Gifhorn. „Orientierungslose wollen eine starke Regierung“, heißt es in der Podiumsdiskussion in Gifhorn. Das und mehr war an dem Abend Thema.

Naturgemäß ohne einen Königsweg zu finden wurde die Podiumsdiskussion darüber, ob die Demokratie in Gefahr sei, jüngst vor der Mitgliederversammlung der Grünen im Mehrgenerationenhaus geführt. Moderator Bastian Nowak hatte zu Beginn die Statistiken vorgestellt, wonach lediglich acht Prozent der Menschen in Deutschland mit der Demokratie voll und ganz zufrieden, aber auch acht Prozent überhaupt nicht zufrieden seien. Die Zahlen waren einige Jahre zuvor noch erheblich anders.

Immerhin gab es unter den rund 40 Zuhörern, die sich engagiert an der Diskussion beteiligten, einen höheren Anteil Zufriedener. Podiumsteilnehmer Martin Wrasmann war der einzige im Raum, der überhaupt nicht zufrieden war. „Demokratie muss man weltweit sehen“, sagte er. Eine Einschränkung auf die nationale oder europäische Grenze lehnte er ab. So seien die Grünen Ende der 1970er Jahre nicht angetreten, erinnerte er. Er betonte, dass „das Nonplusultra die Klimafrage“ sei. Ohne die werde es künftig nicht mehr gehen. „Leider handelt man erst, wenn die Not am größten ist. Wir wissen, wie die Dinge sind und handeln nicht. Das bringt mich zur Weißglut.“

Landtagsabgeordneter Christian Schroeder von den Grünen: Veränderung wird kommen

Angst machten ihm die Zahlen nicht, aber die möglichen Folgen der Unzufriedenheit, gestand der Landtagsabgeordnete Christian Schroeder (Grüne). Bei ihren Schülern seien die Zahlen wohl noch schlechter, mutmaßte Nicoline Rohweder (Linke), Lehrerin an der BBS I. Wer bestimmt den Freiheitsbegriff, fragte Wrasmann. Schroeder meinte, dass man Zufriedenheit nicht nach dem Portemonnaie messen sollte. „Ist mein Portemonnaie leer, werde ich zum Antidemokraten? Menschen haben Angst vor Veränderungen, aber die Transformation wird kommen“, sagte er.

Eine Zuhörerin warf ein, dass viele die Demokratie mit der aktuellen Politik und Parteien in Verbindung brächten. Zudem griffen mehrere Redner das Informationsdefizit auf. Viele Menschen informierten sich durch soziale Medien, wurde kritisiert. Ein jüngerer Gast bewies es sogleich. „Vor 30 Jahren hat man Homosexuelle noch weggesperrt“, behauptete er. Eine Frau meinte, in den 1980er Jahren, als die Zufriedenheit laut Statistik am größten war, „waren wir Mainstream“. Heute seien es die Grünen nicht mehr. Ein Mann warnte dagegen davor, „alles kaputt zu reden“. Auch die AfD sei kein Mainstream.

Teilnehmer der Diskussion in Gifhorn: Die Regierung sei zu träge

Aber Rechtsextremisten brächten die Demokratie in Gefahr, so die Meinung vieler. Das gelte vor allem in der ehemaligen DDR, die vom Westen „kolonisiert“ wurde, wie Klaus Rautenbach sagte. Die Sicht des alten Westens ergebe eine zu dünne Diskussion, sagte ein Bürger. Rohweder forderte mehr Demokratie in den Schulen. „Man kann da so viel mitentscheiden.“ „Klassenräte“ wollte auch Schroeder. Aber man müsse Reden auch Taten folgen lassen. Und konsequent sein. Für Lieferketten zu stimmen, aber nicht zwei Euro mehr auszugeben, gehe nicht.

Kirche, Parteien und Gewerkschaften geben keine Orientierung mehr, stellte Wrasmann fest, Nachbarschaftsgruppen in den Quartieren seien besser. Allerdings eher nicht der rechtsnationale 3. Weg, der im Osten den Menschen bei Alltagsdingen helfe, merkte Nicole Wockenfuß an. Kritik gab es auch an der „Verunsicherung durch die Regierung“. „Orientierungslose wollen eine starke Regierung“, hieß es. Und: „Wir sind zu träge.“

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