Braunschweig. Die Disko- und Gastroszene ist durch Corona und die Energiekrise hart getroffen. Drei Gastronomen erzählen aus ihrem Alltag und blicken nach vorn.

Die Unternehmer in der Gastronomie sind und waren durch die jüngsten Krisen besonders gefordert. Corona und auch die Energiepreise schlagen durch, die Kosten lassen sich nicht einfach auf die Endpreise umlegen. Wir haben mit drei Gastronomen gesprochen. Sie sind zuversichtlich ­– trotz allem.

„Wir wünschen uns einfach einen Normalzustand“

Oliver Strauß betreibt mit verschiedenen Partnern zehn Betriebe in Braunschweig. Diskotheken, Clubs, Bars und ein Hotel. „Gefühlt reiht sich seit zwei Jahren eine Krise an die andere“, sagt er. Corona zeige seine Nachwirkungen. Und die neue Energiekrise kommt dazu.

Seine Tanzlokale haben seit März wieder geöffnet. „Das ist schon unter normalen Umständen nicht unsere beste Zeit, denn bei lauen Temperaturen sind die Menschen lieber draußen“, sagt Strauß. Und dieser Sommer war für die Discoszene besonders schwierig. „Die Veranstalter, aber auch die Privatleute haben alles nachgeholt, was wegen Corona verlegt oder verschoben werden musste.“

Nach der Pandemie wurden viele Feste und Feiern nachgeholt

Das heißt, dass alle Bühnen und Plätze bespielt wurden, Konzerte und Stadtfeste reihten sich aneinander, es war ständig etwas los. „Und die runden Geburtstage aus dem vergangenen Jahr wurden umso größer nachgefeiert“, sagt Strauß. Mit dem Ergebnis, dass die Diskotheken nicht so gut besucht waren wie vor Corona. „Außerdem kommen die Studenten erst jetzt wieder an die Uni und in die Stadt, sie sind eine ganz wesentliche Besuchergruppe für uns. Die Discolandschaft ist deutlich jünger als früher.“

Die Jungen seien zwar sorgloser im Hinblick auf Corona und würden auch wieder richtig feiern, aber an den Umsätzen spiegelt sich das Alter der Gäste wider, denn die meisten Schüler haben noch nicht so viel Geld, das sie an einem Discoabend ausgeben können.

Oliver Strauß betreibt mit verschiedenen Partnern zehn Betriebe in Braunschweig – Diskotheken, Bars und ein Hotel.
Oliver Strauß betreibt mit verschiedenen Partnern zehn Betriebe in Braunschweig – Diskotheken, Bars und ein Hotel. © Ingeborg Obi-Preuß

„Das Publikum ab 25 ist vorsichtiger geworden, verhaltener“

Aber auch in seinen Restaurants spürt Strauß eine Veränderung. „Hier sind unsere Besucher im Schnitt ab 25 Jahre alt, und diese Gruppe ist durch die Pandemie etwas vorsichtiger geworden, verhaltener“, hat er beobachtet. Sie kämen zwar zum Essen, gingen dann aber relativ bald wieder nach Hause. „Diese entspannten Abende, in denen die Menschen noch mehrere Stunden am Tisch sitzen bleiben und miteinander reden, die sind seltener geworden.“ Und die Getränke bringen die nötigen Einnahmen, mit Speisen sei schwer etwas zu verdienen, sagt Strauß.

150 bis 200 Mitarbeiter sind in seinen Unternehmen beschäftigt. Der jetzt geltende Mindestlohn ziehe ebenfalls seine Kreise nach sich. „Ich würde am liebsten jedem 20 Euro geben“, sagt er, „aber du kannst nur Fuß vor Fuß setzen, es muss sich auch rechnen.“ Wenn er jetzt einer ungelernten Kraft 12 Euro zahlen muss, verlange ein erfahrener Mitarbeiter logischerweise direkt deutlich mehr.

„Eine Spirale“, sagt Strauß. Dennoch, er ist froh, dass viele seiner alten Mitarbeiter wieder an Bord sind. „Wenn es zu dir passt, ist Gastro der coolste Job überhaupt“, erzählt er. Er hat selbst als junger Mann neben der Ausbildung Cocktails gemixt und aufgelegt. „Du bist da, wo die Party ist, und wenn du freundlich bist, bekommst du jede Menge Trinkgeld.“

Für den Herbst/Winter wünscht sich Strauß einen Normalzustand, ohne Auflagen. „Und wir können nur hoffen, dass die Preise nicht weiter explodieren, wir versuchen jetzt schon, die Erhöhungen abzufangen und nicht an die Kunden weiterzugeben. Aber das geht nur bis zu einem gewissen Maß.“

„Abstand halten passt bei uns gar nicht ins Konzept“

„Wir wollten, dass die schummrige Atmosphäre der Haifi erhalten bleibt“, sagte Paul Briesemeister, als er im vergangenen Herbst gemeinsam mit Max Juratschek und John O’Neil die Bar als neue Betreiber übernommen hat. Diese schummrige Gemütlichkeit gehört zur DNA der Haifischbar, war und ist aber auch ihre Begrenzung.

„Wir mussten nach dem Eröffnungswochenende direkt wieder schließen“, blickt Briesemeister auf den Lockdown zurück. Zum 1. März dann konnten sie wieder öffnen, aber mit 2G. Einlasskontrollen, die Gäste durften nur an den Tischen sitzen. „In unsere Bar passen maximal 60 Personen“, erklärt Briesemeister, „dann ist der Laden aber auch proppenvoll.“ Abstand halten passt gar nicht in dieses Konzept.

Paul Briesemeister, einer von drei neuen Betreibern, in der Haifischbar.
Paul Briesemeister, einer von drei neuen Betreibern, in der Haifischbar. © Joschka Büchs

Seit April ist die Bar wieder „normal“ geöffnet. Aber auch hier ist der Sommer naturgemäß nicht die Hochsaison, denn es gibt keine Außenplätze. „Jetzt kommt unser erster richtiger Herbst und Winter“, freut sich Briesemeister – seit die Temperaturen runtergehen, kommen deutlich mehr Gäste.

In der Haifischbar treffen sich gut 80 Prozent Stammgäste

Mit den Überbrückungshilfen konnten die Betreiber die Miete durch den Lockdown zahlen, sie selbst arbeiten im Hauptberuf in Mikrobrauereien. Dieses Bier – aus der National-Jürgens-Brauerei und der Brauerei Lonesome Oak – ist auch in der Haifischbar der Renner. „80 Prozent unserer Besucher sind Stammkunden“, sagt Briesemeister, „man kennt sich eben.“

Rund zehn Frauen und Männer gehören zum Personal-Team. Studenten sind dabei, aber auch Menschen, die einen „normalen Job machen“ und nebenbei in der Bar arbeiten. „Weil es Spaß macht“, sagt er. Jetzt setzen alle auf einen Herbst und Winter ohne Corona.

„Du musst als Unternehmer mehr vom eigenen Anteil abgeben“

Auch Cataldo Principale hofft auf einen „normalen“ Winter. Er hat gerade das Pupasch neu eröffnet. Cataldo Principale ist schon lange im Geschäft, ein Unternehmer, der mit dem Wirtshaus am Kohlmarkt und der Bar District gut am Markt ist. Sein drittes „Baby“, die Rheinische Republik, hat er im Oktober 2020 übernommen.

Nach umfangreichen Renovierungsarbeiten ist die Rheinische Republik wieder am Start, jetzt auch das Pupasch. „Wir hatten schon einen Probelauf zum Honky Tonk“, erzählt Principale. Das Festival hat ihm Mut gemacht. „Wir sind überrannt worden, wir haben gemerkt, wie ausgehungert die Menschen sind. Sie wollen feiern, lachen, tanzen. Die Gäste standen Schlange, um hier reinzukommen“, erzählt er.

500 Leute passen in das Pupasch. Principale hat aufwendig, aber vorsichtig renovieren lassen. Dunkle Massivholzmöbel, viel Schnick-Schnack, Kitsch und Kunst, große Spiegel. Ecken und Winkel geben der Bar eine gediegene Atmosphäre, ein bisschen wie ein Wirtshaus. „Ich habe eine neue Licht- und Musikanlage einbauen lassen, technisch sind wir ganz vorn“, sagt der Inhaber. Vier DJs stehen bereit, wobei DJ Sushi der „Hausmusiker“ ist.

In einem zweiten Raum gibt es einen Raucherbereich, ebenfalls mit Bar, Tanzfläche, eigener Musikanlage.

„Gutes Personal ist abhängig von guten Rahmenbedingungen“

Seine 36 Mitarbeiter sind alle noch dabei. In den vergangenen Jahren habe er immer Rücklagen gebildet, um in einer Notlage, wie zum Beispiel jetzt, auch finanziell nicht unter Druck zu geraten. „Zum Glück können wir Synergieeffekte zwischen den drei Locations nutzen und so auch unsere Mitarbeiter flexibel einsetzen“, fügt der studierte Betriebswirt an. Und erklärt, dass vernünftige Rahmenbedingungen Voraussetzung seien für gutes Personal.

„Leute, die wie früher rund um die Uhr ihre Arbeit kloppen, die gibt es nicht mehr“, sagt er. Sein Rezept: „Guter Lohn, von dem die Mitarbeiter vernünftig leben, sich auch mal einen Urlaub leisten können, 5-Tage-Woche, begrenzte Schichten, auch freie Wochenenden, da musst du als Unternehmer mal mehr von deinem eigenen Anteil abgeben.“

Und die Zukunft? „Wenn wir keine neuen Coronaeinschränkungen haben, keine Preisexplosionen, dann wird es besser als vorher. Die Menschen wollen wiederfeiern.“

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