Braunschweig. Die Stadt will den Dachverband der Elterninitiativen nicht länger fördern. Das Geld soll den Trägervereinen direkt zukommen. Es gibt Protest.

In vielen Elterninitiativen rumort es derzeit gehörig: Die Stadtverwaltung plant, dem Dachverband der Elterninitiativen Braunschweig (DEB) die Fördermittel zu entziehen. Das Geld soll stattdessen direkt an die einzelnen Kita-Gruppen der freien Trägervereine ausgezahlt werden. Der Dachverband appelliert nun an die Politik, den Plänen der Stadt nicht zuzustimmen und wird dabei von den Elterninitiativen unterstützt.

„Das wäre das Aus für viele Elterninitiativen in Braunschweig“, ist sich Martin Elftmann vom Vorstand der Kita Kobold in der Husarenstraße sicher. Er findet: „Für die Ehrenamtlichen, die sich in den Elterninitiativen einsetzen, ist das ein Schlag ins Gesicht.“ Der Dachverband sei für seine Mitglieder unabkömmlich als verlässlicher Ansprechpartner bei Fragen und Unsicherheiten sowie als Interessenvertretung in diversen Gremien. „Ohne DEB geht es nicht. Auch wenn wir das Geld direkt ausgezahlt bekämen – das ersetzt nicht die Struktur, die uns da wegbrechen würde“, glaubt Elftmann.

Der Dachverband besteht seit 32 Jahren

Kyra Jantzen vom Vorstand der Kita Rumpelstilzchen glaubt, dass die Stadt damit ein Eigentor landen könnte: „Als sich der Dachverband gründete, war das für die Stadt eine Erleichterung, da sie damit einen zentralen Ansprechpartner hatte.“ Die Pläne der Stadt bezeichnet sie als „Schwächung“ der Elterninitiativen: „Die Arbeit, die der Dachverband für uns erledigt, können wir ehrenamtlichen Vorstände nicht leisten.“

Der Dachverband DEB ist vor 32 Jahren gegründet worden. Mitglied im DEB sind aktuell 19 Trägervereine, in denen insgesamt rund 450 Kinder von 90 pädagogischen Fachkräften betreut werden. Der Dachverband berät die Elterninitiativen und vertritt ihre Interessen, bietet pädagogische Fachberatung, Qualitätssicherung und stellt die Trägerschaft im Freiwilligendienst (FSJ und BFD) für seine Mitglieder.

Zu 60 Prozent finanziert sich der Dachverband aus Fördermitteln der Stadt, hinzu kommen die Mitgliedsbeiträge sowie Einnahmen über Beratungsverträge mit Gruppen aus dem Umland. Eine Kürzung der Fördermittel werde „den Wegfall vieler Angebote für die Vereine und Träger aufgrund weniger Personalstunden bedeuten“ und könne auch zu einer Auflösung des Dachverbands führen, schreibt der DEB.

DEB: Wegfall von Betreuungsplätzen könnte die Konsequenz sein

Seine Schlussfolgerung: „Die daraus resultierende organisatorische und qualitative Schwächung der Vereine könnte in der Folge auch einen Wegfall von Kinderbetreuungsplätzen in Braunschweig nach sich ziehen, weil ehrenamtliche Vorstände wie auch pädagogisches Personal dann vornehmlich auf sich gestellt wären.“ Der Verband appelliert an die Politik, sich dafür einzusetzen, dass der DEB eine Förderung in Höhe von mindestens 82.000 Euro jährlich erhält.

Stadtsprecher Rainer Keunecke bestätigt, dass das Geld künftig anders verteilt werden soll. Er sagt: „Im Rahmen der Förderung von Betreuungseinrichtungen sollen die Gelder nach Gruppenschlüssel direkt an die Elterninitiativen ausgezahlt werden, die ihrerseits über die Mittelverwendung entscheiden.“ Das Geld bleibe somit „im System“ und gelange direkt zu den Betreuungseinrichtungen. Die Elterninitiativen hätten dann künftig die Wahl, bei wem sie die benötigten Leistungen einkaufen wollen – beim DEB oder anderen Anbietern.

Zur Begründung erklärt Keunecke, dass Ende letzten Jahres ein großer Träger seine Mitgliedschaft im DEB gekündigt habe, der 40 Prozent aller vom DEB vertretenen Gruppen dargestellt habe. „Insofern ist eine Anpassung der Förderung angezeigt, zumal der DEB bislang ohnehin nicht alle Braunschweiger Elterninitiativen vertreten hat“, sagt Keunecke. Als örtlicher Träger der Jugendhilfe sei durch die Stadtverwaltung sicherzustellen, „dass alle Elterninitiativen die Möglichkeit haben, professionelle Trägerberatung und pädagogische Fachberatung zu erhalten“.

Hängt die Neuordnung mit dem Steuerskandal zusammen?

Die Büros der Elterninitiative Till Eulenspiegel am Altewiekring – hier hat auch der DEB seinen Sitz.
Die Büros der Elterninitiative Till Eulenspiegel am Altewiekring – hier hat auch der DEB seinen Sitz. © BestPixels.de | Florian Kleinschmidt

Bei dem großen Träger, der seine Mitgliedschaft gekündigt hat, handelt es sich um die Elterninitiative „Till Eulenspiegel“, der mit rund 400 betreuten Kindern mit Abstand größten Elterninitiative der Stadt. Das bestätigt Florian Cacalowski vom Vorstand: „Wir sind raus aus dem DEB, weil wir aufgrund unserer Größe und Struktur einen veränderten Bedarf an Beratungs- und Unterstützungsangeboten haben, den der DEB nicht decken konnte.“ Da Till Eulenspiegel von der geplanten Änderung finanziell profitieren werde, begrüße er diese, betont aber: „Ein Zusammenschluss ist wichtig. Wir lassen die anderen Elterninitiativen nicht im Regen stehen und werden alles tun, damit sie Hilfe bekommen.“

Rückblick: 2018 hatte „Till Eulenspiegel“ mit einem Steuerskandal für Aufsehen gesorgt und musste eine hohe Summe an Fördergeldern und Steuergeldern rück- bzw. nachzahlen. Organisatorisch hat sich die Elterninitiative danach völlig neu aufgestellt. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen die ehemalige Geschäftsführerin laufen noch. Sie gehörte zu dieser Zeit auch dem Vorstand des DEB an, und die Steuerfahndungsbehörde hatte damals auch Akten und Unterlagen des Dachverbandes beschlagnahmt.

In der Info des DEB an die Politik heißt es nun: „Bezogen auf den Dachverband kam die Steuerbehörde zu dem Ergebnis, dass dem DEB e.V. keine strafrechtlich relevanten Vergehen nachgewiesen werden konnten. Lediglich eine Steuernachzahlung in Höhe von ca. 42.000 Euro hatte der DEB zu leisten.“

Dieser Sachverhalt sei der Stadt bekannt, heißt es auf Nachfrage aus der Pressestelle der Stadt: Der Plan, die Gelder neu zu verteilen, habe damit aber nichts zu tun: „Die Entscheidung beruht auf den bereits genannten Gründen.“

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