Helmstedt. Helmstedt ist sehenswert, sagen Renate und Michael Höfelein aus Bern. Für drei Tage haben die weit gereisten Wohnmobilisten hier Rast gemacht.

Das Urteil zweier Durchreisender, nicht repräsentativ. Und doch eine Einschätzung von Gewicht für eine Stadt und eine Region, die künftig stärker vom Tourismus leben möchte. Denn das Ehepaar aus der Schweiz hat viel gesehen von Europa, ist aktuell seit Mitte Mai auf Achse und kann daher fundierte Vergleiche anstellen. Die positive Bewertung beginnt beim Wohnmobilstellplatz an der Masch, den das Paar für drei kostenlose Übernachtungen genutzt hat. „Der Platz ist großzügig bemessen und ruhig und die Innenstadt ist von hier fußläufig gut erreichbar, das sind ganz wesentliche Kriterien“, meint Michael Höfelein (78), der mit seiner Frau seit 2015 regelmäßig auf längere Entdeckungstouren geht.

Renate Höfelein (79) lobt zudem die kostenlosen Faltblätter mit Stadtplan, die an einer Info-Tafel auf dem Stellplatz ausliegen. „So etwas gibt es längst nicht überall.“ Was fehlt, sagt die Seniorin auch: „Öffentliche Müllbehälter. Das gilt für die ganze Stadt.“ Der Helmstedter Stellplatz aber funktioniere, so wie er ist. „In Gifhorn muss man 5 Euro pro Nacht bezahlen, aber das ist gerechtfertigt, denn der Platz dort ist parzelliert und er wurde gepflastert.“

Das Rentner-Ehepaar folgt bei seinen Reisen einem klugen Prinzip: nichts nachplappern. „Bilde dir ein Urteil nur über Dinge, die du selbst gesehen hast“, erläutert Michael Höfelein. Entsprechend wach und aufmerksam bewegt sich das Paar an seinen Aufenthaltsorten. „Wir wollen nicht bloß Kilometer abreißen“, sagt der 78-Jährige am 114. Tag der aktuellen Reise, die noch bis Mitte Oktober dauern soll.

Lob verteilt das Ehepaar Höfelein aus der Schweiz für die Info-Broschüren, die am Wohnmobilstellplatz an der Masch ausliegen.  
Lob verteilt das Ehepaar Höfelein aus der Schweiz für die Info-Broschüren, die am Wohnmobilstellplatz an der Masch ausliegen.   © Michael Strohmann | Michael Strohmann

Die historische Bausubstanz Helmstedts hat das Ehepaar stark beeindruckt. „Die Erhaltung ist gewiss eine kolossale Aufgabe und eine Hypothek“, erzählt Michael Höfelein, der deutsche Wurzeln hat und in den Niederlanden geboren wurde. Die Häuser am Holzberg haben ihm gefallen, aber die vielen geparkten Autos dort würden das Gesamtbild eher trüben. „Der Platz kommt nicht zur Geltung“, befindet der frühere Unternehmer. Das Juleum lobt der Schweizer in höchsten Tönen. „So etwas haben wir in einer Stadt dieser Größenordnung noch nie gesehen. Ein echtes Alleinstellungsmerkmal!“

Renate Höfelein, 1939 im heutigen Mecklenburg-Vorpommern zur Welt gekommen, stuft das Zonengrenzmuseum als einen Höhepunkt des Helmstedt-Besuchs ein – und ihr Mann pflichtet ihr bei. „All diese Schicksale, die mit der innerdeutschen Grenze verbunden waren und die Brutalität der Selbstschussanlagen auf DDR-Seite, das hat mich wirklich bewegt“, meint die 79-Jährige. Einige Eintragungen im Gästebuch des Museums, die eine tiefe Unzufriedenheit ehemaliger DDR-Bürger mit dem Ergebnis der Wiedervereinigung zum Ausdruck brächten, hätten ihn nachdenklich gestimmt, berichtet Michael Höfelein. „Diese Kluft betrübt mich. Mir scheint, den Menschen wurde ihr Selbstwertgefühl genommen und dieses Problem wirkt sich bis heute aus.“

Wie sehr es sich für Helmstedt lohnen kann, Touristen mehr Beachtung und mehr Service zu bieten, beschreibt das Paar in einem Satz: „Wir haben an den drei Tragen mindestens 150 Euro in Helmstedt gelassen, einschließlich eines Schuh-Kaufs.“ Stichwort Service: Gerade für ältere Reisende sei das Angebot an zugänglichen Toiletten ein enorm wichtiger Punkt. „Wenn die Stadt nicht genügend öffentliche WC-Stellen vorhalten kann, sollte sie Kooperationen mit dem Handel eingehen, um das Angebot zu verbessern“, rät Renate Höfelein. In einigen Städten funktioniere das bereits recht gut.

Am Montag hieß es für die beiden, Abschied zu nehmen. Ihre Reise geht weiter in Richtung Harz. Aber ihr Schluss-Satz geht uns doch runter wie Öl: „Wir werden Helmstedt unbedingt weiterempfehlen!“