Braunschweig. „Huckekasten“, „Himmel & Hölle“ – die Innenstadt soll mehr Spielmöglichkeiten erhalten. Tun wir zu wenig für Kinder? Lesen Sie die ganze Geschichte.

In der Braunschweiger Innenstadt ist jetzt ein Streit entbrannt, der vielen merkwürdig vorkommt. Kinder wollen hüpfen und springen, idealerweise auf einem Fußweg. Aber darf ihnen die Stadt Braunschweig dafür auch gleich noch „Huckekasten“ auf einem schönen langen Stück aufmalen?

Kann also ein Fußweg mehr sein als ein bloßer Fußweg? Könnten dort zum Beispiel auch Kinder spielen? Ist ein Hüpfspiel wie Himmel & Hölle an der Wendenstraße möglich? Nein, sagt Braunschweigs Tiefbau-Verwaltung. Der Bezirksrat Mitte wird das nächste Woche prüfen.

Der Vorschlag kommt aus dem Ideenportal. Ziel des Portals: Jeder Braunschweiger soll auf der Internetseite der Stadtverwaltung die Möglichkeit erhalten, einen Beitrag zur Stadtentwicklung zu leisten. Der Hüpfspiel-Vorschlag hat einen sehr ernsten Hintergrund: Je näher man Braunschweigs Zentrum kommt, desto knapper werden die Spielmöglichkeiten für Kinder. Oder, wie es die Tiefbauer formulieren: „Grundsätzlich ist die Verwaltung daran interessiert, Spielmöglichkeiten für Kinder auch in der Innenstadt anzubieten, was jedoch aufgrund der dichten Bebauung oftmals schwer umzusetzen ist.“

Tenor des Bürgervorschlags ist: Dann lasst uns wenigstens das Beste aus der Problemlage machen und dem Fußweg entlang der Wendenstraße zusätzliche Funktionen geben. Es geht um den Abschnitt entlang des Parkplatzes Werder. Bei einer Länge von etwa 110 Metern könnte dort eine Art Hüpfstreifen mit etwa 250 nummerierten Kästchen entstehen. Eine Mischung aus Straßenkunst und Bewegungsraum, wobei Eltern mit ihren Kindern dort auch das Zählen üben könnten.

Gehweg-Platten werden zum Spielfeld. Am Madamenweg wurde mit Kreide  das Kinder-Hüpfspiel Himmel & Hölle aufgemalt (Archivfoto).
Gehweg-Platten werden zum Spielfeld. Am Madamenweg wurde mit Kreide das Kinder-Hüpfspiel Himmel & Hölle aufgemalt (Archivfoto). © JS | jörn stachura

Außerdem, so der Vorschlag, sollte eine zusätzliche Gehweg-Pflaster-Markierung aufgebracht werden. Das beliebte Kinder-Hüpfspiel Himmel & Hölle könnte möglich gemacht werden. Da sich dort auch die Jugendherberge befinde, sei gewiss, dass die Gäste das Bewegungsangebot nutzen und es über Braunschweig hinaus bekannt machen.

Bezirksbürgermeisterin Jutta Plinke (Grüne) sagt: „Ich habe mir dazu noch keine Meinung gebildet. Am Wochenende werden wir in der Fraktion beraten, wie wir uns dazu in der Bezirksratssitzung positionieren.“

Wie lassen Sie Unfälle verhindern?

Um Geld oder Kreativität geht es allerdings bei der Beurteilung seitens der Stadtverwaltung nicht. Für Spielflächen ist zwar der Fachbereich Stadtgrün und Sport zuständig, für Verkehrsflächen wie Fußwege sind es jedoch die Tiefbauer. Und so geht es vorrangig um die Verkehrssicherungspflicht. Es darf nicht zu Unfällen kommen.

Außerdem sollen Fußgänger nicht in ihren Rechten beschnitten werden: „Die Fußgänger dürfen auf dem Gehweg nicht durch spielende Kinder behindert werden. Durch die mit circa 1,80 Meter geringe Gehweg-Breite wäre dies nicht vermeidbar.“ Himmel & Hölle selbst kann außerdem gefährlich sein: „Teil des beschriebenen Spieles ist der Versuch, einen Stein in ein bestimmtes Feld zu werfen. Die in der Folge rumliegenden Steine stellen vor allem für mobilitätseingeschränkte Personen Gefahrenstellen dar.“

Hüpfstreifen am Werder.
Hüpfstreifen am Werder. © Jürgen Runo

Zu befürchten sei auch: Spielen Kinder auf dem Fußweg, werden Fußgänger noch häufiger als bislang den Fahrradweg nutzen. Himmel & Hölle könnten Ballspiele folgen. Spielende Kinder könnten auch vor ein auf dem benachbarten Parkplatz ausparkendes Auto springen.

Parkplatz soll Spielplatz werden

„Hüpfende könnten auch überfordert sein, umknicken und sich verletzen“, erweitert Frank Tristram ironisch die Liste der Gefahren. „Absolute Sicherheit gibt es nicht.“ Tristram gehört dem Braunschweiger Vorstand des Verkehrsclubs Deutschland an, der sich den Belangen vor Auto- und Radfahrern sowie Fußgängern annimmt. Tristram ist nicht einverstanden damit, dass die Hüpf-Idee spurlos verschwinden soll: „Es kann tatsächlich sein, dass der Gehweg Wendenstraße nicht ideal ist. Doch was ist mit der Fußgängerzone oder dem Magniviertel? Ich könnte wetten, dass nicht nur Kinder hüpfen werden. Doch das weiß man erst, wenn man ein Experiment wagt. Himmel & Hölle sowie der Hüpfstreifen lassen sich schließlich auch probehalber einrichten.“

Seitens des Vereins für bürgernahe Stadtplanung, Braunschweiger Forum, sagt Heiderose Wanzelius: „Eigentlich gestalten Kinder Bürgersteige selbst. Kinder haben auch ein eigenes Empfinden dafür, ob es für sie sicher ist.“ Von Hüpfstreifen und Himmel & Hölle auf dem Fußweg hält Wanzelius nichts: „Das wäre etwas Vorgegebenes. Wie Schule und macht Kindern keinen Spaß.“ Außerdem: „Die Flächen werden dann von Kindern als ihr Revier betrachtet, was es nicht ist. Es wird zu Konflikten mit Fußgängern kommen.“ Die Lösung sei einfach: „Aus dem Parkplatz Werder wird ein Spielplatz!“

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