Braunschweig. Kurzfilm-Projekt „Wenn Wände reden könnten“: Architekturstudenten der TU haben sich mit dem Stadtteil auseinandergesetzt. Hier geht’s zu den Filmen.

Welche Geschichten erzählen die Menschen, Plätze und Gebäude des Stadtteils Schwarzer Berg? Wie hat sich das Quartier verändert und wie könnte es in Zukunft aussehen? Mit diesen Fragen haben sich 15 Architekturstudierende des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt (GTAS) der TU Braunschweig im vergangenen Sommersemester auseinandergesetzt.

Entstanden sind fünf Kurzfilme unter dem Titel „Wenn Wände reden könnten“. Gemeint sind damit die Wände der Läden im Einkaufszentrum, etliche von ihnen leer und verlassen. In den Filmen kommen viele Bewohnerinnen und Bewohner des Viertels zu Wort, ebenso Inhaberinnen und Inhaber einiger Geschäfte. Die Menschen erzählen von ihren Sorgen, Erinnerungen, Ideen und Hoffnungen.

Hier geht’s zu den fünf Filmen.

Die angehenden Architekten sollten ihre analytischen Fähigkeiten durch Beobachten und Zuhören schärfen

Hinter dem Projekt stehen Ayat Tarik und Licia Soldavini, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt der TU Braunschweig, sowie der freie Filmemacher Jan-Holger Hennies. „Uns war es wichtig, die Studierenden aus dem Seminarraum raus ins echte Leben zu holen“, sagt Ayat Tarik.

Die angehenden Architekten sollten ihre analytischen Fähigkeiten durch Beobachten und Zuhören schärfen. „Normalerweise hat man ein Grundstück und fängt sofort an zu entwerfen“, sagt Ayat Tarik. „Aber es ist sehr hilfreich, vorher mit den Menschen zu reden, den Ort zu verstehen.“ Eine Art Stadtraumanalyse. Jan Hennies ergänzt: „Je besser man einen sozialen Bereich und kulturelle Phänomene vor Ort kennt, umso kreativer kann man planen.“

Fünf Kurzfilme über den Schwarzen Berg in Braunschweig

In dem Film „Ankommen. Begegnen. Bleiben“ kommt unter anderem Giovanna Buogo vom Eiscafé Dolomiti zu Wort.
In dem Film „Ankommen. Begegnen. Bleiben“ kommt unter anderem Giovanna Buogo vom Eiscafé Dolomiti zu Wort. © Ahmad Al Kadri, Philipp Bestehorn, Jonas Halbrügge
Der Kurzfilm „Bunter Berg“ zeigt, was sich Bewohner für ihren Stadtteil wünschen.
Der Kurzfilm „Bunter Berg“ zeigt, was sich Bewohner für ihren Stadtteil wünschen. © Alwin Foerstner, Hans Kyaw Lat, Lennard Schmuck
Hans Lohmann erzählt in „Gegenwart und Vergangenheit“, wie er den Stadtteil in den 60ern erlebt hat.
Hans Lohmann erzählt in „Gegenwart und Vergangenheit“, wie er den Stadtteil in den 60ern erlebt hat. © Feyza Arkun, Lars Malte Justi, Felix Luther
Im Film „Liebenswerte Leere“ geht es um den Zustand des Einkaufszentrums am Ligusterweg.
Im Film „Liebenswerte Leere“ geht es um den Zustand des Einkaufszentrums am Ligusterweg. © Julius Brandis, Alexandra Dücker, Sophie Knaus
Der Film „Fünf bis Elf“ zeigt einen Tag von fünf bis elf Uhr im Stadtteil Schwarzer Berg – und beste Aussichten. 
Der Film „Fünf bis Elf“ zeigt einen Tag von fünf bis elf Uhr im Stadtteil Schwarzer Berg – und beste Aussichten.  © Antonia Cordes, Lotta Theuerkauf, Victoria Walter
Licia Soldavini und Ayat Tarik Kamil, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt der TU Braunschweig haben das Seminar organisiert und betreut.
Licia Soldavini und Ayat Tarik Kamil, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Stadt der TU Braunschweig haben das Seminar organisiert und betreut. © Ayat Tarik Kamil
Der Filmemacher Jan Hennies das Seminar mit organisiert und betreut.
Der Filmemacher Jan Hennies das Seminar mit organisiert und betreut. © Jan Hennies
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Außerdem konnten die Studenten lernen, im Film Geschichten aus verschiedenen Perspektiven zu erzählen. Sie haben die Filme komplett selbst erstellt.

Aber nicht nur für die Studierenden war das Filmprojekt etwas Besonderes, sondern auch für die Menschen am Schwarzen Berg, wie Ayat Tarik erläutert: Sie erfuhren, dass sie gehört werden, dass ihre Meinung zählt.

Das Seminar fand im „Quartier:HAUS“ statt, das Ayat Tarik zusammen mit Vivien Wiens und weiteren Engagierten Anfang 2022 in einem leerstehenden Laden des Einkaufszentrums eröffnet hat: ein Nachbarschaftstreff mit Beratungsangeboten, Eltern-Kind-Treff, Basar, Garten, Workshops, Beteiligungsangeboten und vielem mehr.

Das Schöne und das Triste liegen nah beieinander

Die fünf Filme zeigen verschiedenste Seiten des Stadtteils – das Schöne und das Triste. Eine wichtige Anlaufstelle für viele ist das Einkaufszentrum mit mehreren Geschäften, dem Eiscafé Dolomiti und den Drina-Stuben. Doch es waren mal mehr Läden: Schlachter, Reisebüro, Drogerie, Lebensmittelmarkt, Reinigung, Blumenladen … Alle geschlossen.

Wie schwierig das Geschäft ist, schildert der syrische Betreiber eines kleines Supermarktes. Das Projekt der Studierenden mache ihm Hoffnung, sagt er in einem der Filme, gedreht vor wenigen Monaten: „Vielleicht gibt es doch eine Lösung für diese Gegend. Im Moment ist sie ja eher wie ein verlassenes Gebiet. Wenn ich im Winter durch die Tür schaue, ist manchmal niemand hier.“ Inzwischen ist auch dieser Laden geschlossen.

Das wünschen sich die Anwohner für den Schwarzen Berg

Zugleich kommen Anwohner zu Wort, die ihre Wünsche für den Stadtteil äußern: Junge Leute könnten sich zum Beispiel vorstellen, dass es im Einkaufszentrum auch Räume gibt, um gemeinsam Sport zu treiben. Ein Mann regt eine Reparaturwerkstatt für Fahrräder an. Gemeinnützige Angebote wären wichtig, meint eine junge Frau.

Eine Bewohnerin schildert, dass sie sich am Schwarzen Berg wohlfühlt, weil fast eine „dörfliche“ Atmosphäre herrsche: Man kennt sich, man grüßt sich. Und zugleich hofft sie sehr, dass das Einkaufszentrum wieder ansehnlicher wird, dass die marode Bausubstanz erneuert und alles wieder in Gang gebracht wird, „damit sich die Leute wohlfühlen“.

Hier geht’s zu den fünf Filmen.