Gifhorn. Mit 16 Aktionstagen im November und Dezember soll gezielt auf Gewalt gegen Frauen und toxische Beziehungen aufmerksam gemacht werden.

Für die diesjährigen Veranstaltungen und vor allem die Bündelung der Aktivitäten und Informationen zum Thema Gewalt gegen Frauen hat sich die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises, Verena Maibaum, ihre hauptamtlichen Kolleginnen Rukiye Cankiran (Papenteich), Sevdeal Erkan-Cours (Gifhorn), Barbara Haferkamp-Weber (Meinersen) sowie die ehrenamtlichen Gleichstellungsbeauftragten an die Seite geholt.

Cankiran ist Expertin und arbeitet gerade an ihrem zweiten Buch zu dem Thema. „Bisher gab es viele Aktionen, aber die waren einzeln und verstreut“, sagte Maibaum. Das wird dieses Jahr anders. An allen Orten werden ein roter Stuhl und rote Damenaccessoires wie Schuhe und Handtaschen auf das Thema aufmerksam machen. „Die Stühle sind nicht zu Sitzen da, sondern sollen frei bleiben. Die so besetzten Plätze stehen symbolisch für Frauen, die ermordet wurden, weil sie Frauen sind“, erklärte Maibaum.

Es gibt 16 Aktionstage im November und Dezember

An den 16 Aktionstagen vom 25. November bis zum 10. Dezember werden somit überall im Landkreis rote Stühle stellvertretend für all die Frauen stehen, die nicht mehr da sind. Zu den Orten gehören die Lebenshilfe, in deren Werkstätten die Stühle gefertigt werden, der Landkreis, die Stadt Gifhorn, die Samtgemeinde Brome, das Jobcenter, Landfrauenvereine und Beratungszentren. Zu den Aktionen gehören unter anderem Informationsstände der Landfrauenvereine, die unter dem Motto „Gewalt kommt uns nicht in die Tüte“ stehen. Mit dabei sein werden die Landfrauen aus Hankensbüttel, Brome, Groß Oesingen, Wahrenholz und Wittingen, die sich vor Supermärkten oder wie die Wittinger beim Adventsmarkt positionieren.

Das Gifhorner Schloss wird in orangefarbenem Licht erstrahlen

Rukiye Cankiran wird am 8. Dezember um 17.30 Uhr im Rittersaal des Schlosses aus ihrem Buch über „Zwangsheiraten in unserer Gesellschaft“ lesen. Zudem starten eine Bastel-Mitmachaktion der Frauenbeauftragten der Lebenshilfe (25.November bei der Lebenshilfe Live, Steinweg, Gifhorn), es gibt einen Filmabend (28. November im Kino-Center, Gifhorn), Annette Manke bietet einen Selbstbehauptungskurs mit Krav Maga an (24./25. November, Rittersaal) und in Kooperation mit dem Frauenzentrum werden zu den Themen toxische Beziehungen und häusliche Gewalt informiert, vor Ort und auch online (jeweils 29. November/6. Dezember). „Mit den Aktionen wollen wir gemeinsam mit allen Akteurinnen wirken“, sagte Maibaum, und die Betonung liegt auf Gemeinsam. Optisch wird wieder das Schloss in orangefarbenem Licht erstrahlen, was das Thema Orange Days unterstreicht

Die Gründe für die Aktionstage sind erschreckend. Jeden Tag versucht ein Mann seine Frau zu töten, an jedem dritten Tag stirbt eine Frau durch Partnergewalt. Jeder dritte junge Mann findet Gewalt gegen Frauen „akzeptabel“, sagte Maibaum. Auch wenn es ebenfalls männliche Opfer von Partnergewalt gibt, so sind dennoch die meisten Täter männlich, die meisten Opfer weiblich, fügte Cankiran hinzu. Und er für Frauen gefährlichste Ort ist statistisch im er noch das eigene Zuhause.

448 Fälle von häuslicher Gewalt im Landkreis Gifhorn - weitere Dunkelziffern

Zur Gewalt zählt auch die Frühverheiratung. Weltweit gibt es 650 Millionen Frauen, die vor ihrem 18. Lebensjahr verheiratet wurden. Jedes Jahr kommen 12 Millionen minderjährige Mädchen dazu. Laut Polizeistatistik gab es im Landkreis Gifhorn 2022 insgesamt 448 Fälle von häuslicher Gewalt, darunter 295 Fälle von Partnerschaftsgewalt mit 304 weiblichen Opfern. Zudem gibt es viele Dunkelziffern.