Helmstedt. Ein Arbeitskreis untersucht den Verkehrsraum in der Stadt bereits seit Jahrzehnten. Was in Helmstedt noch verbessert werden muss.

Wer sehbehindert ist, mit dem Rollstuhl oder Rollator draußen unterwegs ist, für den kann ein normaler Bordstein schnell zu einem Problem werden. Bei einem Spaziergang hat der Arbeitskreis „Senioren als Vorbild im Straßenverkehr“ deshalb mit Betroffenen die Barrierefreiheit der Stadt Helmstedt getestet und ihnen gezeigt, wie sie mit Hürden im Alltag umgehen können.

Der Vorsitzende des Arbeitskreises, Wolfgang Schmidt, setzt sich gemeinsam mit seinen Kollegen und anderen Vereinen, Verbänden und Initiativen seit mehr als 30 Jahren für einen möglichst barrierefreies Helmstedt ein. Er zeigte sich nach dem Spaziergang generell zufrieden mit der Entwicklung in der Stadt. „In der Neumärker Straße beispielsweise sind mittlerweile alle Geschäfte barrierefrei zu erreichen. Zudem wird historisches Grobpflaster zunehmend verfugt, sodass Rollstuhlfahrende, Rollator-Nutzende, Menschen mit Kinderwagen und Sehbehinderte mühelos genutzt werden kann“, hob Schmidt hervor. Auch Sitzgelegenheiten wie Bänke und Stellplätze für Fahrräder tragen in der Stadt zur Barrierefreiheit bei. Klar ist laut Schmidt aber auch: Es gibt noch immer einiges zu tun.

Denkmalschutz macht Barrierefreiheit in Helmstedt Strich durch die Rechnung

Unter anderem müssten die Bushaltestellen noch barrierefreier werden, kritisiert Schmidt. „Wenn es an der Haltestelle zwischen Bus und Bordstein eine Lücke gibt, ist es für viele Menschen schwierig, dort ohne Probleme auszusteigen. Die sind dann auf Hilfe angewiesen.“ Auch die beiden Cafés in der Neumärker Straße zum Beispiel sind noch nicht barrierefrei, denn sie haben an ihrem Eingang eine Stufe.

Mit dieser Rikscha können Personen, die beispielsweise unter einer Geh-Beeinträchtigung leiden, durch die Stadt gefahren werden.
Mit dieser Rikscha können Personen, die beispielsweise unter einer Geh-Beeinträchtigung leiden, durch die Stadt gefahren werden. © FMN | Lisa Marie Simmack

Ein wesentlicher Grund, warum es an einigen Stellen der Stadt noch an der Barrierefreiheit scheitert, ist laut Schmidt der Denkmalschutz. „Das Problem fängt auch schon innerhalb der Häuser an“, so der Vorsitzende. „Um vom Erdgeschoss in die erste Etage zu kommen, ist die Universal-Lösung eine Treppe.“ Der Denkmalschutz bestehe häufig noch auf Treppen und Stufen, was es vielen Menschen schlichtweg nicht möglich macht, sich an diesen Orten fortzubewegen oder sie überhaupt zu erreichen.

Schmidt wünscht sich Kompromiss für mehr Barrierefreiheit in Helmstedt

Die Bordsteine an den Bushaltestellen seien laut Schmidt mitunter zu flach, da müsste noch nachgebessert werden. Auch wenn Gehwege ohnehin ausgebessert werden, sollten sie in diesem Zuge direkt barrierefrei gemacht werden. Daran scheitere es jedoch noch, so der Vorsitzende des Arbeitskreises. Zudem sollte das Innere der Häuser „menschengerecht ausgebaut werden können“, fordert Schmidt. „Es muss einen Kompromiss zwischen Denkmalschutz und Nutzbarkeit geben“.

Keiner soll aufgrund einer Beeinträchtigung zurückgelassen werden, das ist mir wichtig.
Wolfgang Schmidt, Vorsitzender des Arbeitskreises „Senioren als Vorbild im Straßenverkehr“

Barrieren wie Bordsteine, Stufen und Treppen schließen zahlreiche Menschen aus dem sozialen Leben aus. Der Arbeitskreis meldet deshalb der Stadt jegliche Hindernisse, die dann im besten Fall beseitigt werden. Das geschieht jedoch nicht immer sofort. Umso wichtiger ist es deshalb, Betroffenen Lösungen aufzuzeigen, wie sie im Alltag die Hürden in der Stadt überwinden können.

Senioren mit Rollator können in Helmstedt am Parcours üben

Vor und nach dem Spaziergang durch Helmstedt konnten Senioren deshalb am Marktplatz noch einen Parcours durchlaufen. Klaus Glandien, Vorsitzender der Kreisverkehrswacht Oschersleben, hat hier mit einfachen Tricks gezeigt, wie ein Rollator auch verschiedene, alltägliche Hindernisse überwinden kann.

Neben dem richtigen Umgang gibt es aber noch andere wesentliche Aspekte, auf die man achten müsse. „Es fängt damit an, dass der Rollator richtig eingestellt sein muss“, erklärte Glandien. Außerdem sei es wichtig, immer gut sichtbar zu sein. Reflektoren sind hier eine gute Möglichkeit. Glandien hat deshalb alle, die noch keine Reflektoren hatten oder sie erneuern wollten, neu ausgestattet. Wer am Parcours teilgenommen hat, wurde am Ende sogar noch mit einer Urkunde belohnt.

Klaus Glandien (links), Vorsitzender der Kreisverkehrswacht Oschersleben, stattet den Rollator von Irene Heinecke mit neuen Leuchtreflektoren aus.
Klaus Glandien (links), Vorsitzender der Kreisverkehrswacht Oschersleben, stattet den Rollator von Irene Heinecke mit neuen Leuchtreflektoren aus. © FMN | Lisa Marie Simmack

Mit mehr Rücksicht zu mehr Barrierefreiheit in Helmstedt

Allen Menschen einen Zugang zum sozialen Leben zu ermöglichen ist das, was neben Schmidt und Glandien auch allen anderen am Herzen liegt, die sich zusammen mit dem Arbeitskreis „Senioren als Vorbild im Straßenverkehr“ für mehr Barrierefreiheit einsetzen. „Keiner soll aufgrund einer Beeinträchtigung zurückgelassen werden, das ist mir wichtig“, betonte Schmidt. Er wünscht sich deshalb, dass in der Stadt nicht alles nur für eine große Mehrheit ausgelegt wird, sondern auch Minderheiten berücksichtigt werden.

Jeder kann einen Teil zu mehr Barrierefreiheit beitragen. „Wenn Sie jemanden sehen, der Hilfe braucht, gehen Sie einfach auf die Menschen zu“, appellierte der Vorsitzende. Auch als Auto- und Radfahrer sei ein rücksichtsvolles Verhalten wichtig. Dazu gehört unter anderem, beim Parken keine Gehwege zu versperren. Jeder sollte daran denken, so Schmidt, dass er selbst einmal auf die Rücksicht von anderen angewiesen ist.

Mehr wichtige Nachrichten aus dem Landkreis Helmstedt lesen:

Täglich wissen, was in Helmstedt passiert: