Moskau. Im Land der Fußball-WM sehen viele Kirchen märchenhaft aus. Das hat einen Grund.

Schon von Weitem sind die fünf goldenen runden Türmchen zu sehen. Sie gehören zu einer russischen Kirche in der Stadt Wiesbaden im Bundesland Hessen. Gut sichtbar steht sie auf einem Hügel. Besonders schön sieht es aus, wenn die Sonne scheint. Dann strahlt das Gold in alle Richtungen.

So einen Anblick kann man auch in unserer Region genießen: Im Gifhorner Mühlenmuseum steht der Nachbau einer russischen Holzkirche. Sie besitzt sogar acht teils vergoldete Kuppeln und ragt 27 Meter in die Höhe.

Die bauchige Form der Türme erinnert an eine Zwiebel. Und genau so heißen sie: Zwiebeltürme. Sie sind typisch für Kirchen in Russland. Manche sagen, das sehe aus wie ein Helm oder eine dicke runde Kerze. Aber warum bekamen sie gerade diese Form?

Das liegt daran: Die ersten russischen Kirchen wurden von Architekten gebaut, die aus dem Byzantinischen Reich weiter im Süden kamen. Sie versuchten, die Formen aus ihrer Heimat auch in Russland zu bauen.

So erklärt es Svetlana Bogojavlenska. Sie kennt sich mit der Geschichte Russlands aus. „Die Architekten kannten aus ihrer Heimat nur Kirchen mit Kuppeln“, sagt die Expertin. Kuppel heißt, das Dach läuft nicht spitz zu, sondern ist rund gewölbt. Doch in Russland gab es keine Fachmänner für diese großen Kuppeln!

Deshalb baute man kleinere Türmchen auf dem Boden. „Es war einfacher, die kleinen nach oben zu hieven“, erklärt die Expertin. Die Zwiebeltürmchen sind auch praktisch. In Russland liegt oft Schnee. Der rutscht von den Zwiebeltürmen besser herunter als von Kuppeln.

Als später Menschen aus Russland in andere Teile der Welt zogen, wollten sie auch dort Kirchen mit Zwiebeltürmen haben. Zum Beispiel eben in Wiesbaden. Die Wiesbadener Kirche ist hauptsächlich weiß, nur die Zwiebelturm-Hauben sind golden. Das war früher oft so. „Für die Zwiebeltürme ist Gold typisch“, sagt Svetlana Bogojavlenska.

In Russland dagegen sieht man heute einige Kirchenkuppeln, die quietschbunt bemalt sind. Es könnte sein, dass manche Kuppeln erst später verziert wurden, meint die Expertin. Als die Kirchen älter wurden, sollten sie verschönert werden. Vor allem, wenn drum herum alles weiß ist und glänzt von dem vielen Schnee in Russland. Vor dem hellen Hintergrund wirken die Kirchen dann besonders gut.

Viele Touristen in Russland schauen sich die besonderen Kirchen an. Bald hat dazu auch die Nationalmannschaft bei der WM die Möglichkeit. Vielleicht erblicken die Spieler auf dem Weg von Stadion zu Stadion einige der kunterbunten Türmchen.dpa