Bad Sachsa. Wasser rauscht seit Mitte Dezember täglich in das Museum in Bad Sachsa. Der Vorstand sieht als Lösung des Problems nur diesen Schritt.

Geschichte wiederholt sich – dass das alles andere als eine bloße Floskel ist, zeigt sich gerade im Erstarken des Rechtsextremismus in Deutschland. In Bad Sachsa hingegen wiederholt sich aktuell ein Problem, dass das Grenzlandmuseum Bad Sachsa erneut vor das Aus stellen könnte. Bereits im Jahr 2015 sorgten Probleme an der damaligen Bausubstanz und rechtliche Auflagen im DorfgemeinschaftshausTettenborn dafür, dass die Einrichtung nach Bad Sachsa umziehen musste.

Doch auch hier holen den betreibenden Förderverein wieder Probleme am Gebäude ein. Wasser dringt durch das marode Dach und Mauerwerk seit Monaten massiv in das ehemalige Haus des Gastes ein. Die Konsequenz ist, dass das Grenzlandmuseum bereits seit Mitte Dezember 2023 für die Öffentlichkeit geschlossen werden musste. Ob es wieder aufmachen kann, ist von mehreren Faktoren abhängig. Der Vorstand des Fördervereins sieht die Zukunft jedenfalls mehr wie nur düster, wie er im Gespräch mit dem Harz Kurier erklärt. Er wird deshalb einen Schritt vorschlagen, der die Museumswelt von Bad Sachsa nachhaltig erschüttern könnte.

Wasser und Schimmel im Grenzlandmuseum Bad Sachsa: So schlimm ist die Lage

Es ist Anfang Januar 2024, als Uwe Oberdiek, Vorsitzender des FördervereinsGrenzlandmuseumBad Sachsa, unsere Redaktion im Museum zum Gespräch begrüßt. Und im Versammlungsraum bzw. Café ist das Problem gleich erkennbar. Tapete löst sich aufgrund des Wassereintritts von den Wänden, Eimer stehen herum und sammeln Tropfen von der Decke ein. All das ist aber noch nichts zu dem, was im Keller in einem der Lagerräume passiert. Seit Oktober 2023 läuft dort rund um die Uhr ein Luftentfeuchter, der täglich fünf Liter Wasser aus der Luft entzieht. „Hier bitte nicht einatmen“, betont Uwe Oberdiek ehe er den Raum öffnet. In der Hochphase hätte hier eine Luftfeuchtigkeit von 82 Prozent geherrscht, „Schimmel bildet sich bereits ab 70 Prozent.“

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Aber woher kommt das ganze Wasser: Zum einen, so erklärt der Museumsvorsitzende, verfüge das Gebäude nach seinen Informationen über keine Drainage, sprich Wasser könne aus dem Boden in das Gemäuer eindringen. Zum anderen sei das Dach seit geraumer Zeit marode, eine grundlegende Reparatur bislang aber ausgeblieben. Inhaber des Gebäudes, für das der Förderverein auch Miete zahlt, ist die Bad Sachsa Holding, mit der der Vorstand des Vereins auch im Gespräch zu möglichen Reparaturen ist. „Wann dies erfolgen kann, ist uns aber völlig unbekannt, sodass wir erst einmal schließen mussten, da das Problem mit dem Schimmel verbietet, Gäste in das Gebäude zu lassen. Auch die Nutzung des Untergeschosses als Mehrzweckraum und Depot ist eigentlich ausgeschlossen.“

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Diese Sorge hatte der Vorstand auch bereits bei einer internen Sitzung bzw. Begehung im November 2023 dem Bauausschuss der Stadt Bad Sachsa, an der auch der Geschäftsführer der Bad Sachsa Holding teilnahm, genannt. Auch über Zahlen habe man bei dem Treffen gesprochen: Etwa 50.000 Euro seien für die Reparatur des Daches genannt worden, sowie Gelder zwischen 400.000 und 500.000 Euro für eine richtige Sanierung von Dach und Drainage. „Diese Gelder konnten natürlich nicht im Haushalt der Kommune 2023 eingeplant werden“, gibt Uwe Oberdiek zu. Nach dem Kenntnisstand des Vereins gebe es für das Jahr 2024 aber auch keine Anmeldung der Mittel.

Die Probleme im Jahr 2023:

  • Im Juni führte ein Starkregenereignis zum Wassereintritt über das Dach und durch die Notausgangstür im Untergeschoss des Grenzlandmuseums. Im Untergeschoss löste sich daraufhin der Fußboden ab. „Der Schaden wurde der Vermieterin umgehend gemeldet, ohne dass aber Reparaturen des Daches erfolgten“, erklärt das Team vom Museum.
  • Im August führte Starkregen zum erneuten Wassereintritt über das Dach. In Mitleidenschaft wurde hierbei die erst im Februar 2022 erneuerte Raumdecke im Flur/Treppenhaus gezogen. Wieder seien die Schäden gemeldet, eine Reparatur aber ausgeblieben.
  • Im Oktober hatten Messungen der Luftfeuchtigkeit im Keller Werte von 82 Prozent ergeben. Bereits ab 60 bis 70 Prozent Luftfeuchtigkeit über mehrere Tage hinweg ist mit Schimmelbildung zu rechnen, ab 70 Prozent ist die Schimmelbildung unausweichlich. Daraufhin wurde ein elektrisch betriebener Luftentfeuchter beschafft, der seitdem im rund um die Uhr täglich fünf Liter Wasser aus der Luft entzieht. Trotz dieser Maßnahmen betrug die Luftfeuchtigkeit am 26. Dezember noch 48 Prozent.
  • Im Dezember führte erneuter Wassereintritt über das Dach zu einer Ausweitung des Schadenbildes. Der Museumsbetrieb musste vorzeitig eingestellt werden. An eine Reparatur, die Aussicht auf Erfolg haben konnte, war aufgrund der anhaltenden schlechten Witterung nicht zu denken. „Seit dem 10. Dezember erfolgt faktisch ein ununterbrochener Wassereintritt“, erklären die Verantwortlichen.

Für das Grenzlandmuseum ein Problem, das immer weitere Kreise zieht. Denn einfach gesprochen: Ohne Sanierung kann das Gebäude nicht geöffnet werden, ohne Öffnung kann man keine Einnahmen durch Besucher generieren - und vor allem auch nicht die jährlichen Fördergelder des Landkreises Göttingen in Höhe von 25.000 Euro erhalten, da eine Bedingung für diese die Öffnung der Einrichtung ist. Und ehe man überhaupt an eine Reparatur denken könne, müsse auch noch geklärt werden, wo man in der Zwischenzeit die Exponate einlagere.

Geburtstagskuchen: Im Jahr 2022 feierte das Grenzlandmuseum Bad Sachsa sein 30-jähriges Bestehen.
Geburtstagskuchen: Im Jahr 2022 feierte das Grenzlandmuseum Bad Sachsa sein 30-jähriges Bestehen. © Bad Sachsa | Jann-Luca Künßberg

Und als würde das Problemfeld Immobilie noch nicht ausreichen, sieht der Vorstand ein anderes Damoklesschwert in der Personalsituation des Vereins. „Bereits seit dem Jahr 2017 stellt der Personalfaktor ein riesiges Problem dar, das nach jetzigem Stand mit unseren Möglichkeiten nicht gelöst werden kann. Die Anforderungen an einen modernen und zeitgemäßen Museumsbetrieb verlangen nach einer breiteren und qualifizierten Personalbasis. Die Bemühungen des Vorstandes um die Gewinnung von aktiv mitwirkenden Ehrenamtlichen sind gescheitert. Der Beschäftigung von bezahlten Mitarbeitern sind sehr enge Grenzen gesetzt. Mit den uns verfügbaren Mitteln ist es nicht möglich, die Leitung des Museums weiter zu professionalisieren“, beschreibt Uwe Oberdiek die Problematik. „Wir haben es leider vor Ort nicht geschafft, eine Lobby für uns aufzubauen.“

Die Mitgliederentwicklung im Grenzlandmuseum Bad Sachsa:

  • Aktuell hat der Verein 39 Mitglieder.
  • Der Altersdurchschnitt liegt bei 70 Jahren.
In Bad Sachsa steht nun ein Stück der Mauer

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    Dabei - und das wirkt fast schon unglaublich - ist es dem Vorstand des Grenzlandmuseums Bad Sachsa gerade in der jüngsten Zeit gelungen, sein Netzwerk zu erweitern, Kooperationen wie beispielsweise mit dem Grenzmuseum Schifflersgrund, durch dessen Unterstützung man in vergangenen Jahr ein Stück Mauer mit Original-Teilen vor dem Museum in der Uffestadt aufbauen konnte, konnten eingegangen werden. Auch im Museumsverband für Niedersachsen und Bremen ist man unter anderem Mitglied - „und wir werden jetzt auch schon zu Tagungen eingeladen, um über unsere Arbeit zu sprechen“.

    Fotogalerie: Mauerbau am Grenzlandmuseum Bad Sachsa

    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut. 
    Ein Zaun mit Original-Teilen der Mauer wird vor dem Grenzlandmuseum Bad Sachsa aufgebaut.  © HK | Thorsten Berthold
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    Doch diese Erfolge machen die gravierenden Probleme nicht ungeschehen. „Unter diesen Bedingungen ist es ehrenamtlich Tätigen nicht mehr zuzumuten, die Öffnung des Museums auch weiterhin auf Biegen und Brechen zu ermöglichen. Es fehlt trotz der guten Reputation des Museums schlicht die Perspektive für einen erfolgreichen Museumsbetrieb.“ Das bedeutet in der Konsequenz: In der Jahreshauptversammlung im Februar 2024 wird der Vorstand den Mitgliedern empfehlen, den Museumsbetrieb einzustellen und auch die Auflösung des Fördervereins noch im Jahr 2024 vorzunehmen.

    Es wäre eine Illusion anzunehmen, dass der Förderverein und das Museum noch einen zweiten Umzug und dritten Neuanfang verkraften würden.
    Uwe Oberdiek - Vorsitzender des Fördervereins Grenzlandmuseum Bad Sachsa

    Für Uwe Oberdiek und den Vorstand ein schmerzlicher, aber unausweichlicher Schritt. „Es gibt in ganz Deutschland, inklusive in Bad Sachsa nur 30 Einrichtungen, die sich mit der Deutschen Teilung befassen. Und gerade mit Blick auf die Entwicklungen in unserem Land und der Welt wäre es wichtig, an die Geschichte nicht zu erinnern, sondern auch forschen.“ Aber für den Südharz sieht der Vorsitzende hier aufgrund der Probleme beim Personal, der Infrastruktur, aber auch der Lobby vor Ort keine Optionen mehr für einen Weiterbetrieb. „Es wäre eine Illusion anzunehmen, dass der Förderverein und das Museum noch einen zweiten Umzug und dritten Neuanfang verkraften würden. Wir als Vorstand empfehlen daher die Auflösung, die Entscheidung aber treffen die Mitglieder“, betont er noch einmal ausdrücklich.

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