Braunschweig. Die Kritik reißt nicht ab. Können wir uns im Krisenwinter 2022/23 noch Eiszauber leisten?

Manche Leser rieben sich die Augen: Während überall ans Energiesparen appelliert wird, kündigte der Veranstalter jetzt wieder den beliebten Eiszauber vom 23. November bis zum 8. Januar auf dem Braunschweiger Kohlmarkt an. Andere freuten sich, das Interesse ist bereits groß. Jetzt erst recht und gerade jetzt, ließ Veranstalterin Beate Wiedemann von der Agentur pluszwo verlauten.

Bis zu 20.000 Besucher gab es in den vergangenen Jahren auf dem Kohlmarkt-Eis. Winterzauber, Schlittschuhlaufen, Eisstockschießen, alles in energieschluckendem Ambiente – passt das jedoch in eine Zeit mit Krieg, Energiekrise, Lieferengpässen, Personalmangel und Pandemie? Darüber wird bereits heftig diskutiert. Wir sprechen darüber im Interview mit Beate Wiedemann.

Eiszauber ausgerechnet im Winter 2022/2023 – was haben Sie sich bloß dabei gedacht?

Für mich steht das gar nicht in Frage! Für mich ist klar, dass ich das mache.

Warum?

Es ist wichtig, ja, gerade in dieser Zeit! Wir beschäftigen uns doch nur noch mit Katastrophen, Krisen und seit Jahren mit schwierigen Situationen. Ich kann das nicht mehr hören.

Gerade jetzt brauchen wir Veranstaltungen, bei denen die Menschen unbeschwert zusammenkommen. Wir müssen an unsere Kinder denken. Sie sind jetzt im dritten Jahr Opfer einer fatalen Entwicklung, Stichwort Corona. Ohnehin fehlt es an Bewegungsmöglichkeiten, erst recht im Winter.

Und hier bieten wir nicht nur ein notwendiges Gemeinschaftserlebnis, sondern auch eins für die ganze Familie. Jetzt ist wieder die Studie der Weltgesundheitsorganisation veröffentlicht worden, die ein schlechtes Zeugnis ausstellt, was den Gesundheits- und Bewegungsstatus von Jugendlichen betrifft. 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen bewegen sich nicht ausreichend – mit Folgen für die Gesundheit.

Haben wir keine Energiekrise, kann man das wegreden?

Die kritischen Stimmen, die ich auch sehe, vereinfachen mir die Sache zu stark. Man sagt per se, ja, so eine Eisbahn, die verbraucht doch zu viel Energie. Aber so einfach ist es nicht. Wir müssen uns doch zunächst einmal fragen: Was wollen wir eigentlich, was ist uns wirklich wichtig? Wo soll unsere Reise hingehen? Wir können doch nicht alle Lichter ausschalten und nichts mehr tun.

Also müssen wir kalkulieren, wie wir mit der Energie umgehen wollen, die wir haben. Und da bin ich ganz klar der Meinung: Wenn ich eine Veranstaltung mit Energiebedarf habe, dann kann ich das nicht pauschalisieren, sondern muss es auf den tatsächlichen Pro-Kopf-Verbrauch herunterrechnen. Unsere Veranstaltung wird tatsächlich von morgens um 8 Uhr, wenn die Schulklassen aufs Eis kommen, bis abends beim Eisstockschießen, durchgehend voll belegt. Da müssen wir uns beim Pro-Kopf-Verbrauch nicht verstecken.

Die Eisbahn ist kein Energiefresser?

Auch das hinterfrage ich. In den letzten Jahren haben wir schon gesehen, dass der Energieverbrauch sinkt, wenn die Temperaturen sinken, dann haben wir nur noch die Pumpen laufen. Da sind die notwendigen Geräte in der Gastronomie dann schon eher die Energiefresser – übrigens nicht nur beim Eiszauber.

Das müssen Sie kalkulieren, das müssen auch andere kalkulieren. Auch Ihre Hoffnung auf einen kalten Winter wird ja nicht überall geteilt. Stichwort Kostenexplosion. Wie können Sie denn überhaupt beim Eiszauber kalkulieren?

Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung. Es fehlt an notwendigen Informationen! Es geht nicht nur um Energiebedarfe, sondern auch um die Bedarfe in Spitzenzeiten. Das ist ein komplexes Thema. Beim Eiszauber könnten wir beispielsweise ganz wunderbar sparen, wenn wir wüssten, welche Spitzenzeiten am Tag zu meiden wären. Dann könnten wir gezielt die Bahn vom Netz nehmen. So ist es in anderen Bereichen auch. Es fehlt an Informationen, wir verbrauchen praktisch blind. Mich ärgert das. Wir müssen nicht irgendetwas tun, weil wir etwas tun müssen. Wir müssen das Richtige tun.

Zurück zur Frage: Wie kalkulieren Sie? Kann man das überhaupt in der jetzigen Situation?

Ich hänge tatsächlich von morgens bis abends am Telefon und werbe um weitere Sponsoren.

Sie haben noch nicht alles beisammen?

Nein, ich bin fleißig dabei. Und es gibt so viele positive Rückmeldungen. Wir kriegen das hin!

Könnte der Eiszauber 2022 noch scheitern?

Daran will und kann ich nicht glauben. Es ist schon schwierig in diesem Jahr. Und es ist ja auch nicht so, dass ich darüber nicht auch schon nachgedacht habe. Oder über eine Kunststoff-Eisbahn, das ist schlimm, das geht gar nicht. Ich versuche es mit Optimismus. Alles andere hilft auch nicht. Ich schaffe das schon. Die Stimmung darf nicht schlechter sein als die tatsächliche Situation. Stellen Sie sich vor, der Kohlmarkt bleibt leer. So oder so betrifft das auch die gesamte Innenstadt. In den Lockdowns war es doch einfach gespenstisch.

Wird denn der Kohlmarkt samt Fassaden auch wieder in herrlichen Farben illuminiert?

Ja. Wir haben aber alles nochmal auf den Prüfstand gestellt, wo man etwas einsparen kann. Die 20 Prozent Einsparungen, zu denen wir angehalten sind, werden wir liefern. Da geht es um das effizienteste LED-Licht, dazu prüfen wir noch die Einführung eines intelligenten Tools zur automatisierten Überwachung und Kältesteuerung der Eisbahn. Die ist übrigens eine spezielle Aluminiumanfertigung, die wir mit höherer Energieeffizienz und natürlich auch entsprechend der vorherrschenden Auflagen betreiben können.

Ist die Firma New Yorker noch als Sponsor an Bord?

Ja, als unser Namenssponsor, unsere Veranstaltung heißt New Yorker Eiszauber. New Yorker ist seit vielen Jahren an Bord, das ist phantastisch. Friedrich Knapp liegt der Eiszauber am Herzen, das ist ein Projekt, das er wirklich mag.

Bleibt’s beim Eislauf-Preis?

Um eine Erhöhung kommen wir nicht herum. Das ist der Krise und der Gesamtsituation geschuldet. Die Inflation macht auch vor uns nicht halt. Wir müssen um 50 Cent pro Läuferin und Läufer erhöhen. Erwachsene zahlen 5 Euro fürs Schlittschulaufen, Kinder 4,50 Euro.

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