Braunschweig. Fast fünf Meter lang ist der Insignia Sports Tourer, der Oberklasse-Ansprüche zu Mittelklasse-Preisen erfüllen kann.

Was für eine Überraschung! Da steigt der Tester einige Tage lang mit zunehmendem Vergnügen in eine Kombi-Limousine. Fazit? Es könnte – subjektiv betrachtet – der beste Opel aller Zeiten ist. Welcher es ist? Der Insignia Sports Tourer, der seit ein paar Monaten auf dem Markt ist.

Dieses Modell berechtigt zu einigen hochfliegenden Hoffnungen für den Rüsselsheimer Traditionshersteller, der nun seit 1. August bekanntlich zum französischen PSA-Konzern (mit Peugeot und Citroën) gehört. Doch die positiven Zukunftsaussichten betreffen nicht allein den Typ Insignia, sondern das ganze Unternehmen Opel. Dafür gibt es Gründe.

Der Wechsel von GM zu PSA

Es ist ungewöhnlich, einen Fahrbericht mit einem Ausflug in die Unternehmensgeschichte zu beginnen. Aber in diesem Fall ist das nötig. Der Verkauf von Opel an die Franzosen bietet Chancen, weil der PSA-Konzern der deutschen Marke eine Umstrukturierung und einen Effizienzplan aufdrückt. Das ist erforderlich; denn Opel produzierte zu teuer und hat über Jahre hinweg Verluste gemacht.

Das war nicht unbekannt, hatte aber vor allem damit zu tun, dass die Konzernmutter General Motors in Detroit die Firma Opel seit Jahrzehnten gegängelt und technisch ausgebeutet hat. GM (seit 1929 im Besitz der Adam Opel AG) hat den deutschen Ableger nie selbstständig entscheiden lassen, oft auf „Billig-Bauweise“ bestanden und außerdem eine globale Ausrichtung von Opel verhindert. Da wird sich nun unter Führung der PSA-Gruppe, die vor Jahren selbst aus einer gründlichen Sanierung gestärkt hervorging, vieles ändern. Auch zum Positiven. Und darin liegt eine Chance für die deutsche Marke Opel.

Blick zurück: Einst knapp vor VW

Kaum zu glauben, dass Opel vor Jahrzehnten mal fast gleichauf mit Volkswagen lag. Der Opel Kadett (mit Frontmotor und Heckantrieb) war zum Beispiel bei seinem Debüt im Jahr 1962 ein äußerst fortschrittliches Kompaktmodell, dass dem VW Käfer ordentlich Konkurrenz machte. Zuvor hatte Opel schon mit dem Rekord einen Bestseller gestartet. Und wer weiß schon noch, dass Opel im Jahr 1972 auf dem deutschen Markt an Position Nummer eins vor Volkswagen lag? In der Luxusklasse jagte Opel dem Rivalen Mercedes mit den Modellen Diplomat, Admiral, Kapitän die Kunden ab und auch Ascona, Manta, Omega waren äußerst beliebt. Manche Typennamen – wie Vectra, Signum, Calibra – sind inzwischen fast vergessen. Opel, immerhin seit 1898 im Automobilgeschäft erfolgreich, schlitterte in den 1980er-Jahren durch zahlreiche Fehlentscheidungen von GM in Detroit von einer Krise in die andere. Die Defizite im Marketing, in der Modellentwicklung, in der Produktion und in der Qualitätssicherung häuften sich.

Als 2013 Karl-Thomas Neumann, der ehemalige Forschungs-Chef des VW-Konzerns, den Vorstandsvorsitz bei Opel übernahm, ging es in Rüsselsheim aufwärts. Aber es reicht noch nicht. 2017 nach der Übernahme durch PSA musste Neumann zwar gehen, doch einige sehr gelungene Modelle tragen seine Handschrift; der aktuelle Insignia gehört dazu.

Er kam 2008 (baugleich mit dem Buick Regal) erstmals auf den Markt. 2009 folgte eine Kombiversion, die nun nicht mehr (wie bisher) „Caravan“ hieß, sondern „Sports Tourer“. Und diese Variante wurde im Sommer 2017 nochmals aufgefrischt. Das Resultat lässt sich sehen: Mehr Komfort, mehr Platz, bessere Verarbeitung, günstige Preise.

Dieser fast fünf Meter lange Opel besticht nicht nur durch ein Top-Ladevolumen, sondern liegt auch in puncto Qualität etwa gleichauf mit Skoda Superb, Ford Mondeo oder Mazda 6. Lediglich der Passat-Kombi von VW ist einen Tick hochklassiger und etwas besser ausgestattet, aber eben auch deutlich teurer. Komfort und Handling dieses Sports Tourers sind so überzeugend, dass man ihn als sehr angenehmes, gemütliches und relativ sparsames Langstreckenauto bezeichnen kann.

Rabatte können Vorteile bieten

Mehr noch: Dieser Insignia-Kombi erfüllt diverse Oberklasse-Ansprüche zu Mittelklasse-Preisen. 27 000 Euro kostet der billigste Insignia. Die heutigen Rabatt-schlachten machen es möglich, dafür vielleicht sogar die Variante mit dem Namen „Business Innovation“ zu ergattern. Dann hätte man zum Beispiel Lederpolsterung, LED-Matrix-Licht, Head-up-Display, Navi, Abstands-Tempomat und andere Extras. Kurz: Ein Top-Mittelklasse-Modell.