Braunschweig. Zwei Personen hatten sich auf der Konrad-Adenauer-Straße festgeklebt. Die Klimaaktivisten beteiligten sich an einem bundesweiten Protest.

Auf der Konrad-Adenauer-Straße kurz hinter dem Europaplatz in Braunschweig hat am Freitagmorgen eine Straßenblockade der Gruppe „Letzte Generation“ stattgefunden. Vier Personen waren beteiligt. Beginn war kurz vor 8 Uhr. Wie Polizeisprecher Lars Dehnert mitteilt, hat die Polizei die Aktion als Versammlung deklariert und die Teilnehmenden aufgefordert, sich von der Fahrbahn zu entfernen. Dem sei man aber nicht nachgekommen. Zwei Personen hatten sich festgeklebt.

Gegen die drohende Klimakatastrophe kann die Letzte Generation mit ihren Protesten nichts tun, befindet unser Autor Jan-Peter Waiblinger in seinem Kommentar zur Klebe-Aktion vom Freitagmorgen.

Im Video: Letzte Generation demonstriert in Braunschweig

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    Die Versammlung sei seitens der Polizei aufgelöst worden. Kurz vor 9 Uhr sind die beiden festgeklebten Personen von der Fahrbahn gelöst worden. Alle Teilnehmenden wurden von der Fahrbahn getragen. Der Verkehr wurde während der Blockade ab dem Europaplatz umgeleitet. Wie die BSVG mitteilt, war der Schienenersatzverkehr der Linien 3E und 5E stadteinwärts zeitweise beeinträchtigt.

    Die Feuerwehr musste die Konrad-Adenauer-Straße anschließend noch säubern, da zum Ablösen der angeklebten Hände Öl verwendet wird. Die Polizei leitete Strafverfahren wegen Nötigung und Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen Verstößen nach dem Versammlungsgesetz ein.

    Wie die „Letzte Generation“ am Freitagnachmittag mitteilte, soll es eine weitere Straßenblockade auf der Berliner Straße in Höhe Kurzekampstraße in der Nähe des Bahnhofs Gliesmarode gegeben haben.

    Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ blockierten am Freitagmorgen in Braunschweig die Konrad-Adenauer-Straße in der Nähe der VW-Halle.
    Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ blockierten am Freitagmorgen in Braunschweig die Konrad-Adenauer-Straße in der Nähe der VW-Halle. © Braunschweig | Stefan Lohmann

    Letzte Generation: Bundesweit Sitzblockaden in 26 Städten

    Die „Letzte Generation“ selbst schrieb derweil in einer kurz vor 8 Uhr verschickten Pressemitteilung: „Im gesamten Bundesgebiet finden heute mindestens 36 Sitzblockaden der Letzten Generation in 26 Städten statt. Unterstützer:innen der Letzten Generation machen, verkleidet mit Masken der Regierungspolitiker, im gesamten Bundesgebiet auf den Bruch des Klimaschutzgesetzes durch die Regierung Scholz aufmerksam.“ Dargestellt werden demnach Bundeskanzler Olaf Scholz, Verkehrsminister Volker Wissing und Wirtschaftsminister Robert Habeck.

    Am Donnerstag hatten die Aktivisten die Flughäfen in Hamburg und Düsseldorf über mehrere Stunden lahmgelegt, in dem sie die Zäune überwanden, auf die Rollfelder liefen und sich dort nahe der Start- und Landebahnen festklebten. In Hamburg wurde der Flugverkehr am ersten Ferientag für einige Stunden komplett eingestellt. In Düsseldorf wurden mehrere Flüge umgeleitet oder verspäteten sich. Politiker und Polizeigewerkschafter forderten schärfere Sicherheitsvorkehrungen und harte Konsequenzen.

    Polizeibeamte trugen die Protestler von der Straße.
    Polizeibeamte trugen die Protestler von der Straße. © regios24 | Stefan Lohmann

    Letzte Generation in Braunschweig: Gesetzesbruch der Regierung nicht einfach hinnehmen

    In der Pressemitteilung heißt es weiter: „Wir stellen mit unserer friedlichen Sitzblockade heute die Frage: Über was sollten wir uns empören? Über eine Regierung, die ihre eigenen Gesetze bricht oder über friedlichen Protest von Bürger:innen, die diesen Gesetzesbruch nicht einfach so hinnehmen?”

    Nach Paragraf 8 des Klimaschutzgesetzes müsse das Verkehrsministerium bis zum 17. Juli 2023 ein Klimaschutzsofortprogramm vorlegen, da es seine CO₂-Reduktionsziele erneut deutlich verfehlt habe. „Minister Wissing weigert sich aber. Kanzler Scholz bestärkt Wissing und ruft so einen Minister öffentlich zum Gesetzesbruch auf.“

    Eine Polizeibeamtin löste die zwei Aktivisten, die sich auf den Asphalt geklebt hatten, von der Straße.
    Eine Polizeibeamtin löste die zwei Aktivisten, die sich auf den Asphalt geklebt hatten, von der Straße. © regios24 | Stefan Lohmann

    Damit verstoße Kanzler Scholz gegen das Rechtsstaatsprinzip, wie der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags darlege: „Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt der Vorrang des Gesetzes. Danach kann ein Gesetz nicht durch exekutive Willensäußerungen unwirksam gemacht werden. Die Nichtanwendung eines wirksamen Gesetzes durch die Regierung und Verwaltung ist mit dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und der umfassenden Bindung der Regierung und Verwaltung an Gesetz und Recht nicht zu vereinbaren.”

    Die „Letzte Generation“ schreibt weiter: „Es ist unsere demokratische Pflicht, dagegen friedlich Widerstand zu leisten. Wir fordern die Einrichtung eines Gesellschaftsrates, der auf Grundlage der Verfassung der Bundesregierung dabei hilft, die Gesetze einzuhalten.”

    Gerichte bewerten die Blockaden meistens als Nötigung, aber nicht immer

    Die „Letzte Generation“ hatte in den letzten Wochen vor allem Protestmärschen über Straßen in der Braunschweiger Innenstadt auf sich aufmerksam gemacht. Die letzte Straßenblockade hat Mitte Juni auf der Hamburger Straße stattgefunden.

    In den meisten Fällen beurteilen Gerichte die Blockaden als Nötigung und damit gesetzeswidrig. Allerdings gibt es in Einzelfällen auch andere Entscheidungen. So hat zum Beispiel das Landgericht Berlin geurteilt, dass eine der Straßenblockaden gerechtfertigt war. Auch in Leipzig wurden kürzlich fünf Unterstützerinnen und Unterstützer der „Letzten Generation“ vom Vorwurf der Nötigung freigesprochen.

    Die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ blockierten die Konrad-Adenauer-Straße in der Nähe der VW-Halle.
    Die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ blockierten die Konrad-Adenauer-Straße in der Nähe der VW-Halle. © regios24 | Stefan Lohmann

    Nürnberg verbietet Straßenblockaden per Allgemeinverfügung

    Die Stadt Nürnberg geht jetzt härter gegen die Klimaaktivisten vor: Ab sofort ist per Allgemeinverfügung angeordnet, dass bei nicht angezeigten Versammlungen der Gruppe „Letzte Generation“ oder bei ähnlichen Versammlungen zum Klimaprotest keine Fahrbahnen benutzt werden dürfen und sich teilnehmende Personen nicht ankleben, festketten, festbinden oder niederlassen dürfen. Wer sich widersetzt, muss mit Geldbußen bis zu 3000 Euro rechnen – wer dies als Veranstalter oder als Leiter tue, sogar mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr. Die Allgemeinverfügung soll bis zum 31. Juli gelten.

    Auch in München hatte es Ende 2022 eine ähnliche Allgemeinverfügung gegeben. Stuttgart verkündete vor wenigen Tagen eine Regelung, wonach Blockaden mit Klebeaktionen auf wichtigen Straßen bis Jahresende untersagt sind.

    Der Artikel wird aktualisiert.