Braunschweig. Strom und Gas in Braunschweig werden ab April teurer. Etliche Leser sehen das skeptisch. Der Energieversorger erläutert erneut seine Position.

Die von BS Energy angekündigte Preiserhöhung für Strom und Gas ab April bewegt viele Leser. Einige haben Fragen, denen wir nachgegangen sind. So macht zum Beispiel Joachim Scheck-Grüning darauf aufmerksam, dass nicht nur die Preise in der Grundversorgung steigen, sondern auch für andere Produkte: „Ich als langjähriger Kunde von BS Energy beziehe meinen Strom über den Tarif Sparstrom-Fix. Diese Woche erhielt die Mitteilung, das sich der Arbeitspreis für Strom (brutto) von 24,29 Cent/kWh um 15,74 Cent/kWh auf 40,03 Cent/ kWh erhöht.“ Das sei eine Preissteigerung von mehr als 60 Prozent, schreibt er verärgert.

BS Energy erläutert dazu: „Wir müssen neben der Anpassung der Grundversorgungstarife auch in weiteren Produkten die Bezugskostensteigerungen weitergeben. Dies betrifft beispielsweise die Produkte BS|Sparstrom, BS|Naturstrom und das Festpreisprodukt Sparstrom Fix, dessen Preisbindung zum 1. April ausläuft.“

Mit Ausnahme des Festpreisprodukts Sparstrom Fix seien die Preiserhöhungen für diese Produkte ungefähr so hoch wie die Erhöhung für den Grundversorgungstarif, sagt Pressesprecherin Anke Bartkiewicz. „Der angesprochene Sparstrom Fix ist im Februar 2021 auf Basis der noch sehr günstigen Energiebezugskosten der Jahre 2019 und 2020 kalkuliert worden und hatte eine Laufzeit von einem Jahr. Er hatte damit einen sehr günstigen Arbeitspreis, der bis zum Ende der Vertragslaufzeit gilt und nun an die massiv gestiegenen Beschaffungskosten angepasst werden musste. Bis zum 1. April 2022 haben die Kunden in diesem Tarif sehr günstige Tarifpreise gehabt.“

Der Strompreis steigt in der Grundversorgung um fast 30 Prozent, der Gaspreis um fast 40 Prozent.
Der Strompreis steigt in der Grundversorgung um fast 30 Prozent, der Gaspreis um fast 40 Prozent. © dpa | Uli Deck

Zurzeit keine anderen Tarife möglich

Eine Leserin schreibt auf der Facebookseite unserer Zeitung: „Den Preis um 10 Cent pro kW/h zu erhöhen ist sportlich. Auf unsere Nachfrage hin gibt’s zzt. kein Angebot eines anderen Tarifs bei BS Energy – nicht mal für Bestandskunden.“

Hierzu heißt es seitens des Energieversorgers: „Aufgrund der Energiemarktkrise bieten wir, wie viele andere Energieversorger auch, keine Strom- und Gasprodukte an und können derzeit auch nur in Braunschweig Neukunden aufnehmen, da jede zusätzlich zu beschaffende Kilowattstunde sehr teuer im Einkauf ist. Wir verwenden die frühzeitig zu günstigeren Preisen eingekaufte Energie also zunächst für die Versorgung unserer Bestandskunden.“

BS Energy muss als Grundversorger alle Kunden aufnehmen

Übrigens: Auch der Energieanbieter „Bergmann – Elektrizität und Gas“ mit Büro an der Friedrich-Wilhelm-Straße nimmt angesichts der drastisch gestiegenen Beschaffungspreise für Strom und Gas seit Kurzem keine Neukunden mehr auf. Es handelt sich hierbei um eine Marke des Wolfsburger Energieversorgers LSW. Wann wieder neue Angebote für Strom- und Gasprodukte vorliegen werden, sei offen, sagt Pressesprecherin Birgit Wiechert.

Im Gegensatz zu BS Energy ist Bergmann kein Grundversorger. Der Unterschied: BS Energy ist verpflichtet, Kunden aufzunehmen – aktuell insbesondere jene, deren Verträge von Billiganbietern in den letzten Wochen gekündigt wurden. Und damit hat BS Energy jetzt besondere Probleme, wie die Antwort auf die nächsten Fragen zeigt.

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„Treue Kunden zahlen die Zeche“

Unser Leser Peter Müller aus Braunschweig schreibt verärgert: „Anstelle eines Treuerabatts werden auch langjährige Kunden für die Zwangsaufnahme von gescheiterten Schnäppchenjägern in die Zahlungspflicht genommen.“

Und auch Dominik Kolla meint: „Als langjähriger und treuer Kunde muss man jetzt die Zeche zahlen, weil tausende Kunden in die Grundversorgung gerutscht sind, da diese bei anderen Energieversorgern günstig Energie bezogen haben und gekündigt wurden. Warum werden die Preise für den zusätzlichen Einkauf von Gas und Strom nicht an die neuen Kunden weitergegeben? Einzig der Kunde ist hier geschädigt, mal wieder.“

Und auf Facebook schreibt ein Leser: „Warum jetzt der Bestandskunde für Neukunden einspringen muss, die in der Vergangenheit von einem jährlichen Wechsel-Bonus und niedrigen Preisen profitiert haben, erschließt sich mir nicht so ganz – dafür könnte BS-Energy auch erst mal ihre Rücklagen anzapfen.“

Grundversorger wie BS Energy sind gesetzlich verpflichtet, alle Kunden aufzunehmen.
Grundversorger wie BS Energy sind gesetzlich verpflichtet, alle Kunden aufzunehmen. © dpa | Fabian Sommer

BS Energy: Energiemarkt war geprägt durch die „Geiz ist geil“-Mentalität

BS-Energy-Sprecherin Anke Bartkiewicz erläutert zu diesem Thema: „Der Energiemarkt war in der Vergangenheit geprägt durch die ,Geiz ist geil’-Mentalität und wurde durch Discounter mit sehr hohen Wechselprämien befeuert. Diese Discounter haben ihre Energiebeschaffung häufig nur kurzfristig am Spotmarkt getätigt. Dieses funktionierte in den letzten Jahren bei fallenden Energiebezugspreisen. Allerdings drehte sich der Markt, und der kurzfristige Beschaffungsmarkt ist preislich gesehen explodiert.“

Die Folge: Einige Billiganbieter mussten Insolvenz anmelden, andere haben ihre Kunden einfach nicht mehr beliefert. „Der Gesetzgeber legt sehr viel Wert auf den Schutz des Endkunden und sieht deshalb vor, dass der jeweilige Grundversorger nahezu bedingungslos Kunden in seinem Gebiet aufnehmen und versorgen muss“, sagt Bartkiewicz. „Diese sinnvolle gesetzliche Vorgabe wurde leider in den letzten Monaten von einigen Discountanbietern ausgenutzt, und BS Energy musste von einem Tag auf den anderen mehrere tausend neue Kunden mit Energie in der Grund- und Ersatzversorgung beliefern, die vorher nicht eingeplant waren.“

BS Energy: Höherer Grundversorgungstarif für Neukunden rechtlich nicht zulässig

Für diese Kunden gelten laut BS Energy die selben Grundversorgungstarife wie für Bestandskunden – und das führe jetzt zu massiven Verlusten. Zwar gibt es auch Energieanbieter, die einen zweiten, deutlich höheren Grundversorgungstarif für Neukunden eingeführt haben. Doch das ist aus Sicht von BS Energy rechtlich nicht zulässig.

Außerdem würde dieser höhere Grundversorgungstarif dann ausnahmslos alle Neukunden treffen, also auch jene, die vorher nicht bei einem Billiganbieter waren, sondern die einfach nur nach Braunschweig ziehen. Fazit: Die Kosten für die teure Nachbeschaffung müssen laut BS Energy nach aktueller Rechtsgrundlage leider auf alle Kunden umgelegt werden.

„Auf Erlöse zu verzichten, würde Bestand des Unternehmens gefährden“

Zu der Forderung des Lesers, das Unternehmen solle erst mal seine Rücklagen anzapfen anstatt von allen Bestandskunden mehr Geld zu fordern, sagt Pressesprecherin Bartkiewicz: „Selbst wenn wir auf unsere Erlöse verzichten würden, könnte das an den Endkundenpreisen leider nur wenig ändern, da die wesentlichen Preisbestandteile Steuern / Abgaben, Energiebezug und Netzentgelte sind. Stattdessen würde es aber die Marktfähigkeit und letztlich den Bestand unseres Unternehmens gefährden.“

Dadurch wären unter anderem Investitionen in die Braunschweiger Energie- und Kommunikationsnetze sowie in die neuen Kraftwerke für eine sichere Versorgung und zur Umsetzung der Energiewende in Gefahr, sagt sie – ebenso wie Arbeits- und Ausbildungsplätze in Braunschweig.

Die geplanten Erhöhungen

Zum 1. April erhöht BS Energy die Preise für Strom und Gas. Zwei Beispiele:

Der Arbeitspreis Strom in der Grundversorgung steigt um 10,05 Cent pro Kilowattstunde. Ein Beispiel: In der Grundversorgung mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 2000 Kilowattstunden sind das laut BS Energy monatlich 16,75 Euro mehr. Das entspreche einer Erhöhung von rund 29 Prozent gegenüber den seit Februar 2021 geltenden Preisen.

Der Arbeitspreis Gas in der Grundversorgung wird laut BS Energy um 4,0 Cent pro Kilowattstunde erhöht. Bei einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 11.700 Kilowattstunden steigen die Kosten in der Grundversorgung damit um 39 Euro im Monat. Das entspreche einer Erhöhung von rund 39 Prozent gegenüber den Preisen, die seit 1. Februar dieses Jahres gelten. Laufende Verträge mit einer Preisgarantie werden nicht angepasst.