Braunschweig. Unser LeserUwe Wippich aus Schöningen fragt: Wieso werden bei schweren LKW-Unfällen meistens so niedrige Unkosten angegeben?

Polizei schätzt LKW-Unfallschäden nur grob ein

Ein Autounfall kann schnell sehr teuer werden. Das wissen viele aus eigener Erfahrung. Aus einer geschätzten Schadenshöhe von 500 Euro verlangt die Autowerkstatt dann plötzlich das doppelte. Ähnlich sieht es bei Lastwagen aus. Unserem Leser Uwe Wippich kommen die geschätzten Schadenshöhen in Unfallmeldungen jedoch oft sehr gering vor.

Die erste Schätzung der entstandenen Schäden eines Unfalls nehmen die Polizisten vor Ort vor, erklärt Joachim Grande, Polizeisprecher der Inspektion Braunschweig. Die Beamten schätzen reine Sachschäden bei einem Unfall ein. Dazu gehören die Blechschäden der beteiligten Fahrzeuge und Beschädigungen wie Leitplanken und Bäume. Schäden an den Fahrbahnschichten seien laut Grande besonders schwer zu beurteilen. Bei der angegebenen Schadenshöhe handele es sich lediglich um eine Einschätzung der offensichtlichen Schäden. „Die Polizisten orientieren sich dabei an persönlichen Erfahrungswerten“, so Grande. Folgekosten, wie Krankenhausaufenthalte seien dann noch gar nicht absehbar.

Dass die ersten Einschätzungen zur Schadenshöhe in Medienberichten nicht von Sachverständigen stamme, stellt auch Christian Richter, Landesgeschäftsführer der Fachvereinigung Güterkraftverkehr und Entsorgung öfter fest. „Die angegebenen Beträge sind manchmal ziemlich haarsträubend.“ Wie groß der Schaden für den Spediteur ist, sei abhängig von der Ladung und Art des Fahrzeugs. Ein neuer Sattelzug inklusive Auflieger kostet laut Richter rund 150 000 Euro. Der Wert der Ladung könne sich zwischen 5000 und mehreren Millionen Euro bewegen. Im Lebensmittelbereich zum Beispiel würde die Ladung nach einem Unfall oft abgelehnt. Richter geht davon aus, dass ein gängiger LKW, der zwischen vier und sechs Jahre alt ist, mit einer Million gefahrener Kilometer einen Restwert von 10 000 bis 20 000 Euro habe.

Jeder Fahrzeughalter eines LKW, wie auch Speditionsunternehmer, ist in Deutschland dazu verpflichtet, eine Kraftfahrzeughaftpflicht-Versicherung abzuschließen. Die Haftpflichtversicherung greift auch bei Beschädigung öffentlichen Eigentums wie Straßen und dazugehörigen Nebenanlagen. Laut der Öffentlichen Versicherung Braunschweig werden in Deutschland zu 540 von 1000 versicherten LKW im Güterverkehr Schäden für die Haftpflichtversicherung gemeldet. Im Vergleich dazu werden für 65 von 1000 versicherten PKW Schäden gemeldet. Dabei beruft sich die Versicherung auf Daten des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft im Jahr 2016. „Natürlich ist nicht jeder LKW eine potenzielle Gefahr“, stellt Versicherungssprecher Sebastian Heise klar. Fahrzeuge im Güterverkehr seien viel häufiger und länger als PKW auf den Straßen unterwegs und würden häufig von mehreren Personen gefahren. Laut Angaben des Gesamtverbandes seien 0,45 Prozent aller haftpflichtversicherten Fahrzeuge LKW und Zugmaschinen im Güterverkehr. Diese Fahrzeuge verursachen laut Statistik des GDV vier Prozent der Unfälle. Doch auch das müsse man im Verhältnis sehen, dass LKW viel mehr Zeit auf den Straßen verbringen als private Autos, betont Heise.