Braunschweig. Das Kohle-Heizkraftwerk wird vom Netz gehen. Bis Ende 2022 sollen neue Anlagen am Start sein: Fernwärme und Strom aus Altholz und Erdgas.

Der Energieversorger BS Energy steht vor seiner bislang größten Investition: Für 220 Millionen Euro will das Unternehmen in den nächsten Jahren die Erzeugung von Wärme und Strom modernisieren und umweltfreundlicher machen. Geplant ist, dass bis Ende 2022 ein Biomasse-Heizkraftwerk und ein Gasturbinen-Heizkraftwerk am Netz sind. Der Kohleausstieg in Braunschweig ist damit endgültig besiegelt – das alte Kraftwerk soll dann abgeschaltet und abgerissen werden.

Wie BS Energy mitteilt, hat der Aufsichtsrat dem Vorhaben am Mittwoch zugestimmt. Damit besteht nun Klarheit, wie es konkret weitergehen soll. Drei Jahre lang hatte das Unternehmen verschiedene Optionen geprüft.

Zuletzt waren drei Modelle im Gespräch: 1. Der Bau einer Abwärmeleitung vom Stahlwerk in Salzgitter bis in die Weststadt – kombiniert mit dem Bau eines Biomasse-Heizkraftwerkes für Altholz. 2. Die Abwärmeleitung kombiniert mit dem Bau eines Gasturbinen-Heizkraftwerks. 3. Die Kombination aus Biomasse-Anlage und Gasturbine, die es nun werden soll.

Wie der Vorstandsvorsitzende Julien Mounier erläutert, habe man sich damit für das ökonomisch sinnvollste und zukunftsfähigste Szenario entschieden – und gleichzeitig werde die Energieerzeugung grüner. „Zudem gelingt es uns mit dieser Lösung, möglichst viele Arbeitsplätze am Standort Braunschweig zu sichern“, so Mounier.

Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Paul Anfang betont: „Das ist unser Beitrag zur Energiewende für Braunschweig: Wir sichern nicht nur die Strom- und Wärmeversorgung, sondern tragen vor allem zu einer sehr deutlichen Reduzierung von Treibhausgasen und Luftschadstoffen im Vergleich zum Ist-Zustand bei – zumal wir bereits heute geltende Grenzwerte unterschreiten.“

Die Festlegung auf die neue Erzeugungsstrategie ist ein wichtiger Teil der künftigen Ausrichtung von BS Energy. Ein weiterer entscheidender Schritt war vor wenigen Monaten der Einstieg der Thüga AG. Das Unternehmen hat bundesweit rund 100 Minderheitsbeteiligungen an Stadtwerken und ist das größte kommunal ausgerichtete Netzwerk von Energie- und Wasserdienstleistern in Deutschland.

Die Thüga hat einen Anteil von 24,8 Prozent an BS Energy erworben. Veolia ist weiterhin Mehrheitsgesellschafter und hat jetzt 50,1 Prozent. Der Anteil der Stadt Braunschweig liegt unverändert bei 25,1 Prozent.

Oberbürgermeister Ulrich Markurth, der auch den Vorsitz im Aufsichtsrat von BS Energy innehat, hatte sehr für den Einstieg eines dritten Partners bei BS Energy geworben. Zum einen wollte er damit den kommunalen Einfluss im Unternehmen stärken, zum anderen soll auf diese Weise zusätzliches Know-how zu Kohleausstieg, Digitalisierung und Elektromobilität hereinkommen.

Veolia hat sich darauf eingelassen und außerdem den millionenschweren Investitionen zugestimmt, um das Kohlekraftwerk stillzulegen und Wärme und Strom umweltfreundlicher zu produzieren. Darüber hinaus hat die Stadt mit Veolia vereinbart, dass BS Energy das Glasfasernetz weiter ausbaut, Neubaugebiete an das Fernwärmenetz anschließt, die Infrastruktur für Elektromobilität erweitert und flächendeckend intelligente Messgeräte bereitstellt. Insgesamt geht es dabei um Investitionen von mehr als 300 Millionen Euro innerhalb der nächsten vier Jahre.

Ein extrem umfangreiches Programm – und eine weitere Herausforderung steht noch bevor: die Vergabe der Konzessionen für das Strom- und das Gasnetz. BS Energy betreibt diese Netze ebenso wie das Wasser- und das Fernwärmenetz und zahlt dafür jährlich rund 12 Millionen Euro an die Stadt. Alle Konzessionen laufen im Jahr 2020 aus. Die Konzessionen für Wasser und Fernwärme konnte die Stadt ohne Ausschreibung vergeben. Sie bleiben bei BS Energy. Die Konzessionen für das Strom- und Gasnetz müssen aber ausgeschrieben werden.

BS Energy wird sich wieder darum bewerben. Vorstandschef Mounier hat dazu schon vor geraumer Zeit gesagt: „Die Konzessionen sind das Herz von BS Energy. Sie sind lebenswichtig für das Unternehmen. Ohne sie wären wir zwar noch in der Lage, Strom und Gas an die Bürger zu verkaufen, aber wir könnten eben nicht mehr die Netze betreiben, und die Versorgungssicherheit hätten wir nicht mehr in der Hand. Wir sind mit unserem Team und mit unserer Marke so stark, weil wir alle Dienstleistungen aus einer Hand anbieten können.“

Ein ausführliches Interview mit Paul Anfang, dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden von BS Energy, können Sie hier lesen.

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