Braunschweig. Bei Sommerhitze sollen Moosplatten die Luft um bis zu acht Grad Celsius abkühlen. Wir erklären die Details.

Beim Thema Mooswände rollt der Braunschweiger mit den Augen. Kein Klimaschutzprojekt scheiterte so kläglich. Doch nun soll alles gut werden. Am Rudolfplatz und der Hans-Sommer-Straße fand der Austausch statt. Dort stehen jetzt zwei neue, viel bessere Mooswände. Sagt jedenfalls der Hersteller.

Als kürzlich Resümee gezogen wurde, da fiel das Urteil über zwei Jahre Klimaschutz mit urbanem Grün einhellig aus. Viele Bäume hatte Braunschweig gepflanzt. Das Elefantengras-Labyrinth am Madamenweg hatte sich sogar zu einem Besuchermagneten entwickelt.

Die beiden Mooswände machten jedoch - um es freundlich zu formulieren ­– nichts als Ärger. Mal starb das Moos ab, dann versagte die Mess-Sensorik. Wissenschaftler der Technischen Universität stellten fest: Eine Praxistauglichkeit lasse sich nicht erkennen. Eine Filterleistung der sogenannten CityTrees konnte nicht gesichert nachgewiesen werden. Am Standort Rudolfplatz ließ sich für keine der Feinstaub-Fraktionen eine Filterleistung erkennen. Ein verärgerter Bezirksrat drängte, auf Schadensersatz zu klagen. Der Bund der Steuerzahlerschaltete sich ein.

Am Rudolfplatz wird eine neue Mooswand aufgebaut. Michael Springindschmitten (von links), Simon Dierks und Robert Sänger sind dafür aus Berlin gekommen.
Am Rudolfplatz wird eine neue Mooswand aufgebaut. Michael Springindschmitten (von links), Simon Dierks und Robert Sänger sind dafür aus Berlin gekommen. © Braunschweiger Zeitung | Bernward Comes

Problem: Der Ärger ist zwar verraucht, das Förderprogramm ausgelaufen. Doch die Mooswände konnten nicht einfach verschwinden. Denn grundsätzlich ist in den Förderbedingungen vorgesehen, dass sämtliche mit Bundesmitteln geförderten Maßnahmen mindestens über einen Zeitraum von acht Jahren im öffentlichen Raum zu erhalten sind. Auch die Mooswände.

Green City Solutions tauscht die Mooswände kostenlos aus

Mittwoch sind sie dennoch verschwunden. Ein Kranwagen hievte sie auf einen Anhänger, setzte aber gleich zwei neue Mooswände ab. Mooswände der zweiten Generation in neuster Version. Hersteller Green City Solutions GmbH tauschte kostenlos aus. Marketingleiter Simon Dierks: „In die neue Generation flossen auch die Erkenntnisse aus Braunschweig ein. Wir planen, dass Braunschweig Referenzstandort für unsere Mooswände in Norddeutschland ist.“

Seitlich ist an der Mooswand Rudolfplatz bereits ein Monitor angebracht. Laut Dierks sollen darauf in Echtzeit Daten der Mooswand und Videos zur Arbeitsweise gezeigt werden. Das Berliner Unternehmen bereite das gerade vor.

Mooswände in Braunschweig sollen für Abkühlung sorgen

Auch sonst unterscheiden sich die neuen Mooswände komplett von ihren Vorgängern. Aus Holz sind sie nun. Die größte Änderung: Sie arbeiten aktiv. Heißt: Luft wird seitlich von Ventilatoren angesogen und strömt durch je vier Moosplatten auf der Vorder- und Rückseite. Feinstaub, auch Ruß, soll so vom Moos gefiltert werden.

Eine weitere Änderung: Das Moos muss feucht gehalten werden. Zuvor wurde auf eine Tröpfchen-Bewässerung gesetzt, nun wird Wasser vernebelt. Überschüsse werden aufgefangen und erneut verwendet. Der Wasserwagen zum Auffüllen des Tanks soll seltener kommen. Einen Wasseranschluss gibt es am Rudolfplatz nicht.

Und dennoch hält Dierks den „Standort Rudolfplatz für ideal. Mooswände gehören dort hin, wo die Luft schlecht ist, sich aber dennoch viele Menschen aufhalten. Wie an der Bushaltestelle Rudolfplatz.“ Die Funktion der Mooswand, sagt er, werde an der Haltestelle gut erlebbar werden. „Wenn Luft durch das feuchte Moos strömt, entsteht Verdunstungskälte. Etwa 1,5 Meter rund um unsere CityTrees wird man das spüren.“ Von Mai bis etwa Oktober sollte die Temperatur um etwa vier Grad Celsius abgekühlt werden. „Bei Sommerhitze sollte mehr möglich sein. Es wurden bereits Temperatur-Absenkungen von bis zu acht Grad gemessen.“