Braunschweig. Eine 10-jährige Schülerin gibt an, dass sie aus dem Bus steigen musste, weil der Fahrer ihren Geldschein nicht wechseln konnte. Was war da los?

Der Vorfall ereignete sich eine Woche nach Ende der Sommerferien. Hannah* (10) war gerade von der Grundschule auf eine weiterführende Schule gewechselt – seitdem muss sie mit dem Bus zum Gymnasium in die Innenstadt fahren. In den ersten Tagen hatte sie von ihrer Schule noch kein Schülerticket erhalten. Damit sie sich im Bus ein Ticket holen kann, hatten ihre Eltern ihr einen 20-Euro-Schein für die Rückfahrt mitgegeben.

Auf der Rückfahrt von der Schule nach Watenbüttel soll sich Folgendes ereignet haben: Als das Mädchen an der Haltestelle Packhof in die Linie 416 eingestiegen war und ein Ticket lösen wollte, soll der Busfahrer gesagt haben, dass er den Schein nicht wechseln könne. Er soll das Mädchen an der nächsten Haltestelle kurzerhand vor die Tür gesetzt haben.

So schildert der Vater des Mädchens den Vorfall. Er ist empört und bezeichnet den Vorfall als „Frechheit“. Er fragt: „Wissen die Busfahrer eigentlich, dass sie eine Verantwortung für die Personen haben, die sie befördern - insbesondere für Kinder?“

BSVG: Es hat bereits ein Gespräch mit dem Fahrer gegeben

Der Mann, ein Lehrer, hat sich bei der Braunschweiger Verkehrs-GmbH beschwert und die Beschwerde auch an unsere Redaktion geschickt. Wir fragten bei der BSVG nach: Was war da los?

Felix Weitner, Sprecher der BSVG, sagt, der beschriebene Fall werde intern geprüft, habe aber noch nicht ganz aufgeklärt werden können. Sollten sich die Angaben bestätigen, sei dies „ein Einzelfall, der sich so nicht ereignen sollte“. Heißt: Ein Kind sollte keineswegs vor die Tür gesetzt werden!

Die genannte Tour sei von einem Dienstleister der BSVG gefahren worden. Der Dienstleister, so Weitner, habe mit dem Busfahrer ein Gespräch zu dem Vorfall geführt. Explizit sei auf die geltenden Regelungen hingewiesen worden.

Und so sehen diese Regelungen aus: Schüler und Schülerinnen, die am Anfang eines Schuljahres ihre Sammelschülerzeitkarte von ihrer Schule noch nicht erhalten haben, „werden selbstverständlich trotzdem befördert, bis die Sammelschülerzeitkarten vollständig verteilt sind“. So erläutert es der Sprecher und fügt an: „Im Umgang mit minderjährigen Fahrgästen legt die BSVG grundsätzlich besonderen Wert auf ein kulantes Verhalten.“

Busfahrer sind nicht verpflichtet, Geldscheine zu wechseln

Auf Nachfrage sagt Weitner, dass das Mädchen also eigentlich gar kein Ticket im Bus hätte lösen müssen. Offenbar eine Verkettung unglücklicher Umstände, denn als das Mädchen den 20-Euro-Schein vorlegte, wurde ihr Paragraf 7 der Beförderungsbedingungen des Verkehrsverbunds Region Braunschweig zum Verhängnis.

Darin steht nämlich (siehe unten), dass das Personal nicht verpflichtet ist, Geldbeträge über zehn Euro zu wechseln. Der Hintergrund: Busfahrer sollten möglichst keine größeren Barbeträge durch die Gegend fahren.

Wenn sie einen Geldschein nicht wechseln können, können sie das Restgeld gegen Quittung einbehalten - der Fahrgast kann sich das Restgeld gegen Vorlage der Quittung später im Kundenzentrum abholen. Ist der Fahrgast damit nicht einverstanden, verliert er seinen Beförderungsanspruch.

Wie gesagt: Trotz allem hätte Hannah befördert werden sollen; die Fahrer und Fahrerinnen sind angehalten, bei Kindern besondere Kulanz walten zu lassen.

In diesem Fall ging zum Glück alles gut aus: Die 11-jährige Schwester von Hannah war ebenfalls im Bus. Sie stieg mit der kleinen Schwester aus, und zusammen riefen sie per Handy ihre Eltern an. „Meine Frau hatte zum Glück Zeit, die Mädchen in der Stadt abzuholen“, sagt der Vater.

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Paragraf 7 der Beförderungsregeln (Zahlungsmittel):

(1) Das Fahrgeld ist - je nach Verkaufsart und Fahrausweisart - bar oder bargeldlos zu entrichten. Ein Anspruch auf bargeldlose Zahlung besteht nicht.

(2) Soweit Barzahlung im Fahrzeug zugelassen ist, soll das Fahrgeld abgezählt bereitgehalten werden.

(3) Das Personal ist nicht verpflichtet Geldbeträge über 10 Euro zu wechseln; mehr als 20 Münzstücke anzunehmen; Ein-Cent-Stücke im Betrag von mehr als 0,10 Euro anzunehmen, sowie erheblich beschädigte Geldscheine und Münzen anzunehmen

(4) Werden Banknoten angenommen, obwohl der zurückzugebene Restgeldbetrag 10 Euro übersteigt, ist das Personal berechtigt, den Restgeldbetrag gegen Quittung einzubehalten. Der Fahrgast kann das Restgeld unter Vorlage der Quittung bei der Verwaltung des jeweiligen Unternehmens abholen; auf Wunsch wird es ihm auch unter Portoberechnung zugesandt. Ist der Fahrgast mit dieser Regelung nicht einverstanden, verliert er seinen Beförderungsanspruch.

* Name von der Redaktion geändert

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