Krise um den Braunschweiger Weihnachtszirkus nach fataler Panne. Hier die ganze Entwicklung und die Lösung.

„Ein Braunschweiger Weihnachtsmärchen….“ melden der Weihnachtszirkus Fliegenpilz und der Zirkus unserer Region, Zirkus Dobbelino am Freitagnachmittag unisono in einer gemeinsamen Erklärung.

Was ist passiert? Vom 21. Dezember bis zum 07. Januar sollte eigentlich der Circus Fliegenpilz auf dem Harz & Heide-Gelände (Messegelände) in Braunschweig stattfinden, wir berichteten.

Aber dann kam es zu einer schweren Krise - und das Unternehmen Braunschweiger Weihnachtszirkus war eigentlich schon gescheitert.

TÜV gab das Fliegenpilz-Zelt auf dem Messegelände nicht frei. Muss der Weihnachtszirkus nun ausfallen?

Das markante Fliegenpilz-Zirkuszelt auf dem Braunschweiger Messegelände ist bereits aufgebaut, die Artisten längst gebucht, etliche Eintrittskarten bereits verkauft, die Vorfreude groß, denn viele Familien gehen um Weihnachten, zwischen den Jahren und zum Jahresbeginn traditionell sehr gern in den Weihnachtszirkus. Ein attraktives Programm mit namhaften Artisten tut ein Übriges.

Doch in allerletzter Minute habe der TÜV das Fliegenpilz-Zelt nicht freigegeben, heißt es nun. Bereits vor dem Aufbau war klar gewesen, dass sich im Stahl der Sitztribüne feine Risse gezeigt hatten. Deshalb habe der TÜV bereits vor dem Aufbau angeordnet, hier zur Reparatur fachgerecht Schweißarbeiten vornehmen zu lassen und dies entsprechend der Vorschriften zu dokumentieren, erläuterte Fliegenpilz-Direktor Bodo Hölscher am Freitag unserer Zeitung auf Anfrage.

Dem Schweißer eines beauftragten Handwerksbetriebs aus der Region sei dann aber nicht bei den Arbeiten, sondern bei der Dokumentation „ein kleiner, aber entscheidender Fehler unterlaufen“. Ein bestimmtes Zertifikat als entscheidendes Anforderungskriterium sei leider übersehen worden - und daher das falsche Zertifikat für die Sitztribüne angefertigt worden. Der TÜV kennt kein Pardon - und gibt keine Freigabe. Nichts anderes ist von den zuständigen Stellen der Stadt Braunschweig zu erwarten, die alles abnehmen müssen.

Muss der Braunschweiger Weihnachtszirkus 2023 nun ausfallen? Ohne Freigabe können die Vorstellungen nicht stattfinden. Und den hochkarätigen Artistinnen und Artisten hätte eine traurige Weihnachten ohne Engagement ins Haus gestanden, wenn man ihnen so kurzfristig hätte absagen müssen.

Akt der Solidarität für den Zirkus als Kulturerbe: Zirkus Dobbelino springt ein und hilft dem Zirkus Fliegenpilz aus der Patsche

Jetzt aber kommt es zu einer Zirkus-Kooperation, die es so noch nicht gegeben hat. Zirkus Dobbelino springt ein und stellt sein fest installiertes und dauergenehmigtes Zelt in der Braunschweiger Schefflerstraße zur Verfügung, damit der Braunschweiger Weihnachtszirkus 2023 doch noch stattfinden kann. Dobbelino-Chef Roman von Dobbeler meldet: „Damit das möglich ist und um den Artisten ihr Engagement zu ermöglichen und um das Braunschweiger Publikum nicht zu enttäuschen, haben wir auf die Anfrage des Zircus Fliegenpilz reagiert und sind bereit, den Zirkus zu unterstützen.“

Das ist ein Hammer, ein zirzensisches Husarenstück, ein Akt der Solidarität in einer Branche, in der man zusammenhält, um den Zirkus als Teil unserer Kultur zu retten. So muss das sein. Fliegenpilz-Direktor Bodo Hölscher hatte recherchiert, war auf Dobbelino gestoßen und hatte in der Schefflerstraße angefragt - und ist jetzt begeistert. „Ein großartiger Akt der Solidarität“, erklärt er.

Somit kann der Weihnachtszirkus in Braunschweig doch noch wie geplant stattfinden, nur an einem anderen Ort, in einem anderen Zirkuszelt.

Ab dem 21. Dezember heißt es dann mit dem kompletten Fliegenpilz-Programm „Manege frei“ im Chapiteau des Zirkus Dobbelino in der Schefflerstraße 36 in Braunschweig. Dort stehen immerhin für das Publikum 300 Plätze zur Verfügung. Im Fliegenpilz-Zelt auf dem Harz-und-.Heide-Gelände, das nun unverrichteter Dinge wieder abgebaut werden muss, wären es allerdings rund 1000 gewesen. Nun soll organisiert werden, möglicherweise auch mit Zusatzvorstellungen am Vormittag, dass alle Interessenten auch zum Zuge kommen. Alle bereits verkauften Karten behielten ihre Gültigkeit, versichert Hölscher.

Parkplätze auf dem Parkplatz „Rote Wiese“, und die bereits verkauften Eintrittskarten für den Weihnachtszirkus sollen ihre Gültigkeit behalten

Ein Vorgang, der sicherlich auch über Braunschweig hinaus aufmerksam registriert wird. Es ist nicht sicher, ob der Zirkus Fliegenpilz durch diesen Rückschlag auf seine Kosten kommen wird, es besteht ein finanzielles Risiko, auch durch die entstandenen Zusatzkosten für den vergeblichen Aufbau, Abbau und Abtransport. Warum man das Wagnis dennoch eingeht? Fliegenpilz-Direktor Hölscher sagt: „Ich liebe den Zirkus!“

Ahnlich sieht es Roman von Dobbeler. Mit dem Zirkus Dobbelino wurde ein Nutzungsvertrag geschlossen. Beide Seiten betrachten die Aktion trotz mancher Unwägbarkeit als Win-Win-Situation. Von Dobbeler sagt unserer Zeitung: „Der Zirkus ist Kulturerbe, seit kurzem auch endlich international anerkannt. Wenn wir in diesem Sinne helfen können, dann tun wir es.“

2022 war der Kinderzirkus Dobbelino an die Schefflerstraße im Bebelhof gezogen. Auf dem ehemaligen Sportgelände des SV Süd hatte sich erstmals ein fester Platz gefunden, um dauerhaft Zirkus-Pädagogik anbieten zu können. Sofort hatten Roman von Dobbeler, seine Frau Mirjam und das Team dort die beiden zweimastigen Großzelte aufgeschlagen, mit denen sie immer unterwegs sind, um Schulklassen für die Zirkuswelt zu begeistern.

Inzwischen haben sie dort ein neues fest installiertes Viermast-Zelt aufgebaut. Das Projekt konnte mit Unterstützung der Braunschweigischen Sparkassenstiftung (BSS) und der Braunschweigischen Landessparkasse (BLSK) umgesetzt werden.

Parkplätze, teilen Zirkus Fliegenpilz und Dobbelino nun mit, gebe es auf dem Parkplatz „Rote Wiese“. Anwohner werden um Verständnis gebeten. Über Freikarten für sie könne man reden. Denn der Zirkus lebt durch solche Aktionen - und der Weihnachtszirkus kann nun doch noch stattfinden.