Braunschweig. Der Bezirksrat will einen Fußweg erneuern und 40 Robinien fällen lassen. Warum die Stadtverwaltung das kategorisch ablehnt.

Was ist wichtiger: Einen Fußweg erneuern ­­– oder 40 alte Bäume erhalten? Der Bezirksrat der Weststadt entschied sich einstimmig für einen neuen Fußweg. Doch aus diesem Vorhaben wird nichts.

Seit Jahren gibt es Klagen von Anwohnern der Nahestraße, die ihren alten Fußweg vermissen. Der war einst adrett gepflastert. Doch was die Planer vor 40 Jahren nicht bedachten: Pflanzt man Robinien an den Rand des Fußwegs, dann sorgen die Wurzeln dafür, dass keine Gehweg-Platte hält. Im Wurzelbereich mussten die Platten durch Splitt ersetzt werden. Denn Splitt gibt nach. Der einst adrette Gehweg entlang von Nahe- und Lippestraße wurde zur Mini-Berg-und Tal-Bahn. Wer nicht aufpasst, trägt mit den Schuhen den Splitt in die Wohnung und zerkratzt den Fußboden.

Gleich an mehreren Straßen der Weststadt ist das so. Im Jahr 2015 gab es den ersten Anlauf, daran etwas zu ändern. Die Verwaltung sperrte sich. Als im Jahr 2017 auf dem Hagenmarkt bei Sturm reihenweise die Robinien fielen, fielen auch zwei Robinien an der Nahestraße. Der Ärger über den Splitt-Fußweg wurde um Sicherheitsbedenken ergänzt. Am Ende beschloss der Bezirksrat nun: Keine Robinien, Schluss mit Splitt! Ein neuer Fußweg soll gebaut werden. Wenn dazu Bäume fallen müssen, dann müssen eben die Bäume fallen. Sogar einen Zeitplan gab es: 2020 sollte gerodet und gebaut werden. Braunschweigs Baumschützer protestierten.

Nun ein Ortstermin in der Nahestraße und die Kehrtwende. Grund, so die Stadtverwaltung auf Anfrage: Der Bezirksrat verfüge „nicht über das Recht zu entscheiden, ob und in welcher Weise Straßen oder Gehwege erneuert werden sollen“. Das Votum sei darum nur als „Anregung“ zu werten. Dieser Anregung werde die Stadtverwaltung nicht folgen. Denn: „Der alte Robinien-Bestand ist mit Ausnahme von zwei Bäumen vital und augenscheinlich verkehrssicher. Es besteht deshalb zurzeit keine Veranlassung, die Bäume im kompletten Straßenzug zu fällen.“ Darüber hinaus „erbringen die Bäume durch Staubbindung, Sauerstoff-Produktion, Bindung von Kohlenstoffdioxid oder als Schattenspender wertvolle Ökosystem-Dienstleistungen für das Stadtklima“. Das war bereits die Position der Verwaltung im Jahr 2015.

An der Nahestraße werde sich dennoch etwas tun: „An zwei Robinien wurden Schadsymptome festgestellt, die eine Fällung der beiden Bäume zum Erhalt der Verkehrssicherheit im Winterhalbjahr erforderlich macht.“ Nachgepflanzt werden aber keine Robinien, sondern Lederhülsenbäume. Einige von ihnen stehen bereits an der Nahestraße.

Bezirksbürgermeister Ulrich Römer sagt dazu: „Unsere Möglichkeiten, den Wünschen der Anwohnern nachzukommen, sind damit erschöpft.“ Für die nächste Bezirksratssitzung sei eine Stellungnahme der Verwaltung angekündigt. Römer: „Wir haben darum gebeten, dass Ansprechpartner im Rathaus genannt werden, an die sich die Anwohner wenden können.“

Baumschutz-Sprecherin Sabine Sambou sagt: „Wir freuen uns darüber, dass die Stadtverwaltung die Wohlfahrtswirkung der alten Bäume betont. Gerade bei den zurzeit hohen Temperaturen sind Bäume wichtig. Ihr Erhalt sollte eine höhere Priorität haben als bislang.“