Braunschweig. Bei der Tafel gibt es einen Wechsel. Geschäftsführer Alfred Huge zieht sich nach 23 Jahren zurück, an seine Stelle rückt Nicoline Leven.

Stellen Sie sich einmal vor, es gäbe eine Organisation, die 150 Leute beschäftigt, die täglich in der ganzen Stadt bis zu 1,5 Tonnen Lebensmittel einsammeln und verteilen. Und das tun sie, ohne damit Geld zu verdienen.

Unglaublich. Stellen Sie sich weiter vor, dass damit verhindert würde, dass diese unfassbaren Mengen wertvoller Lebensmittel aus Läden und Supermärkten einfach im Müll landen. Und denken Sie nun einmal daran, wie wichtig es sein könnte, 400 Menschen am Tag mit diesen Lebensmitteln satt zu machen ...

Ziemlich unwahrscheinlich. Und wenn es das nicht gäbe, man müsste es glatt erfinden.

Nicht nötig in Braunschweig, denn da gibt es die Braunschweiger Tafel bereits! Es ist ein Umschlagplatz der Hilfe. Ein Markt der Menschlichkeit. Es ist eine kostbare Drehscheibe der Ethik und der Gerechtigkeit. Denn wertvoll produzierte Lebensmittel sind eben kein Müll. Und Eltern, die ihren Kindern kein vernünftiges Essen auf den Tisch stellen können, sie sind nicht glücklich.

Eine lange Schlange wartet schon vor der Eingangstür.

Also ist einer wie Alfred Huge (76) jetzt schon seit 23 Jahren damit beschäftigt, das Unwahrscheinliche zu organisieren. Das Wünschenswerte. Das Notwendige. Der Geschäftsführer ist gleichzeitig das Gesicht des eingetragenen Vereins Braunschweiger Tafel. 20 bis 25 Wochenstunden im Einsatz, alles ehrenamtlich. So wie der Einsatz von täglich 25 bis 30 Menschen, damit die Tafel liefern kann.

Sie muss liefern und will es – Hilfe für insgesamt 1200 Menschen in dieser Stadt, die es nötig haben. Menschen, von denen man gern im Zusammenhang mit „sozialen Sicherungssystemen“ spricht. Menschen mit Berechtigungsschein. Es sind übrigens 1200, an denen weitere 5000 hängen. Kinder, Ältere, Schwache, Abhängige ...

Eine Gesellschaft ist so stark, wie sie mit ihren Schwächsten umgeht, das weiß Alfred Huge, bis 2002 beruflich Diakon und Diakoniebeauftragter der Landeskirche. Da organisiert man dann eben, wie der helfende Mensch und der hilfesuchende Mensch zusammenkommen. Möglichst effizient, möglichst reibungslos. Und Alfred Huge, Vollwaise seit dem Alter von 4, weiß schon, wie es ist, „wenn man wenig hat und hilfesuchend vor der Tür steht“.

Eine lange Schlange steht auch an diesem Morgen vor der Tafel in der Goslarschen Straße. Es gibt Neuigkeiten. Alfred Huge, das Gesicht der Tafel, wird sich zurückziehen. Gesundheitlich angeschlagen, das erzählt er uns, will und muss er kürzertreten. Allerdings: „Wenn ich gebraucht werde, bin ich noch da.“

Das sieht ihm ähnlich. Und auch, dass mit Nicoline Leven (57) bereits eine Nachfolgerin als ehrenamtliche Geschäftsführerin am Start ist, die seit 2017 für die Tafel im Einsatz ist. Die Fähigkeit, sehr unterschiedliche Menschen zu führen und für ein gemeinsames Ziel zusammenzuhalten, dürfte sie mitbringen: Sie war viele Jahre lang leitende Flugbegleiterin und Kabinenchefin bei Lufthansa auf Langstreckenflügen.

Spender und Ehrenamtliche werden immer gesucht.

Außerdem geht es natürlich um Spenden. Die sind das A und O. Die Tafel erhält schließlich keine Zuwendungen vom Staat, muss alle Kosten für Fahrzeuge, Sprit, Versicherungen, Heizung, Kühlung über Spenden und Sponsoren hereinholen, weiß Bernd Assert, der Vorstandsvorsitzende des Vereins. Außerdem – neue ehrenamtliche Mitstreiter werden immer gesucht.

Ein klarer Auftrag an Nicoline Leven. Aber mit ihrem gewinnenden Wesen wird sie das schon machen. Es gibt Großspender, Privatpersonen, Belegschaften, die finanziell helfen. Supermärkte und Drogerien, Lebensmittelhersteller, Händler, Bäckereien, Obst- und Gemüsehändler, die Lebensmittel beisteuern. So weit, so gut. Bloß, dass die Leute von der Tafel eben nicht von Alba kommen. „Wir sind keine Müllentsorger“, stellt die neue Geschäftsführerin klar.

Machen wir es kurz. Braunschweiger Tafel? Gut und wichtig. Hier das Spendenkonto:

Braunschweigische Landessparkasse, IBAN DE 83 2505 0000 0000 1111 20

Mail: info@braunschweiger-tafel.de

Telefon: (05 31) 30 20 40