Braunschweig. Redakteurin Alexandra Ritter clickert mit ihrer Katze. Das stärkt die Bindung zwischen Tier und Halter.

Lilly streckt sich. Fliegt förmlich über die Hindernisstangen. Die erste. Die zweite. Die dritte. Die vierte. Sammelt sich. Federt ab. Macht sich noch länger. Und saust im hohen Bogen durch den Sprungreifen. Klick. Leckerli. Wenn es ums Springen geht, ist meine Katze in ihrem Element. Vor ein paar Monaten haben wir begonnen zu clickern. Denn was mit Hunden geht, geht mit Katzen mindestens genauso gut.

Haben Spaß beim Clickern: Alexandra Ritter und ihre Katze Lilly.
Haben Spaß beim Clickern: Alexandra Ritter und ihre Katze Lilly. © Bernward Comes

Der Clicker – ähnlich einem Knackfrosch aus Kindertagen

Der Clicker – ähnlich einem Knackfrosch aus Kindertagen – ist dabei der Marker. Auf sein Geräusch konditioniert man das Tier. Hat die Katze ein bestimmtes gewolltes Verhalten ausgeführt, erfolgt ein Klick. Der signalisiert die positive Verstärkung: Das war richtig, das hast du gut gemacht, und dafür gibt es ein Leckerli – in Lillys Fall Rindergulasch oder Garnelen. Klein portioniert, schnell schluckbar und vor allem gesund. In Lillys Ranking stehen beide ganz oben. Das haben wir zuvor ausgetestet.

Bindung zwischen Tier und Halter stärken

Im Slalom geht es für Lilly durch den Hütchen-Parcours.
Im Slalom geht es für Lilly durch den Hütchen-Parcours. © Bernward Comes

Alles, was die Katze macht, macht sie übrigens freiwillig. Denn Clickern soll beiden Seiten Spaß bereiten, die Bindung zwischen Tier und Halter stärken, die Katze auslasten und fordern – und nebenbei helfen, wichtige Alltagsabläufe zu üben wie die Eingabe von Medikamenten, das Steigen in eine Transportbox vor dem Tierarztbesuch oder gesicherten Leinengang.

Lilly hüpft derweil schwungvoll über meine Beine. Den Blick konzentriert auf meine Führungshand gerichtet, die Nase dicht am Leckerli, den Schwanz hochmotiviert senkrecht in die Höhe gestreckt, lässt sie sich nach links und rechts führen, mit Wendungen und Zwischenstopps zwischen meinen Beinen. Es läuft an diesem Samstagmorgen!

Verwirre ich die Katze?

Clicker gibt es in unterschiedlichen Ausführungen; auch mit dem Targetstab als verlängertem Zeigefinger kann das Clickern trainiert werden.
Clicker gibt es in unterschiedlichen Ausführungen; auch mit dem Targetstab als verlängertem Zeigefinger kann das Clickern trainiert werden. © Bernward Comes

Das ist nicht immer so. Kreise und Achten oder Slalom um Pylonen laufen scheint Lilly nach anfänglicher Begeisterung mittlerweile zu langweilen. Oder liegt es an mir, verwirre ich die Katze, sende ich falsche Signale, klicke und belohne ich zu früh oder zu spät oder einfach an der falschen Stelle? Denn noch lerne ich genauso wie das Tier. Die gerade Handführung – konstant wie auf einer Eisenbahnschiene, im gleichmäßigen Tempo, das Leckerli in der einen, den Clicker in der anderen Hand. Die linke Hand führt nach links, die rechte nach rechts. Das setzt Handwechsel voraus. Die übe ich meistens am Wochenende abends vor dem Fernseher. Trocken sozusagen.

Die für uns wichtigen Passagen aus „Birga Dexels Clickertraining für Katzen“ habe ich schon ein Dutzend Mal gelesen. Auch zwei Online-Seminare zum Thema habe ich beim Cat Institute Birga Dexel, der aus TV-Sendungen wie „Hundkatzemaus“ (Vox) bekannten Katzenexpertin, gemacht. Und dennoch muss ich mir eingestehen, Theorie und Praxis liegen manchmal weit auseinander. So kann es nicht weitergehen. Ich will besser werden. Feedback muss her!

Training per Skype

Und so sitzen Lilly und ich nun in der Küche, den Laptop auf dem – selbstverständlich ausgeschalteten – Ceranfeld, die Webcam auf dem Fußboden. Slalom um Hütchen steht auf dem Programm. Lilly guckt bereits sparsam, als sie die drei in Reihe aufgestellten Pylonen sieht. Dennoch setzt sie sich in Gang, passiert die erste Pylone, läuft dann aber an der zweiten vorbei … und setzt sich hin. Da ist meine Führungshand auch schon 15 Zentimeter von der Katzennase entfernt. So war das nicht gedacht. „Schon früher belohnen, damit sie nicht vorbeiläuft, und den Abstand geringer halten“, kommentiert Helena Becker die Aktion. Die Trainerin und Verhaltenstherapeutin vom Cat Institute Birga Dexel ist auf meine Bitte für die nächsten Wochen regelmäßig per Skype zugeschaltet, wacht aufmerksam und kritisch über unser Zusammenspiel.

Der nächste Versuch

Die Katze folgt der Hand mit dem Leckerli nach rechts, in der anderen Hand befindet sich der Clicker, dessen knackfroschartiges Geräusch die Belohnung für das gewünschte Verhalten ankündigt.
Die Katze folgt der Hand mit dem Leckerli nach rechts, in der anderen Hand befindet sich der Clicker, dessen knackfroschartiges Geräusch die Belohnung für das gewünschte Verhalten ankündigt. © Bernward Comes

Der nächste gemeinsame Versuch. Lilly marschiert los, um das erste Hütchen herum, die Nase an der Hand mit dem Leckerli, während ich sie leise anfeuere … und setzt sich hin. Mist! „Sie reden grundsätzlich viel mit Lilly, oder?“, fragt Helena Becker leicht amüsiert. Alles klar. Ich habe verstanden. Die Katze nicht totquatschen! Beim dritten Versuch halte ich die Klappe. Na ja, meistens. Und tatsächlich, es läuft. Die Katze konzentriert sich auf die Übung, nicht auf meine Stimme. Sie hat Spaß, ich habe Spaß. Was will man mehr? Am Ende gibt es ein dickes Lob für Lilly – verbunden mit Streicheleinheiten – und nicht zu vergessen, den Jackpot nach erfolgreichem Training: Lilly darf den Becher mit Gulasch leerpföteln. Darauf freut sie sich jedes Mal.

Jeden Schritt belohnen

Katzentrainerin Helena Becker.
Katzentrainerin Helena Becker. © Privat | Cat Institute Birga Dexel

„Setzen Sie direkt mit der Belohnung zwischen den Fingern an Mäulchen oder Näschen an und belohnen Sie jeden Schritt in die richtige Richtung. Und wenn das sauber gelaufene zehn Zentimeter sind. Unterteilen Sie den Bereich, in dem Sie trainieren, in Abschnitte. Lassen Sie die Katze erst Teilschritte gehen, dann ganze Abläufe“, gibt Helena Becker mir derweil wichtige Tipps und fügt an: „Und bauen Sie immer wieder tageweise Pausen ein, damit das Gelernte sacken kann.“

Hausaufgaben für den Halter

Lilly macht „Erdmännchen“, um an das Leckerli zu kommen, und stützt sich dabei mit der Pfote an der Hand ab.
Lilly macht „Erdmännchen“, um an das Leckerli zu kommen, und stützt sich dabei mit der Pfote an der Hand ab. © Bernward Comes

Während ich mir als Hausaufgaben notiere, vor allem aktives Führen und besseres Timing zu üben, streckt sich Lilly erschöpft auf der warmen Fußbodenheizung aus. Zufriedenes Schnurren ertönt vom Küchenboden, geht langsam in wohliges Schmatzen und schließlich in leises Schnarchen über. Clickern macht eben müde. Morgen heißt es dann wieder: auf ein Neues!

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