Braunschweig. Der 26-jährige Berliner ist ein heimlicher Hitlieferant. Eine TV-Show machte ihn bekannter. Warum er nun aus dem Rampenlicht zurück in die Clubs will.

Will Church war einer dieser Kandidaten, der in den sogenannten Blind Auditions alle vier Coaches von „The Voice of Germany“ sofort mit seiner Stimme überzeugte. Interessantes helles Timbre, technisch sicher, gutes Englisch, geschmeidige Wechsel von Brust- zu Kopfstimme. Mark Forster, Nico Santos, Sarah Connor und Johannes Oerding, alle warben zu Beginn der elften Staffel im vergangenen Herbst eifrig um ihn.

Church entschied sich für Nico Santos. Der Pop-Singer-Songwriter sei am nächsten dran an seinen musikalischen Vorstellungen, erklärt der 26-jährige Berliner uns jetzt am Telefon: melodische, eindringliche, zeitgemäß arrangierte Songs in englischer Sprache. Offensichtlich hochtalentiert, ist Church kein ungeschliffener Rohdiamant mehr. Er hat jahrelange Erfahrung mit Bands, als Straßenmusiker und schon einen Musikautorenvertrag als professioneller Songschreiber in der Tasche, wie er so nebenher erzählt.

Der Moment der Entscheidung

Seine Professionalität wurde ihm bei „The Voice“ zum Verhängnis: In den „Battles“ schied er im Duell mit der Mitbewerberin Kati Lamberts aus. Die hat zwar eine tolle, tiefe Stimme, sang den gemeinsamen Titel „Wings“ von Birdy aber etwas wacklig. Church interpretierte seine Parts perfekt – vielleicht zu perfekt. Die Juroren entschieden sich für Lamberts.

Kamerazoom auf Church: Der nahm es nach kurzem Mundwinkelzucken gelassen. „Das war in dem Moment nicht ganz leicht. Die Entscheidung fällt tatsächlich direkt, man wird nicht darauf vorbereitet. Aber insgesamt war die Atmosphäre bei ,The Voice’, die Unterstützung und die Zusammenarbeit mit dem Team sehr gut und professionell.“

Keine Lust auf Coversongs

Geschadet habe ihm die Teilnahme an der populären Casting-Show keineswegs, meint der aparte, langmähnige Musiker mit dem Musketier-Bart. Seine Anhängerschaft in den sozialen Medien sei dadurch deutlich gewachsen. „Schade fand ich, dass man bis zum Finale der Show nur Coversongs singen darf. Ich wäre gerne mit eigenen Liedern angetreten. Deshalb habe ich solche Formate früher auch abgelehnt. Aber mittlerweile machen viele ernstzunehmende Musiker mit. Und außerdem war es die Chance, in der tristen Lockdown-Zeit eine Bühne zu bekommen.“

Jetzt, da sich die Corona-Einschränkungen erstmal erledigt haben, ist Church voller Vorfreude, wieder live zu spielen. Eigene Songs! Es müssen auch keine TV-Kameras auf ihn gerichtet sein, ein netter Club tut’s auch. Sein erstes „Auswärtsspiel“ führt ihn dieses Jahr nach Braunschweig. Am Samstagabend, 30. April, tritt er im Café Bruns im Braunschweiger Kiez auf. Mit Gitarre, Loopstation und neuen Stücken, die er im vergangenen Spätsommer geschrieben und aufgenommen hat. „Ich habe mich sieben Tage in ein Studio in Eisenach zurückgezogen, Isolation in der Isolation, und intensiv an sieben Titeln gebastelt. Befreundete Musikerinnen und Musiker haben hier und dort Drums dazu gespielt, aber auch Trompete und Cello.“ Voraussichtlich im Herbst sollen die Songs auf seinem ersten kompletten Studioalbum erscheinen, sagt Church.

Millionen von Streams auf Spotify

Auf Spotify sind bereits einige Titel von ihm zu finden: eine zeitgemäße Mischung aus sanften, catchy Melodien zu eingängigen Gitarrenharmonien, aufgepeppt mit Beats und Soundeffekten, die angesagte DJs wie Daniel Glaven, Junge Junge oder Unomas beigesteuert haben. Songs aus solchen Kollaborationen wie „Riverside“, „This Summer“ oder „Home In Time“ haben mehrere Millionen Klicks. Sie entstünden aus seiner Arbeit als professioneller Songschreiber heraus, sagt Church. Produzenten griffen seine Ideen auf und schickten die Tracks DJs zu, die sie dann auf ihre Weise bearbeiten. Oft sehe man sich dabei nicht mal persönlich, so der 26-Jährige. Andere Songideen würden von anderen Musikern und deren Produzenten aufgegriffen und für deren Repertoire verwendet.

Church singt und spielt Gitarre, seit er 14 ist. Nach dem Abi habe er eine Band zusammengestellt und mit ihr Videos zu Coversongs aufgenommen, unter anderem zu Aviciis „Wake Me Up“. „Kurz darauf kam Avicii groß raus, und wir hatten schnell mehr als hunderttausend Klicks. Das hat mich noch mal angespornt.“ Church, der bürgerlich Will Czuch heißt, begann zwar noch, Geschichte und Latein zu studieren, aber die Musik rückte mehr und mehr in den Vordergrund. „Ich singe täglich mehrere Stunden, bin viel als Straßenmusiker und mit Bands aufgetreten. Von nichts kommt nichts“, sagt er.

Live im Café Bruns im Braunschweiger Kiez

Nach einem Auftritt bei einem Talentwettbewerb sprach ihn schließlich Jules Kalmbacher an, einer der derzeit erfolgreichsten Songschreiber und Produzenten, und vermittelte ihm den Musikautorenvertrag mit Sony Publishing. „Da bekommt man schon einen ganz korrekten Vorschuss. Und seitdem kann ich tatsächlich vom Musikschreiben leben“. Noch lieber aber macht und singt er sie live. Wie sich das hautnah anhört, kann man am Samstag im Café Bruns erleben.

Beginn am Samstag, 30. April, 19.30 Uhr, Café Bruns, Südstr. 14. Eintritt frei.

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