Braunschweig. Von Lesepaten über Familienbegleiter bis Wunschgroßeltern: Zwölf Einrichtungen werben für die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen.

Ehrenamt macht glücklich, sagt Gerd Osterloh. Er ist Mitarbeiter im Verein „Der Weg“ für gemeindenahe psychiatrische Hilfen. 18 Ehrenamtliche unterstützen im Verein aktuell Kinder aus Familien, in denen die psychische Erkrankung eines Elternteils das Alltagsleben belastet. Einmal in der Woche treffen sich Kinder und Paten, um einen unbeschwerten Nachmittag im Zoo, im Kino oder beim Kuchenbacken zu verbringen.

Denn bekannt ist, dass diese Kinder ein erhöhtes Risiko haben, selbst psychisch zu erkranken. Davor schützen kann laut Osterloh eine zuverlässige und dauerhafte Beziehung zu einem Erwachsenen – seien es Großeltern, eine nette Nachbarin oder eben Paten. In der Prävention seien langfristig angelegte Patenschaften sogar der einzig sinnvolle Ansatz, um die Widerstandskraft – die Resilienz – dieser Kinder zu stärken und damit ihre psychische Gesundheit zu fördern.

„Ehrenamt verbessert Glückbilanz“

Das Glück – und die Freiwilligkeit – liegt also auf beiden Seiten. „Freiwillig glücklich“ fasst es Osterloh zusammen und verweist auf Untersuchungen der OECD, wonach Menschen, die ehrenamtlich tätig sind, eine bessere Gefühlsbilanz und eine höhere Zufriedenheit erreichen.

Doch nicht nur der Verein „Der Weg“ setzt aufs Ehrenamt, um Kindern aus sogenannten vulnerablen Familien bildlich gesprochen das „ganze Dorf“ zu ersetzen, das es einem afrikanischen Sprichwort zufolge braucht, um ein Kind großzuziehen.

Auf einem Markt des Ehrenamtes werben am Samstag, 2. September, gleich zwölf Einrichtungen um Freiwillige, die sich zum Wohl von Kindern engagieren möchten. Der Markt findet von 11 bis 15 Uhr auf dem Gelände des Kinderschutzbundes, Hinter der Magnikirche 6a, statt. Das Motto: „Mitmachen kann jeder – egal, ob jung oder alt, einzeln oder als Tandem/Paar, mit viel oder wenig Zeit.“

Lesepaten in Schule und Kita

Möchten Ehrenamtliche wie beim Verein „Der Weg“ langfristig für einzelne Kinder da sein oder, wie vom Kinderschutzbund gesucht, als Paten für ganze Familien? Oder sehen sie sich eher in der Rolle von Vorlese- und Lesepaten, die vormittags in Schule oder Kita Kindern den Spaß am Lesen vermitteln? „Auf dem Weg zum Buch“ heißt dieses Projekt der Bürgerstiftung.

Im ambulanten Kinderhospiz-Stützpunkt Löwenherz Braunschweig sind Ehrenamtliche willkommen, die Familien mit unheilbar erkrankten Kindern als Familienbegleitung im eigenen Zuhause entlasten. Ebenso sucht der Verein Ehrenamtliche, die in der Öffentlichkeitsarbeit mitwirken.

Auch im Verein „Weggefährten“ – der Elternhilfe zur Unterstützung tumorkranker Kinder – ist die Freiwilligenarbeit eine wichtige Säule unter anderem zur Realisierung des Projekts einer „Kinderoase“ am Braunschweiger Klinikum.

Ob U30 oder 50 plus: Freiwillige jeden Alters gesucht

Die Lebenshilfe Braunschweig ist auf diesem erstmalig stattfindenden Markt des Ehrenamtes ebenso vertreten wie der Verein „Braunschweiger Dschungel“, dessen Mentorenprogramm „Balu & Du“ auf Ehrenamt baut. Laut dem Verein handelt es sich deutschlandweit um eines der am besten evaluierten Programme, dessen Wirksamkeit betätigt sei: Einmal pro Woche treffen sich „Balu“ – ein Mentor oder eine Mentorin im Alter zwischen 17 und 30 Jahren – mit „Mogli“, einem Grundschulkind, für ein bis drei Stunden, um gemeinsam Freizeit zu gestalten. Solche Patenschaften richten sich an Kinder, die etwa wegen der Trennung oder Krankheit der Eltern unter erschwerten Bedingungen aufwachsen.

Möchte der „Dschungel“ gezielt Jüngere fürs Ehrenamt gewinnen, setzt dagegen das Mütterzentrum auf die Generation 50 plus: Dort nämlich heißt es: Wunschgroßeltern gesucht!

Der Verein Abila wiederum bringt Freiwillige mit Kindern und Jugendlichen zusammen, die diese „bei sprachlichen, schulischen oder integrativen Herausforderungen unterstützen“. Auch hier geht es um eine kontinuierliche Begleitung sowie um die individuelle Förderung von Stärken und Interessen der junger Menschen.

Die Freiwilligen-Agentur Jugend-Soziales-Sport informiert auf dem Markt des Ehrenamtes über das Projekt „Chancenpatenschaften“: Kinder und Jugendliche werden individuell in eigene Projekte oder Projekte Dritter vermittelt.

Das Lokale Bündnis für Familie wiederum freut sich über Ehrenamtliche zur Entlastung von Familien, die Engpässe bei der Kinderbetreuung haben. Die drei Projekte heißen K.N.U.T. (Kinder-Notfall-Unterstützungs-Telefon), Pa.U.L.A. (Partnerin für Unterstützungs-Leistungen auf Anfrage) und Ha.n.n.A. (Haushaltshilfe nach notwendiger ärztlicher Verordnung).

Geplant: Ehrenamtliche führen durch Ausstellung zu häuslicher Gewalt

Und nicht zuletzt sucht die Diakonische Gesellschaft Wohnen und Beraten im Verbund mit der Dachstiftung Diakonie schon jetzt Freiwillige für eine geplante interaktive Dauerausstellung „Rosenstraße 76“ zum Thema häusliche Gewalt – einem Präventions- und Aufklärungsprojekt, das mit jährlich 150.000 Euro aus kommunalen Mitteln unterstützt wird. Schulen sollen den Ausstellungsbesuch möglichst in ihr Präventionskonzept für Neuntklässler aufnehmen, so der Wunsch der Initiatoren. Geschulte Ehrenamtliche werden Schulklassen und Besucher künftig durch die nachgestellte Wohnung führen. Ein stadtnaher Ausstellungsort steht in Aussicht.

Weitere Informationen erhalten Interessenten auf dem Markt des Ehrenamtes bei Musik und Kaffee. Veranstalter ist der Arbeitskreis „Vulnerable Familien“, dem unter Leitung des Gesundheitsamtes Fachleute aus Beratungsstellen und Behörden angehören.