Die Automobilindustrie ist eine sogenannte Leitindustrie, übersetzt könnte man es so ausdrücken: Das Wohl und Wehe des Landes und seiner Menschen hängt vom Auto ab. „Systemrelevant“ nannte man die Bankenrettung – umso systemrelevanter ist jetzt vermutlich der aktuelle dramatische Prozess der Veränderungen in der Auto-Branche. Kein Wunder, dass der Abschied des Soziologen Professor Herbert Oberbeck aus der TU Braunschweig in dieser Woche mit einem Symposium zur Zukunft der Automobilindustrie und der Arbeit in ihr zelebriert wurde. Versammelt war das „Wer ist wer?“ der hiesigen Sozialwissenschaften.

Oberbeck (68), Präsident des Soziologischen Forschungsinstituts Göttingen, startete mit biographischen Notizen. Im kleinen Dorf im Landkreis Peine in den 1950er und 1960er Jahren war es das Größte, ein Auto zu besitzen, noch vor einem Fernseher. Und als er sich in den 1990er Jahren anschickte, Universitätsprofessor am Institut für Sozialwissenschaften der TU Braunschweig zu werden, da lautete eine der alles entscheidenden Fragen an ihn: „Wie halten Sie es mit VW?“ Eine Frage, die bis heute aktuell bleiben sollte. Immer wieder setzte sich Oberbeck mit den industriellen Beziehungen in der hiesigen Automobilindustrie auseinander. Der soziologische Fachbegriff beschreibt die Arbeitsbeziehungen, das Verhältnis zwischen Arbeit und Kapital. Es ist in Deutschland fein austariert, ideologie-befreit und hochgradig verrechtlicht – kein Platz für systemsprengende Konflikte, die sich unkontrolliert hochschaukeln können. Stattdessen Verträge, die binden. Und Kräfte, die kooperieren. Dieses sogenannte Co-Management im Gesamtinteresse, das auch die Expertise der Arbeitnehmer-Vertreter einbezieht und ihnen Macht und Einfluss verleiht, ist eine Spezialität der hiesigen Automobilindustrie. Soziologe Oberbeck nutzte die Gelegenheit, dieses noch einmal als besonderen Wert herauszustreichen. Angesichts beispielloser Umbrüche in der Automobilbranche gebe es keine Garantie, dass das immer so bleibt.