Braunschweig. Helmut und Monika Krause-Krull haben eine Leidenschaft: den Harzklub. Dafür bessern sie auch ihre Rente auf.

Sie bessern ihre Rente auf, na und? Seit 14 Jahren putzen Monika Krause-Krull und ihr Mann Helmut zweimal die Woche Treppenhäuser. 350 Euro monatlich bekommen sie dafür. „Meine Rente ist nicht so hoch“, sagt Monika Krause-Krull. Die 75-Jährige arbeitete früher als Verwaltungsangestellte beim Finanzamt. Halbtags.

Ihr Mann ging mit 58 Jahren bei VW in den Vorruhestand. Der gelernte Schlosser hilft ihr bei ihrem Nebenjob im Auftrag einer Hausverwaltungsfirma. Er ist einer, der auf die Menschen zugeht, mit den Mietern in den drei Mehrfamilienhäusern plaudert, gern mal einen Witz erzählt. „Ich muss ihn immer bremsen“, lächelt seine Frau. Aber es sei eigenartig; „Wir sind da wie zu Hause.“

Die Krulls sind gesellige Menschen. Seine 84 Jahre sieht man Helmut Krull kaum an. Nur der Rücken macht ihm inzwischen zu schaffen. Eine Operation hat er schon hinter sich. Ihr Haus in Broitzem haben sie vor einer Weile gegen eine Wohnung mit Balkon und Blick ins Grüne getauscht. „Harzklub“ steht am Türschild. Die Wohnung der Krulls ist Geschäftsstelle des Vereins, der in Braunschweig rund 240 Mitglieder zählt. Der Harzklub ist auch der Grund, warum sich das Rentner-Ehepaar etwas dazuverdient.

Denn von ihrer Rente können beide zwar leben, aber die einwöchige Fahrt ins Altmühltal, die Wandertouren bei Hötensleben, Westerburg, im Deister und im Harz, die Tagesfahrt nach Hamburg mit Besuch der Elbphilharmonie – all das kostet Geld. Und das Paar lässt so gut wie keine Tour aus.

„Wir wollen die Zeit ausnutzen, solange es geht“, sagt Monika Krause-Krull, die in Hohegeiß aufgewachsen ist und ihren Mann mit ihrer Liebe zum Harz angesteckt hat. In den Harzklub sind sie eingetreten, „damit wir im Alter nicht mal allein dastehen und versauern“, erklärt Helmut Krull, den es in jungen Jahren eher zur See gezogen hatte. Nur aus dem Fenster zu gucken und nichts zu tun zu haben? Dafür fühlen sich beide nicht geschaffen.

Im Verein übernahmen sie Ehrenämter. Helmut Krull war 19 Jahre Vorsitzender und ist nun Ehrenvorsitzender, seine Frau organisiert als Wanderwartin alle Touren und Fahrten, Spielenachmittage und auch die Seniorenspaziergänge zwischen fünf und zehn Kilometern, von denen es immer mehr gibt. „Das Durchschnittsalter der Mitglieder beträgt inzwischen 76 Jahre. „50-Jährige sind bei uns jung“, sagt Monika Krull. Wer im Verein gar nicht mehr wandern kann, nimmt an Bus-Ausflügen teil.

Das pralle Programm, in das Monika Krause-Krull viel Zeit investiert, fasst ihr Mann am Computer in einer handlichen und liebevoll illustrierten Broschüre zusammen. Die Computer-Arbeit hält seinen Kopf in Gang, das Wandern den Körper.

Im Leben des Ehepaars gibt es keinen Tag ohne Harzklub. Nur abends ist Schluss. Ab 20 Uhr schaltet Helmut Krull das Telefon aus.

Ist er ein Rentner im Unruhestand? Dieses Schlagwort mag er nicht. „Das ist unser Leben. Es hilft uns, mit unserem Alter besser fertig zu werden. Man hat noch immer Aufgaben. Sonst würde es trist werden.“ Jeden Sonntag auf dem Sofa zu bleiben, „da wäre ich unglücklich“, bestätigt Monika Krause-Krull.

Am Wandern mögen sie die Natur, die frische Luft, das Gefühl, frei zu sein. „Die Geselligkeit gehört auch dazu.“ Letztes Jahr waren sie – schon von Ehrenamts wegen – bei fast jeder Veranstaltung der Braunschweiger Vereins-Zweigstelle dabei.

Wenige sind das nicht. Wer mag, kann am Donnerstag zum Senioren-Stammtisch gehen, am Freitag zum Singkreis, am Samstag 40 Kilometer radeln und am Sonntag früh zur Tageswanderung aufbrechen – um mal eine Mai-Woche aus dem Jahresprogramm herauszugreifen.

Wie der Harzklub gehört längst auch der Job auf 450-Euro-Basis inklusive Schwätzchen mit den Mietern zu ihrem Leben. „Wenn wir dort nicht hingehen“, sagt Helmut Krull, „dann fehlt uns was.“