Braunschweig. Das Familienunternehmen hat die Corona-Krise mit Mühe überstanden – ohne die Hilfe aus der Bevölkerung hätte das wohl nicht geklappt.

Dreieinhalb Jahre hat Familie Frank in ihrem Winterquartier festgesessen: mit all’ ihren Kamelen, Dromedaren, Pferden, Zebras und Ponys. Corona war schuld – die Pandemie hätte das Familienunternehmen fast ruiniert. Doch die Unterstützung der Menschen aus der Region war großartig. Voller Dankbarkeit bereitet die Familie nun den Saisonstart vor.

Es wird gebohrt, geschraubt, verklebt und gestrichen: Alle Hände voll zu tun gibt es in der großen Halle der ehemaligen Molkerei in Barmke im Kreis Helmstedt. Das Gelände mit Wohnhaus, Ställen und Scheunen dient der „Frank Safari Reitbahn“ seit mehr als zehn Jahren als Winterquartier. Gino Frank (34) repariert gerade den Kassen-Wagen, aus dem heraus seine Mutter Rosita (70) demnächst wieder Süßigkeiten, Getränke und Reitmarken verkaufen wird.

Melanie Frank bei den Pferden, die bewegt und beschäftigt werden wollen.
Melanie Frank bei den Pferden, die bewegt und beschäftigt werden wollen. © regios24 | Stefan Lohmann

Seit mehr als drei Jahrzehnten zieht die Familie mit ihren Tieren vom Frühling bis zum Herbst durch die Region, schlägt auch in Braunschweiger Stadtteilen wie Querum, Melverode, Lehndorf, Lamme und in der Weststadt regelmäßig ihre Zelte auf. „Einige der Mütter und Väter, die mit ihren Kindern zu uns kommen, haben früher selbst ihre erste Pony-Runde bei uns gedreht und die Tiere gefüttert“, erzählt Ginos Schwester Melanie Frank.

Wir besuchen die Schausteller-Familie in achter Generation auf ihrem Hof in Barmke. Dort, nicht weit entfernt vom gewaltigen Amazon-Lager an der A2, taucht man ein in eine andere Welt. Senior-Chef Nino Frank turnte einst als Artist am Trapez und arbeitete als Dompteur mit Elefanten – jetzt machen dem 72-Jährigen Rücken und Hüfte zu schaffen. Zwei schwere Operationen im vergangenen Sommer waren auch ein Grund, warum die Großfamilie noch nicht wieder auf Tour ist.

Zusammen mit seiner Frau Rosita, die ebenfalls aus einer Zirkusfamilie stammt, hat Nino Frank die Reitbahn gegründet. „Mein Mann konnte damals nach einem Autounfall nicht mehr als Artist arbeiten, außerdem wurden unsere vier Kinder schulpflichtig. So gründeten wir die Reitbahn“, erzählt Rosita Frank. Damals hatte sie ihren Hauptsitz an der Fabrikstraße mitten in Braunschweig – ungefähr dort, wo sich heute der Hornbach-Baumarkt befindet. Geschäftsführer ist inzwischen der älteste Sohn Andy.

Gino Frank bessert den Kassen-Wagen aus, Vater Nino hilft.
Gino Frank bessert den Kassen-Wagen aus, Vater Nino hilft. © regios24 | Stefan Lohmann

Der Hof in Barmke steht voller Fahrzeuge: die Wohnwagen der Familie, in denen sie die Sommermonate verbringt, sowie zahlreiche Anhänger und Transporter: Mit ihnen fahren sie die Tiere, Gehege, Zelte und die Pony-Kutsche von Ort zu Ort. Alles ist schon etwas in die Jahre gekommen, muss jetzt aus dem Winterschlaf geholt werden. Die meisten Reparaturen erledigt die Familie selbst.

Im Mai, so der Plan, wollen sie die Saison in Braunschweig starten, am alten Stammplatz in Lehndorf. „Endlich geht es wieder los“, sagt Melanie Frank, und die Freude ist ihr anzumerken. Saisonstart war eigentlich immer direkt nach Ostern in der Weststadt, aber das haben sie nicht geschafft. Nun hoffen sie, bis Mai startklar zu sein. Ganz sicher ist das noch nicht. „Es ist noch viel zu tun, und wir haben Mühe, die Wagen wieder alle über den Tüv zu bringen und anzumelden“, sagt Gino Frank. Eine organisatorische Herausforderung – aber auch eine finanzielle, denn die Kasse ist leer.

Gino Frank bei dem jüngsten Zuwachs: Das Kamelfohlen war erst acht Tage alt, als das Foto gemacht wurde.
Gino Frank bei dem jüngsten Zuwachs: Das Kamelfohlen war erst acht Tage alt, als das Foto gemacht wurde. © regios24 | Stefan Lohmann

Als Corona im März 2020 für den ersten Lockdown sorgte, war das Geld aus dem letzten Sommer so gut wie aufgebraucht. Bei „Frank Safari Reitbahn“ ist das normal: Mit den Einnahmen aus dem Sommer müssen die Menschen und Tiere der Reitbahn auch durch den Winter kommen. „Ich war damals gerade auf dem Weg zur Druckerei in Berlin, um die Plakate zu besorgen – doch dann mussten wir wegen der Pandemie alles stoppen“, erinnert sich Gino Frank.

Drei magere Jahre folgten. Doch die Familie ist voller Dankbarkeit: „Viele Menschen haben Futter und Geld für unsere Tiere gespendet. Landwirte bringen uns Heu und Stroh, einmal kam auch ein LKW voll mit Kraftfutter“, erzählt Gino Frank. Nicht zu vergessen: die 10.000 Euro des anonymen Spenders Anfang 2021. Ein weiteres Kapitel im „Spendenmärchen“ von Braunschweig: Ein anonymer Spender hilft seit zehn Jahren immer wieder Menschen, Tieren und Institutionen, die finanziell in Not geraten sind.

Ein Bild aus alten Zeiten: So sieht es aus, wenn Frank Safari auf Tour ist. Dieses Bild entstand vor vielen Jahren in Vechelde.
Ein Bild aus alten Zeiten: So sieht es aus, wenn Frank Safari auf Tour ist. Dieses Bild entstand vor vielen Jahren in Vechelde. © Bode, Henrik

In Spitzenzeiten zählten 100 Tiere zur Reitbahn, derzeit sind es 60 – darunter auch Kutschenpferd Tarzan, Dromedar Shahid und drei neu geborene Kamel-Fohlen. Die Zwergziegen und einige Mini-Ponys sowie junge Kamele musste die Familie verkaufen. Noch immer liegen die Futterkosten bei rund 200 Euro pro Tag, sagt Gino Frank: „Wir brauchen allein zwei Ballen Heu und einen Ballen Stroh pro Tag.“ Das ist ein Kraftakt.

„Gibt es euch noch?“ Diese Frage wurde Familie Frank in den vergangenen Monaten immer wieder am Telefon gestellt. Sie antwortet dann: „Ja, uns gibt es noch. Wir werden wieder nach Braunschweig kommen.“ Eine Selbstverständlichkeit ist diese Zuneigung, die der Familie entgegengebracht wird, nicht, denn die Kritik an Tierhaltung und -nutzung, ob im Zoo oder Zirkus, in der Landwirtschaft oder Forschung, ist in den letzten Jahren immer lauter geworden. „Tierschutz ist wichtig“, bekräftigt Gino Frank, aber die generelle Ablehnung von Tierhaltung kann er nicht nachvollziehen. „Wir lieben unsere Tiere und behandeln sie gut. Die Menschen, die zu uns kommen, wissen das.“