Helmstedt. Rocksänger und BAP-Gründer Wolfgang Niedecken macht am 9. November mit bei der großen Mauerfall-Feier in der Gedenkstätte Marienborn.

Die Jubiläumsveranstaltung weckt mit ihrem Titel Erinnerungen an die überschäumenden Emotionen der Grenzöffnung von 1989: „Wahnsinn!“. Wir befragten den Ur-Kölner Niedecken, der 1976 die Kölschrock-Band BAP ins Leben gerufen und deutsche Rockgeschichte geschrieben hat, nach seinen Erinnerungen an den Mauerfall und an die innerdeutsche Grenze – und nach der Vorgeschichte seines Auftritts in Marienborn. Niedecken antwortete handschriftlich und grüßte als „Analogmän“.

In den Wochen vor dem Mauerfall sei sein TV-Gerät in der Kölner Teutoburger Straße ständig eingeschaltet gewesen, schreibt uns der heute 68-Jährige. „Hatte große Angst, dass die Montagsdemos in Leipzig und die auf dem Berliner Alexanderplatz – wie in Peking – niedergewalzt würden.“

Erfahrungen an der innerdeutschen Grenze konnte der Rockmusiker reichlich machen, wenn er „on the road“ war. „Ich bin seit Ende der 60er Jahre unzählige Male in Marienborn abgefertigt worden und habe reichlich beklemmende Erinnerungen daran“, erzählt Niedecken, „natürlich auch an unsere dann doch nicht stattgefundene DDR-Tour 1984.“ Man habe die Band zensieren wollen und daran sei die Tournee letztendlich gescheitert.

2018 konnte sich der Kölschrocker intensiv mit dem DDR-Grenzregime beschäftigen. „Wir haben für eine Dokumentation mit dem WDR in den ehemaligen Grenzanlagen gedreht, was uns bis dahin nie gehabte Einblicke verschafft hat“, schreibt der „Analogmän“. Bei dieser Gelegenheit hätten die Verantwortlichen der Gedenkstätte Deutsche Teilung angefragt, „ob wir uns vorstellen könnten, hier anlässlich des 30. Jubiläums des Mauerfalls aufzutreten. Konnten wir!“

Was erwartet das Publikum am 9. November in Marienborn? „Ich werde mit dem BuJazzO, dem Bundesjazzorchester, ein Set spielen, das sich aus zwei Programmen zusammensetzt, die ich seit 2004 mit Mike Herting und der WDR-Bigband erarbeitet habe: NIEDECKEN KOELN und DEUTSCHLANDLIEDER“, kündigt der Kölschrocker an, der 2013 für sein soziales und politisches Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden ist. „Besonders in den Deutschlandliedern ist oft die Rede vom geteilten Deutschland.“

Und dann verbinden sich persönliche und nationale Geschichte in dem Brief an unsere Redaktion. In Marienborn werde er unter anderem „Deshalv spill mer he“ bringen, erzählt der 68-Jährige. An diesem Song sei damals die DDR-Tour gescheitert. Warum, das lässt sich leicht erahnen beim Blick auf den Einstiegssatz: „He du do, un du, wann ess et he su wigg, dat mer de Muhl opmaache darf, wemmer jet saare will?“ Hochdeutsch: „He du da, und du, wann ist es hier so weit, dass man das Maul aufmachen darf, wenn man etwas sagen will?“

Das Konzert mit Wolfgang Niedecken und dem Bundesjazzorchester soll am 9. November beim „Festival Grenzenlos“ um 20 Uhr beginnen. Der Eintritt ist frei.