Braunschweig. Für die „WIR eG“ arbeiten Frauen, die auf flexible Arbeitszeiten angewiesen sind.

Es gibt Phasen im Leben, in denen man nicht so flexibel und kompromisslos seine Kraft in den Job stecken kann wie sonst – zum Beispiel, wenn man kleine Kinder hat oder einen Angehörigen pflegt.

Längst nicht alle Arbeitgeber haben dafür Verständnis und wollen oder können flexibel damit umgehen. Mancher Arbeitnehmer ist gezwungen, sich nach einem neuen Job umzusehen – so wie Sabine Schrodetzki (49) und Katharina Didzun (37). In ihrem „früheren Leben“ arbeitete die eine als Kosmetikerin, die andere als Tierarzthelferin. Bei beiden änderte sich die Lage, als sie zum ersten Mal Mutter wurden. Teilzeit war in ihren Betrieben nicht möglich. Beide testeten über die Jahre verschiedene Möglichkeiten aus – vom Minijob bis zum Call-Center.

Am Ende landeten beide bei der „WIR eG Braunschweig“. Die Genossenschaft wurde 2006 gegründet, in Zeiten der „Ich-AGs“. Die meisten Gründungsmitglieder waren etwas älter und erwerbslos. Ihr gemeinsames Ziel war es, wieder in Lohn und Brot zu kommen.

Die „WIR eG“ bietet haushaltsnahe Dienstleistungen an: Die Mitarbeiter gehen für die Kunden einkaufen, betreuen Kinder, gehen im Haushalt zur Hand und unterstützen im Alltag. 37 Frauen sind mittlerweile dort beschäftigt, die meisten in Teilzeit.

„Zu uns kommen zum Beispiel ältere Frauen, die eigentlich keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt hätten, aber mit viel Lebenserfahrung sehr gute Arbeit leisten. Und jüngere Frauen, die familienbedingt nur wenige Stunden zu festen Zeiten arbeiten können“, sagt Jutta Jetzke vom Vorstand der „WIR eG“.

Sabine Schrodetzki kam, als ihr zweites Kind vier Jahre alt war. Ihr Sohn hatte einen Platz im Waldkindergarten, die Betreuung war bis mittags gesichert. „Am Nachmittag wollte ich für ihn und meine Tochter, die damals 14 Jahre alt war, da sein“, erzählt sie. Mit 15 Stunden stieg sie ein. „Ich habe mir das lange überlegt, ob ich das wirklich will, ob ich auch in der Lage wäre, bei fremden Menschen die Toilette zu putzen“, sagt sie. Das sei keine leichte Entscheidung gewesen: „Nicht die Arbeit an sich war das Problem. Aber wenn man erzählt, dass man putzen geht, wird man komisch angeguckt.“

Sie sah in dem Job aber die Chance, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bekommen. „Je älter meine Kinder wurden, desto mehr Stunden habe ich gearbeitet“, sagt sie. Mittlerweile ist sie bei 35 Stunden die Woche und arbeitet ausschließlich im Büro der „WIR eG“. Sie ist froh, diese Chance bekommen zu haben: „Schrittweise die Arbeitszeit wieder aufstocken zu können, das war toll“, sagt sie dankbar.

Katharina Didzun sieht das ähnlich. Sie ist alleinerziehend, ihre Kinder sind 8 und 11 Jahre alt. Immer wieder hatte sie Jobs, bei denen sie auch am Wochenende und bis in den Abend hinein arbeiten musste. „Die Kinder musste ich dann immer wegorganisieren. Das wollte ich nicht mehr.“

Jetzt arbeitet sie zu ihren Wunschzeiten. „Ich muss mittags zu Hause sein, sonst steht mein Kind vor der Tür. Das ist ein ungeheurer Druck.“ Aber es klappt. „Nachmittags habe ich sogar Zeit, zum Fußballtraining zu gehen. Das ist Luxus“, sagt sie und lacht. Nur die Ferien, räumt sie ein, die seien noch immer schwierig zu organisieren. „Bei der ‘WIR eG’ haben wir immer eine Lösung gefunden. Und ich weiß: Das ist keine Selbstverständlichkeit!“