Walkenried. Streik bei der Bahn im Harz: Experte Michael Reinboth sieht den ÖPNV in Gefahr. Er fordert, dass die Verbindungen bedient werden.

ÖPNV war und ist Teil der Daseinsvorsorge im ländlichen Raum. Eine Grundmobilität muss für alle und jeden angeboten werden – auch im Fall von Tarifauseinandersetzungen und Streiks. Ein Verkehrsmittel, das nach dem Prinzip Zufall verkehrt oder eben auch nicht, nutzt niemandem etwas. Dass es sich selbst infrage stellt und damit den massenhaften Verlust von Arbeitsplätzen der Streikenden provoziert, ist eine Sache. Dass ganze Bevölkerungsteile von der Mobilität abgeschnitten werden, eine andere.“ Michael Reinboth, Sprecher der „Initiative Höchste Eisenbahn für den Südharz“, macht in einer Stellungnahme keinen Hehl daraus, was er über die Gewerkschaft der Lokführer (GDL) und deren Streikdrohungen denkt. In seiner Mitteilung an den Harz Kurier erklärt er aber auch, warum ein Streik nicht zu einem kompletten Ausfall des ÖPNV führen dürfe - und vor allem welche Verbindungen für den Harz auch im Streikfall zwingend sichergestellt werden müssten.

Der Bahnsteig am Bahnhof in Walkenried am Abend.
Der Bahnsteig am Bahnhof in Walkenried am Abend. © HK | Thorsten Berthold

Streik bei der Bahn: Beförderungspflicht bleibt bestehen

Die Bahn habe eine Beförderungspflicht, der sie nachzukommen habe, gleich, welches Verkehrsunternehmen auf einer Strecke unterwegs sei, betont Michael Reinboth aus Walkenried ausdrücklich. Tagelange Streiks entbänden keinesfalls hiervon. „Dass man in solchem Fall Einschränkungen hinnehmen muss, ist leider so. Dass man aber hilflos mit ansehen muss, wie Termine platzen, man nicht zur Arbeit, zur Schule, zum Arzt kommt, das geht gar nicht.“

Dies ist ein Armutszeugnis unserer Verkehrspolitik.
Michael Reinboth - Sprecher der Initiative Höchste Eisenbahn für den Südharz

Reinboth kritisiert, dass es in Deutschland im Gegensatz zu Ländern wie Italien nicht möglich sei, einen verbindlichen Notfahrplan vorzugeben, der auch im Falle von Streiks gefahren werden müsse. „Auch dies ist ein Armutszeugnis unserer Verkehrspolitik.“ Er fordert, dass bei den geplanten Streiktagen der GDL diese Verbindungen im Minimum angeboten werden müssten:

ÖPNV im Harz: Diese Bahn-Strecken müssen laut Initiative auch im Streikfall bedient werden

  • Südharzstrecke: Northeim – Nordhausen und Westharzstrecke Braunschweig – Herzberg: Montag bis Freitag 6-7 Züge je Richtung, am Wochenende 4-5 Züge je Richtung; in Tagesrandlagen Kleinbusse beziehungsweise Linientaxen auf Teilabschnitten wie Northeim – Herzberg oder Nordhausen - Walkenried; Abstimmung der Züge so, dass in Herzberg der Taktknoten angeboten werden kann
  • Sollingbahn: Northeim – Bodenfelde: Züge des Schulverkehrs plus Kleinbusse im 2-Stunden-Takt
  • Kreiensen – Bad Harzburg: Alle 2 Stunden Züge im Anschluss an die Metronome in Kreiensen

All dies funktioniert aber nur mit der Annahme, dass der Metronom zwischen Göttingen und Hannover und der Erixx zwischen Bad Harzburg und Hannover nicht bestreikt wird, weil sie zur Netinera-Gruppe gehören, für die es einen neuen Tarifvertrag gibt. Das würde auch kombinierte Fahrten Bus/Zug zwischen Bad Sachsa, Walkenried und Hannover über Bad Harzburg im angenäherten 2-Stunden-Takt ermöglichen, ebenso auch Fahrten Bad Sachsa – Braunschweig über Bad Harzburg.

Die rechtzeitige Kommunikation eines solchen Notfahrplans könnte nach Ansicht des Sprechers der Initiative in der ersten Januarwoche so erfolgen, dass sich die Kunden auf das dann eingeschränkte Angebot einstellen können. „So etwas sollte – im Interesse des Haltens der Kunden – auch für eine ansonsten sinnvollen Argumenten kaum zugängliche Gewerkschaft - möglich sein.“

Ein Linienbus wartet an einer Haltestelle in Wieda. 
Ein Linienbus wartet an einer Haltestelle in Wieda.  © FMN | Thorsten Berthold

Buslinien im Südharz sind nicht vom Streik betroffen:

Von den Streiks nicht betroffen sind alle Buslinien im und am Harz. Sie verkehren nach den aktuell möglichen Fahrplänen, also im Fall der Firma Hahne weiterhin nach dem eingeschränkten, aber stabilen Notfahrplan.

Diese Zugunternehmen sind im Harz & der Region voraussichtlich nicht vom Streik betroffen:

  • Metronom (Göttingen – Hannover – Uelzen – Hamburg)
  • Erixx (Bad Harzburg – Goslar – Hannover, Goslar – Bad Harzburg – Braunschweig und Braunschweig – Uelzen)
  • Westfalenbahn (Braunschweig – Hannover – Minden – Bielefeld/Osnabrück Enno Wolfsburg – Hannover, Braunschweig – Hildesheim (Wolfsburg – Braunschweig derzeit ohnedies nur Busverkehr – und der fährt)
  • Abellio (Kassel – Nordhausen – Sangerhausen – Halle (Saale), Magdeburg – Sangerhausen – Erfurt, Thale – Halberstadt – Magdeburg, Goslar – Halberstadt – Aschersleben – Halle (Saale), Blankenburg – Halberstadt, Aschersleben – Dessau. Hier kann es aber, wenn auch noch ein Stellwerk bestreikt wird, zu Teilausfällen kommen)
  • Außerdem verkehren uneingeschränkt die Züge der Harzer Schmalspurbahnen einschließlich der Straßenbahn in Nordhausen auf dem Abschnitt Ilfeld – Niedersachswerfen – Nordhausen.

So hilft das neue Harz-Kursbuch im Streikfall:

  • Im „Harz-Kursbuch“ ist auf rund 250 Seiten alles Wissenswerte über Bahn und Bus im Harz zusammengestellt.
  • Es liefert einige Hinweise für die Streiktage. Aus diesem kann man zum Beispiel die parallel zu Bahnstrecken verkehrenden Buslinien ersehen. Die gibt es ja durchaus: Langelsheim – Goslar – Bad Harzburg, Herzberg – Bad Lauterberg/Bad Lauterberg – Bad Sachsa – Walkenried, Ellrich – Nordhausen, um ein paar Beispiele zu nennen.
  • Das Buch ist wieder einbändig, kostet 5 Euro und kann – bei Postversand zuzüglich Porto und Verpackung – bei der Initiative (Michael Reinboth, Klettenberger Weg 15, 37445 Walkenried, michael.reinboth@suedharzstrecke.de) bestellt werden.
  • Eine elektronische Version in Form einer pdf-Datei steht hier zum Download bereit.
  • Ein Bezug ist aber auch über den Harzer Tourismusverband in Goslar möglich.

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