Braunschweig war eine Art „SS-Zentrum“, speziell auch wegen der SS-Junkerschule.

Morgendliche Juni-Sonne streichelt das gelbe Mauerwerk. Das Haus Lessingplatz Nr. 1 glänzt frisch restauriert. Ein Schmuckstück. Immerhin über 220 Jahre alt ist dieser Fachwerkbau (1795/96 als Schule errichtet) und hat den Bombenhagel des Krieges halbwegs überstanden. Allerdings brannte der Westflügel 1944 ab und wurde später nur eingeschossig wieder errichtet. Aber das schmälert nicht den makellosen Gesamteindruck. Wir Braunschweiger sind ja froh, dass es überhaupt noch einige wenige der ehemals 2000 Fachwerkhäuser unserer Stadt gibt.

Das gelbe Gebäude mit der mächtigen, uralten Platane auf dem Hof ist heute Sitz der Rechtsanwalts- und Notarkammer. In der Nazi-Zeit hatte sich hier die SS einquartiert. Und während ich sinnend vor dem Tor stehe, stelle ich mir vor, wie sich die graue Holztür im Portal öffnet und ein SS-Offizier die vier Stufen hinab schreitet und in einen offenen, schwarzen Dienst-Mercedes steigt. Nur ein paar Meter vom Denkmal Lessings entfernt, der wie kaum ein anderer Dichter für Weltoffenheit und für gegenseitige Anerkennung der Religionen wirkte.