Ich glaube, dass ich seit zwei Monaten interkulturelle Probleme in meiner eigenen Wohnung habe.

Dieser Tage finden im Rahmen der Interkulturellen Woche bundesweit viele Veranstaltungen statt. Aus diesem Grund bin ich seit Sonntag auf Lesereise in Niedersachsen, wo ich unter anderem im Landkreis Wolfenbüttel und Baddeckenstedt für Lesungen eingeladen bin. Als ich über die Veranstaltungen und ihre Veranstalter mehr erfahren wollte, las ich, dass die interkulturelle Woche zum 40. Mal stattfindet. Ich nahm zuerst an, dass die Idee nach der großen Flüchtlingswelle entstanden ist.

Was ist „Interkulturelle Woche“? Nachdem ich mit der Definition im Duden nicht zufrieden gewesen war, schaute ich im Internet nach: „Interkultur entsteht durch Prozesse des Aufeinandereinwirkens verschiedener, mindestens zweier Kulturen, die in Interaktion stehen.“ Das kann heiter werden, dachte ich. Spricht man von Interkultur nur angesichts von fremden Kulturen? Ist man nicht im Konflikt mit sich selbst, sobald man sein gewohntes Umfeld verlässt? Finden die interkulturellen Auseinandersetzungen nur draußen statt? Ich glaube, dass ich seit zwei Monaten interkulturelle Probleme in meiner eigenen Wohnung habe. Ich verstehe die Kultur meines Sohnes nicht, er auch die meine nicht. Mittlerweile glaube ich, dass wir beide froh sein werden, wenn in wenigen Tagen seine Ferien vorbei sind und er wieder in den Flieger steigt. Wir verhalten uns wie ein Ehepaar kurz vor der Trennung. Jeder von uns überlegt eine Weile, was er zu sagen hat, damit der andere sich bloß nicht ärgert. „Du hast mich jetzt wieder falsch verstanden.“ Meine Termine für diese Woche standen schon lange vor seinem Besuch fest. Am Sonntag bat ich ihn, mich nach Papenburg zu begleiten, damit er nicht allein bleibt.