Braunschweig. Eine Spurensuche nach dem schweren Straßenbahn-Unglück in Braunschweig. Die Unfallstelle ist offenbar bekannt als Schleichweg für viele Schüler.

Das ist der Plan: Exakt 24 Stunden nach dem schweren Straßenbahnunglück, bei dem am Dienstag ein 11-Jähriger schwer verletzt wurde, schauen wir uns um am Unfallort.

Trampelpfad übers Rasengleis – und was hat dieser schmale Pfad aus Pflastersteinen zu bedeuten?

Und während wir noch am Straßenrand stehen, stürmt eine Gruppe Jugendlicher an uns vorbei, überquert die vielbefahrene Luisenstraße, umkurvt das erste Haltestellen-Geländer, überschreitet das matschige Rasengleis auf einem halbseitig gepflasterten Pfad, passiert auch die Schienen der Gegenrichtung, um – wieder am Haltestellen-Geländer vorbei – den Weg über die Gegenfahrbahn auf den Fußweg fortzusetzen.

Hier geschah das Unglück am Dienstag gegen 13.50 Uhr. 24 Stunden später dokumentieren wir, wie Schüler hier bei der Überquerung der Luisenstraße oder auf dem Weg von der oder zur Straßenbahn offenbar gewohnheitsmäßig einen Trampelpfad übers Rasengleis nutzen.
Hier geschah das Unglück am Dienstag gegen 13.50 Uhr. 24 Stunden später dokumentieren wir, wie Schüler hier bei der Überquerung der Luisenstraße oder auf dem Weg von der oder zur Straßenbahn offenbar gewohnheitsmäßig einen Trampelpfad übers Rasengleis nutzen. © Henning Noske

„Ich geh’ da auch immer rüber. Das tun eigentlich alle“, sagt eine Schülerin. Die meisten Umstehenden nicken. „Nein, ich nicht“, sagt eine Mitschülerin. „Es ist gefährlich.“

20 Meter entfernt ist ein sicherer Zugang zu den Haltestellen mit Ampelanlage

Das kann man wohl sagen. Es ist exakt die Unfallstelle eines tragischen Unglücks, die hier gerade wieder überquert wird. Sie wird von roten Pfeilen markiert – die Spuren einer Unfallaufnahme. In Sichtweite, ca. 20 Meter entfernt: ein sichererer Zugang zu den Haltestellen in beide Richtungen mit Ampelanlage. In der Nähe der Haltestelle Luisenstraße liegen die Hauptschule Sophienstraße und die Realschule Sidonienstraße.

Sichtbar wird: An dieser Stelle im Westlichen Ringgebiet gibt es zahlreiche Wegebeziehungen, die dazu verleiten können, den direkten Fußweg an der Unglücksstelle über die Schienen zu nehmen.

Vor diesem Hintergrund könnte der gepflasterte Pfad gerade an dieser Stelle irritieren, eine gerade, schmale Linie aus Pflastersteinen (siehe Foto). Wir konnten beobachten, dass er gezielt als Fußweg benutzt wird, allerdings durch sein abruptes Ende auf der Mitte des Rasengleises keiner sein kann.

Worum handelt es sich dabei also, welche technische Bedeutung hat diese Linie? Wir fragten gestern die Braunschweiger Verkehrs GmbH danach. Es handele sich „um eine Haltelinie für die in die Stadtbahnhaltestelle in Richtung stadtauswärts einfahrenden Stadtbahnen“, so BSVG-Sprecher Felix Weitner.

Die notwendige Haltelinie zur Orientierung für den Tram-Fahrer als unbeabsichtigte Hilfestellung für zweifellos missbräuchliche Nutzung? Auch die Funktion von Auf- oder Abgangsrampen hinter dem Geländer (Bild oben), wo doch eigentlich keiner mehr laufen soll, könnte noch einmal betrachtet werden.

Braunschweiger Verkehrs-GmbH: „Aktuell sehen wir keinen Handlungsbedarf“

Einstweilen antwortete die BSVG auf die Frage nach Konsequenzen aus dem Unfall so: „Aktuell sehen wir keinen Handlungsbedarf. Sollten sich aus den polizeilichen Ermittlungen für uns relevante Erkenntnisse ergeben, werden wir entsprechend handeln.“

Handlungsbedarf an der Haltestelle Luisenstraße sehe man nicht. Sie entspreche dem normalen Sicherheitsstandard. Wie oft passiert dort etwas? „Wir verzeichnen an der Luisenstraße keine Häufung von Unfällen oder kritischen Situationen in unserer Statistik.“ Hier weitere Fragen der Redaktion – und die Antworten:

Wie beurteilt die BSVG das Geschehen des Unfalls am frühen Dienstagnachmittag?

Die BSVG ist tief betroffen von dem tragischen Unfall und wünscht dem 11-Jährigen sowie allen weiteren Betroffenen eine schnelle und gute Genesung. Eine fundierte Beurteilung des Geschehens kann erst nach Abschluss der Ermittlungen stattfinden.

Handelte es sich um die Linie 5, die um 13.51 Uhr in Richtung Hauptbahnhof einfuhr?

Nein, es handelt sich um eine Fahrt der Linie 3 (Abfahrt an der Luisenstraße laut Plan 13:41 Uhr).

Wie geht es dem Fahrer der Straßenbahn?

Der Fahrer wird seelsorgerisch betreut. Wir wünschen ihm, genauso wie auch allen anderen Beteiligten, eine gute Besserung.

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