Braunschweig. Schüler, Eltern und Kollegium der Schule in Braunschweig werden von Notfallpsychologen betreut. Am Donnerstag war ein Elfjähriger gestorben.

Am Tag nach dem schockierenden Straßenbahn-Unglück in der Braunschweiger Nordstadt lagen Blumen an der Unglücksstelle, brannten Trauerkerzen, war auf einer kleinen, handgeschriebenen Tafel zu lesen: „Wir werden Dich niemals vergessen! Alle Kinder, Eltern und Lehrer der Astrid-Lindgren-Schule“.

Getrauert wird um den elfjährigen Jungen, der – wie berichtet – am Donnerstagnachmittag an der Straßenbahnhaltestelle Siegfriedstraße im Bereich Bienroder Weg/Ottenroder Straße gestürzt und unter eine langsam einfahrende Tram der Linie 2 geraten war. Viele Mitschüler hatten dies unmittelbar mitangesehen und erlitten einen Schock.

Die Schüler wollten mit Bus und Tram zur Wasserwelt

Auch am Tag danach hält dieser Schock an, die Astrid-Lindgren-Schule befindet sich im Ausnahmezustand.

Die zuständige Pressestelle des Landesschulbehörde in Lüneburg teilte unserer Zeitung auf Anfrage mit: „Der tragische Unfall hat die ganze Schulgemeinschaft sehr mitgenommen, insbesondere die Augenzeugen. Unser Hauptaugenmerk liegt momentan darauf, Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und auch die Eltern mit allen uns zur Verfügung stehenden Kräften zu beraten und zu unterstützen, unter anderem notfallpsychologisch. Daher bitten wir um Verständnis, dass noch nicht alle Details bekannt sind und wir dementsprechend auch noch nicht alle Fragen beantworten können. Sobald es möglich ist, werden wir die Schulleitung um einen Bericht zu den Geschehnissen bitten.“

Bei einem schweren Unfall mit einer Straßenbahn starb am Donnerstag ein 11-jähriges Kind.
Bei einem schweren Unfall mit einer Straßenbahn starb am Donnerstag ein 11-jähriges Kind. © Jörg KogliN

Am späten Abend zuvor hatte die Polizei mitgeteilt, dass es sich bei der betroffenen Schule um die Astrid-Lindgren-Schule handelt. Diese Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen teilt sich das Gebäude am Tostmannplatz mit der Grundschule Schunteraue. Die Schüler der Astrid-Lindgren-Schule kommen aus allen Teilen der Stadt. Es gibt als besonderes Angebot die Offene Ganztagsschule, in deren Rahmen am Nachmittag auch Freizeitangebote wahrgenommen werden können.

Das war passiert

Nach Informationen unserer Zeitung, die sich aus Berichten der Polizei, Informationen aus Kreisen der Feuerwehr und eigenen Erkenntnissen speisen, kann folgendes Geschehen rekonstruiert werden:

Die rund 20-köpfige Schülergruppe der Astrid-Lindgren-Schule bricht am Donnerstagnachmittag zur Wasserwelt an der Hamburger Straße auf. Sie steigt um 14.11 Uhr am Tostmannplatz in den Bus der Linie 436. Über Schuntersiedlung geht es auf dem Bienroder Weg zur Haltestelle Siegfriedstraße, Ankunft laut Fahrplan 14.14 Uhr.

So ereignete sich der Straßenbahnunfall.
So ereignete sich der Straßenbahnunfall. © Jürgen Runo | Jürgen Runo

Die Gruppe muss den Bienroder Weg hier nun in Richtung Ottenroder Straße überqueren, wo sie die Tram der Linie 2 in Richtung Gesundheitsamt (Wasserwelt) nehmen will, Abfahrt 14.25.

Als aus der Gegenrichtung die vom Siegfriedviertel kommende Tram der Linie 2 einfährt (laut Fahrplan 14.16 Uhr), wartet die Schülergruppe auf dem sogenannten Hochbord offenbar die Durchfahrt ab. Der 11-Jährige gerät hier aus ungeklärter Ursache ins Straucheln und fällt aufs Gleis direkt vor die langsam einfahrende Straßenbahn. Für ihn kommt jede Hilfe zu spät.

Notfallpsychologen und Seelsorger sind im Einsatz.

Was sich dann abspielt, wird von Beobachtern als traumatisch geschildert. Die Kinder werden von Beginn an auch seelsorgerisch betreut – und zwar in der vertrauten Umgebung ihrer Schule am Tostmannplatz. Zu den Feuerwehrseelsorgern stoßen am Abend auch zwei Notfallpsychologinnen der Landesschulbehörde hinzu. Bis in die Nacht ist man hier im Einsatz.

Auch am nächsten Morgen, Freitag, wird die Astrid-Lindgren-Schule mit Schülern, Eltern, Kollegium und Schulleitung von vier Notfallpsychologinnen der Landesschulbehörde betreut und unterstützt. Unterricht findet von der 1. bis zur 4. Stunde statt. Schulbehördensprecherin Bianca Trogisch: „Dies ist auch wichtig, um die betroffenen Schülerinnen und Schüler mit dem Geschehen nicht allein zu lassen, sondern ihnen Gelegenheit zu geben, gemeinsam und mit professioneller schulpsychologischer Betreuung zu trauern und zu verarbeiten.“

Die Klassenlehrkräfte seien in einer Besprechung vor Unterrichtsbeginn auf die Situation vorbereitet und in den besonders betroffenen Klassen von Schulpsychologinnen begleitet worden.

Darüber hinaus hätten die Notfallpsychologinnen die Schulleitung auch beim Verfassen eines Elternbriefes unterstützt. Am Montag werde es „eine weitere Nachbetreuung der direkt am Unfallgeschehen beteiligten Schülerinnen und Schüler (Augenzeugen) geben“.