Welche Geschichten erzählen die Menschen, Plätze und Gebäude des Stadtteils Schwarzer Berg? Wie hat sich das Quartier verändert und wie könnte es in Zukunft aussehen? Mit diesen Fragen haben sich 15 Architekturstudierende des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt (GTAS) der TU Braunschweig im vergangenen Sommersemester auseinandergesetzt.
Entstanden sind fünf Kurzfilme unter dem Titel „Wenn Wände reden könnten“. Gemeint sind damit die Wände der Läden im Einkaufszentrum, etliche von ihnen leer und verlassen. In den Filmen kommen viele Bewohnerinnen und Bewohner des Viertels zu Wort, ebenso Inhaberinnen und Inhaber einiger Geschäfte. Die Menschen erzählen von ihren Sorgen, Erinnerungen, Ideen und Hoffnungen.
Hier geht’s zu den fünf Filmen.
Die angehenden Architekten sollten ihre analytischen Fähigkeiten durch Beobachten und Zuhören schärfen
Hinter dem Projekt stehen Ayat Tarik und Licia Soldavini, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt der TU Braunschweig, sowie der freie Filmemacher Jan-Holger Hennies. „Uns war es wichtig, die Studierenden aus dem Seminarraum raus ins echte Leben zu holen“, sagt Ayat Tarik.
Die angehenden Architekten sollten ihre analytischen Fähigkeiten durch Beobachten und Zuhören schärfen. „Normalerweise hat man ein Grundstück und fängt sofort an zu entwerfen“, sagt Ayat Tarik. „Aber es ist sehr hilfreich, vorher mit den Menschen zu reden, den Ort zu verstehen.“ Eine Art Stadtraumanalyse. Jan Hennies ergänzt: „Je besser man einen sozialen Bereich und kulturelle Phänomene vor Ort kennt, umso kreativer kann man planen.“
Außerdem konnten die Studenten lernen, im Film Geschichten aus verschiedenen Perspektiven zu erzählen. Sie haben die Filme komplett selbst erstellt.
Aber nicht nur für die Studierenden war das Filmprojekt etwas Besonderes, sondern auch für die Menschen am Schwarzen Berg, wie Ayat Tarik erläutert: Sie erfuhren, dass sie gehört werden, dass ihre Meinung zählt.
Das Seminar fand im „Quartier:HAUS“ statt, das Ayat Tarik zusammen mit Vivien Wiens und weiteren Engagierten Anfang 2022 in einem leerstehenden Laden des Einkaufszentrums eröffnet hat: ein Nachbarschaftstreff mit Beratungsangeboten, Eltern-Kind-Treff, Basar, Garten, Workshops, Beteiligungsangeboten und vielem mehr.
Das Schöne und das Triste liegen nah beieinander
Die fünf Filme zeigen verschiedenste Seiten des Stadtteils – das Schöne und das Triste. Eine wichtige Anlaufstelle für viele ist das Einkaufszentrum mit mehreren Geschäften, dem Eiscafé Dolomiti und den Drina-Stuben. Doch es waren mal mehr Läden: Schlachter, Reisebüro, Drogerie, Lebensmittelmarkt, Reinigung, Blumenladen … Alle geschlossen.
Wie schwierig das Geschäft ist, schildert der syrische Betreiber eines kleines Supermarktes. Das Projekt der Studierenden mache ihm Hoffnung, sagt er in einem der Filme, gedreht vor wenigen Monaten: „Vielleicht gibt es doch eine Lösung für diese Gegend. Im Moment ist sie ja eher wie ein verlassenes Gebiet. Wenn ich im Winter durch die Tür schaue, ist manchmal niemand hier.“ Inzwischen ist auch dieser Laden geschlossen.
Das wünschen sich die Anwohner für den Schwarzen Berg
Zugleich kommen Anwohner zu Wort, die ihre Wünsche für den Stadtteil äußern: Junge Leute könnten sich zum Beispiel vorstellen, dass es im Einkaufszentrum auch Räume gibt, um gemeinsam Sport zu treiben. Ein Mann regt eine Reparaturwerkstatt für Fahrräder an. Gemeinnützige Angebote wären wichtig, meint eine junge Frau.
Eine Bewohnerin schildert, dass sie sich am Schwarzen Berg wohlfühlt, weil fast eine „dörfliche“ Atmosphäre herrsche: Man kennt sich, man grüßt sich. Und zugleich hofft sie sehr, dass das Einkaufszentrum wieder ansehnlicher wird, dass die marode Bausubstanz erneuert und alles wieder in Gang gebracht wird, „damit sich die Leute wohlfühlen“.
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