Wolfsburg. Mit einer siebenköpfigen Band spielt er in 70 Minuten vor allem positive Songs. Für einen Jungen hat sich der Auftritt doppelt gelohnt.

Für einen blonden Jungen kommt der größte Moment beim Sommerfestival in der Autostadt ganz zum Schluss. Das ganze Konzert über hat er ein orangenes Plakat für Adel Tawil vor die erste Reihe gehängt. „Singen wir wieder zusammen? Bitte!“ Daneben ein Konzertfoto von sich und dem 40-Jährigen. Bei der zweiten Zugabe, „Vom selben Stern“, steht sein Idol plötzlich vor ihm.

Adel Tawil ganz nah mit den Fans

Adel Tawil lässt rund 20 Fans in der ersten Reihe ins Mikrofon singen – den Jungen besonders lang. Dann schiebt er die Absperrung zur Seite und läuft quer durchs Publikum. Zwei Minuten lang singt er mit Zuschauern, tanzt, schüttelt Hände, klatscht ab, umarmt und posiert für Selfies. Ein stimmiges Finale eines harmonischen, publikumsnahen, lockerleichten Sommer-Open-Airs. Konzertbeginn: 18 Uhr – das sorgt am Sonntag für ein Publikum voller Familien mit kleinen Kindern. Mehrere tausend Zuschauer. Tawil, selbst junger Vater, staunt bald: „Die vielen kleinen Menschen hier. Das sind ja die eigentlichen Chefs. Können kaum über die Geländer schauen, aber textsicher sind die alle.“

Band unterstützt den Sänger

Mit einer siebenköpfigen Band spielt er in 70 Minuten vor allem positive Songs. Seinen Top-2-Hit „Lieder“ etwa über Musik, die ihn geprägt hat. Oder „So soll es bleiben“ vom seit 2010 auf Eis liegenden Duo-Projekt Ich + Ich. Und viele Liebeslieder mit einprägsamen Formulierungen wie den Eröffnungssong „So schön anders“. „Du setzt weiße Tauben auf meine Panzer. Du bist wie ich. Nur so schön anders“ heißt es darin.

Adel Tawil steht für konstruktive Songs. Motto: den Moment genießen, die Welt zum Leuchten bringen, bei negativen Beobachtungen etwas aufbauen, das besser ist. Der ehemalige Boygroup-Sänger ist keiner, der mit großer Geste die Welt erklärt. Im Song „Gott steh mir bei“ formuliert der gebürtige Berliner mit nordafrikanischen Wurzeln seine Fassungs- und Hilflosigkeit angesichts von Terror, Bürgerkriegen, Hass und Umweltzerstörung: „Ich dachte eigentlich, wir wären schon viel weiter.“ Der Ich + Ich-Hit „Stark“ ist in einer Akustikversion im Programm.

Die Botschaft: Ich bin wie ihr. „Du denkst, ich hab alles im Griff und kontrollier, was geschieht. Aber ich steh nur hier oben und sing mein Lied.“ So bodenständig und vermittelnd wie die Songs sind, ist auch sein Auftritt. Er schlendert lässig über die Bühne, mit schunkelartigen Armbewegungen, spricht mit den Kindern auf der Hüpfburg, lächelt viel und wirkt entspannt. Oft lobt er das feiernde Publikum.Die insgesamt 16 Popsongs werden in lebendigen Liveversionen präsentiert, inklusive Geige, Bongotrommel, Windspiel und lässigen Samples. Vom aktuellen Album sind „Tu m’appelles“ und „Neonfarben“ zu hören. Nach dem Konzert sieht man überall strahlende Gesichter – und ein Mädchen mit Handtuch. Die kleine Emma hat als erste ins Mikrofon gesungen. Nun besitzt sie ein signiertes Handtuch von Adel Tawil.