Gifhorn. Die Sanitäranlage im 10-Millionen-Euro-Bau an der BBS I in Gifhorn trennt nicht zwischen Schülern und Lehrerinnen. So nutzt man sie.

  • Am neuen Sozialcampus der Berufsbildenden Schule I entstehen Gifhorns erste diverse Toiletten
  • Die Unisextoilette ist für Frauen, Männer und non-binäre Personen
  • Auch die Trennung zwischen Schülerschaft und Lehrerkollegium wird aufgehoben
  • Das Queere Netzwerk begrüßt den Schritt

Offiziell äußert sich niemand kritisch, doch privat gibt es zumindest unter der Lehrerschaft der Gifhorner Berufsschule I die eine oder andere hochgezogene Augenbraue. Denn: Im 10 Millionen Euro teuren Sozialcampus, der gerade auf dem rückwärtigen Schulgrundstück am Alten Postweg entsteht, sind erstmals in einem Schulbau des Landkreises Gifhorn nicht mehr Sanitärräume für Frauen und Männer vorgesehen, sondern unterschiedslose diverse Toiletten.

Zur Aufteilung und Benutzung der Räumlichkeiten im Schulalltag erläutert Kreis-Sprecherin Anja-Carina Riechert: „Im derzeit im Bau befindlichen neuen Gebäudetrakt der Berufsbildenden Schulen I sind Unisex-Toilettenanlagen vorgesehen.“

Toilettenbenutzung erstmals im Kreis geschlechtsunabhängig

Die Raumtrennung für Frauen und Männer ist also hinfällig. Und es gibt auch keine dritte Sanitäranlage für diverse Menschen. Sondern, so Reichert: „Die Planung beinhaltet, dass zur Benutzung vom Flur aus ein weiterer Flur zu betreten ist, von dem dann mehrere Toilettenräume abgehen. Jeder Toilettenraum ist in sich raumhoch mit Trockenbauwänden abgeschlossen und mit einem WC und einem Waschbecken ausgestattet. Insofern kann dieser Raum sowohl von der Lehrerschaft als auch von der Schülerschaft unabhängig von der sexuellen Orientierung genutzt werden.“ Die in Männer-Toiletten vielerorts üblichen Urinale sind Vergangenheit.

Die Privatsphäre und der Schutz für alle Personen seien durch die raumhohen Abtrennungen der einzelnen Räume jederzeit gegeben, so die Sprecherin.

Rechtlich sei es mittlerweile so: „In Gebäuden mit hoher Personenzahl ist die Einrichtung mindestens einer Unisex-Toilette verpflichtend. Bei der Planung des neuen Gebäudetraktes wurde das Konzept dahingehend gewählt, alle Toiletten als Unisex-Toiletten auszuführen, um so der Geschlechterdiversität Rechnung zu tragen“, erläutert Riechert.

Und die Mehrkosten? „Die Toilettenanlagen sind integrierter Bestandteil des Gebäudekonzeptes, so dass hierauf entfallende Kosten nicht separat ausgewiesen sind“, argumentiert der Landkreis.

Nicht erst lange über die „richtige Toilette“ nachdenken

Die Sanitär-Situation in den Bestandsgebäuden bleibe ohnehin von der für den neuen Gebäudetrakt abgestimmten Lösung unberührt. Dort bleibt also alles beim Alten.

Was der Behörde auch noch wichtig ist: „Im Übrigen liegen dem Landkreis bislang keine Beschwerden aus dem Nutzerkreis vor.“ Davon war aber auch keine Rede.

Dagegen begrüßt das Queere Netzwerk Gifhorn den Schritt. Karsten Fehrke sagt auf Anfrage: „. Wir als Queeres Netzwerk Gifhorn begrüßen diese Entscheidung sehr. Mit diesem Angebot wird vor allem für trans Personen und diejenigen, die sich nicht mit einem der binären Geschlechter identifizieren, ein sicherer Raum geschaffen. Damit wurde eine Möglichkeit für diese Menschen geschaffen, nicht erst lange darüber nachdenken zu müssen, auf welche Toilette man gehen sollte, wo man sich am sichersten fühlt und wo man eventuell komisch angeschaut wird.“

Das sagen Kritiker nach ersten Erfahrungen mit Unisextoiletten

Und wie sieht es am zweiten großen Schulbau-Projekt des Landkreises aus, der Meinersener Förderschule für 69 Millionen Euro? „Für deren Schülerinnen und Schüler bleibt es nach Absprache mit der Schulleitung bei der klassischen Variante. Für alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gibt es Unisex-Toiletten“, berichtet Kreis-Sprecherin Riechert.

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Rechtlich sind laut Arbeitsstättenverordnung getrennte Toiletten für Frauen und Männer vorgeschrieben. Unisex-Toiletten mit Einzelkabinen sind gerade an Schulen aber zunehmend verbreitet, oft auch aus Wunsch aus der Schülerschaft. Kritiker wenden nach ersten Erfahrungen ein, dass es ein Verschmutzungsproblem geben könne. Außerdem fehle die Frauen-Toilette als eine Art männerfreier Rückzugsraum.