der aus dem vergangenen Jahr vergleichen“, sagte der Ökonom, der den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj berät. Damals habe das Überraschungsmoment auf der Seite der Ukrainer gelegen; dieses Mal aber seien die Russen vorbereitet.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Sönke Neitzel stellte fest, dass der Ukraine-Krieg entgrenzt sei. Das zeige sich etwa an der mutmaßlichen Sprengung des Staudamms bei Cherson, erklärte der Militärhistoriker. Was als militärisch irgendwie hilfreich erachtet werde, werde auch umgesetzt. Auch Neitzel sieht die Ukrainer vor einer schwierigen Aufgabe. „Es war klar, dass das sehr schwer wird“, sagte er. Und warnte: „Man sollte die Russen nicht unterschätzen.“ Auch sei der Druck auf die Ukrainer groß, weil man im Westen nun besonders genau schaue, wie erfolgreich die Offensive mit westlichen Waffen sein wird.

Journalistin bei "Hart aber fair": Ukraine-Krieg wird in Moskau verdrängt

Wie wird all das in Russland wahrgenommen? ARD-Korrespondentin Ina Ruck berichtete aus Moskau, dass der Krieg dort für viele Menschen lange weit gewesen sei. Mit den jüngsten mutmaßlichen Drohnenangriffen habe sich das aber geändert. Zu Opposition führe das aber eher nicht. „In Moskau sind die Menschen Verdrängungskünstler“, sagte Ruck.

Ein weiterer bemerkenswerter Aspekt in der russischen Innenpolitik ist, mit welcher Drastik Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin den russischen Verteidigungsminister und andere militärische Eliten beschimpfen darf. In dieser Hinsicht war sich die Runde allerdings einig, dass dies eher systemstabilisierend wirke, weil so durchaus verbreitete Kritik artikuliert werde – ohne, dass sich diese gegen Wladimir Putin selbst richte.

Heikle Verbündete in Belgorod: Kämpfen Russen für die Ukraine?

Zu den tatsächlich destabilisierenden Faktoren gehören dagegen russische Kräfte, die in der Grenzregion Belgorod gegen den eigenen Staat vorgehen. „Natürlich kämpfen auch Russen an unserer Seite“, sagte dazu Selenskyj-Berater Rodnyansky. Situativ seien das durchaus Verbündete, auch wenn die Ukraine keinerlei Verantwortung für deren Handeln habe.

Andere Diskutanten sahen das kritisch. „Die Frage ist, ob das politisch klug ist“, sagte die Journalistin Katja Gloger. Schließlich würden auch zivile Ziele angegriffen, Zehntausende mussten evakuiert werden. Unter den Kämpfern in Belgorod sind zudem russische Neonazis. „Man muss überlegen, wen man da als Verbündeten hat“, mahnte Gloger.

"Hart aber fair": Das Fazit

Diese Ausgabe von „Hart aber fair“ machte eindrücklich deutlich, dass dieser Krieg noch immer keine klare Tendenz hat. So ist die Ukraine zwar in der Offensive, wie erfolgreich diese sein wird, ist allerdings längst nicht ausgemacht. „Es wird leider schwer, aber das heißt nicht, dass wir uns Land nicht befreien werden“, sagte dazu irgendwann Alexander Rodnyansky. Man kann diesen Optimismus nur bewundern.

Zur Ausgabe von "Hart aber fair" in der ARD-Mediathek.