Braunschweig. Was 1975 als Kompromiss begann, ist längst ein Bestsellergeschäft für VW. Der Polo sechster Generation fährt sich fast wie ein Golf.

Er ist fast schon ein Golf, dieser neue VW-Polo. Und so fährt er sich auch. So ein Urteil sagt viel, denn der Golf zählt nach wie vor zur Champions League der Autowelt. Der Polo Jahrgang 2017, inzwischen längst über die Viermeter-Marke hinausgewachsen, bietet spürbar mehr Platz als sein Vorgänger und hat satte

20 Prozent mehr Kofferraumvolumen. Er ist erstklassig verarbeitet, komfortabel und nicht überteuert. Ab 13 000 Euro ist er im Handel zu haben.

Trotz harter Konkurrenz durch Ford Fiesta, Opel Corsa oder Kia Rio behauptet der Polo mit Sicherheit nach wie vor Rang 1 im Segment der Kleinwagen. Auch das Magazin „auto, motor und sport“ kam in seinem aktuellen Test zu dieser Bewertung. Der

Polo ist mit 15 Millionen Exemplaren schon bisher einer der meistverkauften Kleinwagen der Welt, und er dürfte es bleiben.

Ist die Bezeichnung „Kleinwagen“ überhaupt noch gerechtfertigt? Kennzeichnet sie nicht eher ein Modell wie den VW Up? Vielleicht findet sich mal eine neue, eine zeitgemäße Bezeichnung für diese Kategorie von Fahrzeugen. Denn: Kleinwagenhaft ist der Polo nun längst nicht mehr.

Eher lässt sich sagen, dass er auf ähnlichem Niveau liegt wie der Golf vor einem Jahrzehnt. Und wenn wir schon einen Blick zurückwerfen, dann auch gleich in jene Zeit, als alles begann. Der Autozwerg Polo wurde erstmals 1975 präsentiert. Eigentlich war dieser Volkswagen von damals ein kompletter Audi 50. Der Grund? Die Wolfsburger Marke – damals gerade ihrer wohl schwersten Existenzkrise entkommen – brauchte unterhalb des exzellent einschlagenden Typs Golf (Premiere 1974) dringend noch einen kleinen Wagen mit Frontantrieb. Und so übernahm Wolfsburg kurzerhand den fix und fertigen Winzling aus Ingolstadt und versah ihn lediglich mit den VW-Emblemen. So begann die Erfolgsgeschichte vom VW-Polo.

Jener gute, alte, von einem 40-PS-Motörchen angetriebene Ur-Polo – man glaubt es heute kaum – wog vollgetankt nur 700 Kilogramm. Er brachte damit rund 450 Kilo (also neun Zentner!) weniger auf die Waage, als der Polo von 2017. Dessen Gewicht liegt nämlich bei 1160 Kilo. Dafür besticht er aber – im Gegensatz zum Polo der ersten Generation – durch seine Sicherheit und seine Langlebigkeit; denn das Ur-Modell rostete den Besitzern damals so quasi unterm Hintern weg. Diese Zeiten sind lange vorüber.

Fahreindrücke im neuen Polo? Hinter dem Lenkrad stellt sich sofort ein Gefühl von Solidität ein. Alles wirkt fest, straff und hochwertig. Das Lenkrad liegt gut in der Hand, alle Schalter rasten sauber und knackig ein, die Sitze sind körpergerecht gepolstert und bequem. Der Wagen ist übersichtlich, handlich, leise, und das Armaturenbrett ist (ab der Ausstattungslinie Comfort) auch weich geschäumt (statt Hartplastik).

Der Dreizylindermotor brummt kraftvoll-sonor, aber keinesfalls störend. Eher angenehm. Die Motorleistung reicht völlig aus. Mehr Power ist nicht notwendig. Oder falls doch, dann steht in Kürze der Polo GTI mit 200 PS startbereit da. Den Polo gibt es jetzt ausschließlich als Viertürer (natürlich mit Heckklappe); die Zweitürer-Version wurde in letzter Zeit nur noch von etwa 15 Prozent der Kunden gewünscht.

Keine Frage: Auch der neue

Polo ist eine Art „fahrendes Smartphone“. Der Navi-Monitor liegt hinter einer dunklen Glasscheibe; das digitale Kombi-Instrument ist eindrucksvoll, alle Infos sind top ablesbar. Über die Schnittstelle Apple Car Play,

Android Auto sowie Mirror Link

lassen sich diverse Handy-Apps auf dem Bordmonitor zeigen und auch (legal!) während der Fahrt bedienen. Übrigens: In der Mittelkonsole abgelegte Handys werden kontaktlos aufgeladen, sofern sie den Qi-Standard unterstützen.

Schon das Basismodell bietet elektronische Helfer wie Front-Assist mit Fußgänger-Erkennung oder Kollisionsbremse. Die Extra-Reihe der Assistenzsysteme ist lang. Beim Thema Connectivity verzichtet VW beim Polo zurzeit noch auf permanente Online-Anbindung über fest verbaute Sim-Karten. Auch dies sollten Digital-Freaks wissen: Wer Echtzeit-Staudienste nutzen möchte, muss entweder sein Handy als Datenmodem einspannen oder einen LTE-Stick in die USB-Schnittstelle stecken.

Der Verbrauch: Unser Schnitt (bei einem Mix von Landstraße und Autobahn) lag bei 6,1 Litern Super auf 100 Kilometer (Tankinhalt 40 Liter); das ermöglicht eine Tour von Braunschweig bis München ohne Tankstopp.

Insgesamt betrachtet? Ein sympathisches Modell. Und eine ganz subjektive Einschätzung noch dazu: Mehr Auto braucht man eigentlich nicht.