Altkreis Osterode. Für Seniorinnen und Senioren gibt es im Alter verschiedene Wohnmodelle. Welche Vor- und Nachteile zu bedenken sind und wo es Hilfe und Rat gibt.

Dank medizinischer Fortschritte können die Menschen heute glücklicherweise ein längeres Leben genießen. Viele ältere Menschen wollen natürlich verständlicherweise am liebsten in ihren eigenen vier Wänden alt werden. Was da auf einen zukommen kann und welche alternative Lebensform es im Altkreis Osterode gibt.

Unsere Redaktion hat die Vor- und Nachteile verschiedener Wohnformen im Alter zusammengetragen, wie auch Stellen, wo es Rat und Unterstützung gibt. Bei dem Gespräch mit unserer Zeitung waren neben der Fachdienstleiterin des Landkreises Göttingen, Tanja Heiligenstadt, auch Ilona Ecke und Dörthe Lotze vom Senioren- und Pflegestützpunkt (Standort Osterode) dabei. Zu diesem Team gehören noch Katrin Heinig und Dagmar Steschulat. Ilona Ecke hat ein Studium der Gerontologie absolviert, die drei weiteren Teammitglieder haben eine Ausbildung zur Pflegefachkraft und diverse Weiterbildungen unter anderem als Pflegedienstleitung und im Fallmanagement.

Wie lebt man im Mehrgenerationenhaus?

Was früher gang und gäbe war, ist heutzutage fast komplett von der Bildfläche verschwunden. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich Großfamilien durch äußere Umstände, wie steigende Anforderungen an die Berufswahl und die Verdienstmöglichkeiten, immer mehr aufgelöst. Oft verlassen die Kinder die Familien, um Karriere im Job machen zu können. Inzwischen sind aber wieder einmal mehr die Mehrgenerationenhäuser eine mögliche Antwort auf die demografischen Herausforderungen. Großeltern, die sich um ihre Enkel kümmern, Erwachsene, die ihre hilfebedürftigen Eltern betreuen - all das gibt es automatisch im Mehrgenerationenhaus. Dabei geht es nicht nur um Pflicht und Sorge, sondern auch um Spaß und voneinander zu lernen.

Vorteile: Es ist eigentlich immer jemand da, wenn Hilfe gebraucht wird, die Kinderbetreuung kann geteilt werden, wie auch die Aufgabenverteilung beim Kochen, bei der Hausaufgabenbetreuung, im Garten oder bei Reparaturen. Außerdem profitiert man von den Talenten der anderen und durch das gemeinsame Leben lässt sich Geld sparen. Zukunftsängste können eventuell auch verschwinden, zudem profitieren beide Seite von den Erfahrungen. Nachteile können sein: Es prallen unterschiedliche Ansichten aufeinander, beispielsweise bei der Kindererziehung. Auch eine mangelnde Distanz kann dazu führen, dass man sich nicht immer komplett aus dem Weg gehen kann.

Was ist, wenn man im Alter alleine zuhause wohnt?

Das ist bestimmt nicht der Traum vieler Senioren, oftmals aber Realität, weil der Partner verstorben ist und die Kinder weggezogen sind. Die eigenen vier Wände bieten aber auf der einen Seite Sicherheit und Gewohnheit sowie ein vertrautes Umfeld mit den Nachbarn. Es können aber Umbauten nötig sein, zum Beispiel, wenn die Mobilität auf den eigenen Beinen nachlässt. Sicherheit und Barrierefreiheit stehen dann im Vordergrund. Altersgerechte Umbauten, wie das Verbreitern von Türen für Rollatoren oder eine barrierefreie Waschmöglichkeit, sind von Vorteil. Manchmal kann auch der Einbau eines Treppenliftes eine Option sein. Das hängt von der individuellen Situation ab.

Wenn man im Alter nicht mehr so mobil ist, spielt Barrierefreiheit für ein möglichst normales Leben eine große Rolle.
Wenn man im Alter nicht mehr so mobil ist, spielt Barrierefreiheit für ein möglichst normales Leben eine große Rolle. © HK | Herma Niemann

Sinnvoll, wenn man alleine lebt, ist aber auf jeden Fall, die Installation eines Hausnotruf-Systems. Wer das Glück hat, fürsorgliche Angehörige in der Nähe zu haben, kann auch bei einem bestimmten Pflegegrad noch gut zu Hause leben. Sowie ein Pflegegrad vorhanden ist, fließen bestimmte Gelder für bestimmte Zwecke. Zum einen erhält der Pflegende ein Pflegegeld, zudem gibt es Gelder für ambulante Dienste, die die häusliche Pflege für Angehörige erleichtern, Haushaltshilfen oder das sogenannte Essen auf Rädern. Außerdem steht ein Budget für Pflegehilfsmittel, wie für Desinfektionsmittel oder Mund-Nasen-Masken, zur Verfügung. Zudem kann es je Einzelfall auch Geld vom Landkreis dazu geben, aus dem Topf „Hilfe zur Pflege“.

Der Vorteil ist, man bleibt in seiner gewohnten Umgebung. Der Tagesablauf kann individueller gestaltet werden als bei einer stationären Unterbringung. Ein Umzug im Alter kann abschreckend und vielleicht auch traumatisierend wirken. Die gewohnte Umgebung gibt Sicherheit. Nachteile: Für die Betreuungsperson ergibt sich unter Umständen ein hoher Zeitaufwand. Mitunter können auch psychische Belastungen der pflegenden Personen zu einem Problem werden. Und, Familie, Beruf und Pflege müssen organisierbar und vereinbar sein. Kommt der ambulante Dienst, muss man sich natürlich auf die Pflegekräfte einstellen und einen Zeitplan einhalten.

Wie lebt man in einer Senioren-WG?

Die Senioren-Wohngemeinschaft zählt vielleicht zu den innovativsten Wohnformen im Alter, ist aber noch nicht so weit verbreitet. Da diese natürlich nicht in Verzeichnissen vermerkt sind, sind dem Landkreis Göttingen solche Einrichtungen nicht bekannt, bis auf eine. In einer Senioren-WG hat jeder Senior sein eigenes Zimmer, also seine Privatsphäre. Die Gemeinschaftsräume werden gemeinsam genutzt, es kann auch ein gemeinsamer ambulanter Pflegedienst engagiert werden.

Im Landkreis Göttingen bekannt ist die WG Am Goldgraben des Vereins Freie Altenarbeit Göttingen. Dort werden mit und für Menschen aller Generationen neue Perspektiven für das gemeinschaftliche Wohnen, die biografische Selbstreflexion und das soziale Miteinander angeboten. So wird der Vereinsamung im Alter vorgebeugt und die Senioren können sich gegenseitig im Alltag unterstützen und gemeinsame Aktivitäten unternehmen. Wer ein großes Haus besitzt, sollte vielleicht mal über diese Möglichkeit nachdenken. Vorteil: Man hat seine Privatsphäre und ist trotzdem nicht allein, Pflege ist dennoch möglich. Gemeinsame Veranstaltungen wie Gesellschaftsspieleabende sind ohne großen Aufwand möglich. Nachteil: Man lebt mit Menschen zusammen, mit denen man sich auf Dauer vertragen und einigen muss. Je nach Wohnform, fallen Kosten für Miete, Zusatzleistungen und die Unterhaltung des Hauses an.

Wie funktioniert die Tagespflege und die Kurzzeitpflege?

Lebt man in den eigenen vier Wänden, kann man unter Umständen auch die Tagespflege- oder Kurzzeitpflegeeinrichtungen besuchen. Insgesamt gibt es 25 Einrichtungen (die Hälfte im Altkreis Osterode) im gesamten Landkreis, für die auch ein Fahrdienst angeboten wird. Das funktioniert so: In der Tagespflege wird man meistens von montags bis freitags/samstags von 8 bis 16 Uhr abgeholt. Dies gehört je nach Pflegegrad zu den zusätzlichen Leistungen der Pflegekasse. Wer dies in Anspruch nehmen kann, bekommt in einer Pflegeeinrichtung Beschäftigung, Mahlzeiten und soziale Kontakte, eine gute Ergänzung also für das Leben zu Hause. Bei der Kurzzeitpflege bleibt man einige Wochen in einem Pflegeheim, das bietet sich besonders nach Krankenhausaufenthalten an, um wieder fit für das Leben zu Hause zu werden. Leider gibt es im Landkreis allerdings zu wenig bis kaum Angebote für die Kurzzeitpflege.

Wir unterstützen zu allen Fragen rund um Leben im Alter. Dabei geht ambulant immer vor stationär. Wir versuchen, die Seniorinnen und Senioren so lange wie möglich zu Hause zu unterstützen.
Der Senioren- und Pflegestützpunkt Standort Osterode des Landkreises Göttingen zu den Wohnformen und Möglichkeiten im Alter

Wie funktioniert das Leben in stationären Wohnformen?

Auch im stationären Bereich gibt es verschiedene Wohnformen, wie etwa Wohnen im Seniorenheim oder in Einrichtungen des Betreuten Wohnens. Beim Betreuten Wohnen handelt es im Grunde um barrierefreie Mietwohnungen, die altersgerecht gestaltet sind und einen Betreuungsservice anbieten. In den meisten Fällen sind diese Einrichtungen im Altkreis Osterode an Pflegeheime angeschlossen. Die Wartelisten sind oft allerdings lang.

Diese Wohnform eignet sich in erster Linie für Senioren, die noch verhältnismäßig selbstständig leben können und gleichzeitig sicher sein möchten, und bei Bedarf schnell und zuverlässig Hilfe erhalten können. Im Allgemeinen sind auch Gemeinschaftsräume vorhanden. Verschiedene Leistungen sind dazu buchbar, wie zum Beispiel auch ein Einkaufsservice. In den Mietwohnungen der Kreiswohnbau etwa, gibt es auch ein umfangreiches Zusatzangebot. Aber auch hier gibt es Wartelisten für die Mietwohnungen.

Ist die Pflegebedürftigkeit so weit fortgeschritten, dass der betroffene Senior nicht mehr imstande ist, den eigenen Haushalt zu führen, und eine umfassende Pflege notwendig ist, wird oft ein Umzug in ein Pflegeheim notwendig. Die Kosten dafür sind allerdings inzwischen erheblich gestiegen. Neben Unterkunft und Verpflegung erfahren die Bewohner die notwendige Pflege und Betreuung. Dafür werden pauschale Leistungen der Pflegeversicherung angerechnet. Vorteil: Betreuung quasi rund um die Uhr. Nachteil: Verlust der gewohnten Umgebung und die Kosten für eine Unterbringung im Seniorenheim sind oft sehr hoch. Die Pflegekasse zahlt zwar Anteile, die übrigen Kosten müssen aber vom Pflegebedürftigen entweder selbst oder vom Sozialamt getragen werden.

Gibt es Alternativen zu Wohnformen im Alter?

Es gibt auch die Möglichkeit, im Alter im eigenen Haus zum Beispiel einen Teil seiner Wohnung - sofern ausreichend - an junge Leute zu vermieten. Unter dem Credo „Geben und Nehmen“ kann man die im Haus befindliche Einlieger- oder Mietwohnung dem Mieter günstiger überlassen und dafür gewisse Arbeiten dafür in Anspruch nehmen, wie etwas das Rasenmähen durch den Mieter im Sommer, das Schneeschieben im Winter oder Fahrten zum Arzt oder zum Einkaufsmarkt. Vorteil: Senioren bleiben in ihren vier Wänden und haben trotzdem Teil am sozialen Leben und erhalten Hilfe durch den direkten Kontakt. Nachteil: Man muss sich sozusagen auf „fremde“ Menschen im Haus und deren Verhalten und Gewohnheiten einlassen.

Wohnen im Alter: Hier gibt es weitere Informationen

Der Senioren- und Pflegestützpunkt Osterode berät Pflegebedürftige und deren Angehörige zu allen Themen rund um das Thema Pflege. Insbesondere auch zu Leistungen, die die Pflegeversicherung an Unterstützung gewährt. Aber auch über die Möglichkeit, beim Landkreis Göttingen als örtlichen Träger der Sozialhilfe einen Antrag auf Leistungen der Hilfe zur Pflege zu stellen, wenn das Einkommen und das Vermögen nicht ausreichen, um die ambulante Pflege, die Tagespflege oder den Heimplatz zu bezahlen.

Die Kolleginnen des Senioren- und Pflegestützpunktes machen auch Hausbesuche und erstellen und aktualisieren eine neutrale Angebotslandkarte für den Landkreis Göttingen, die alle Angebote rund um das Thema Pflege mit den jeweiligen Kontaktdaten der Anbieter beinhaltet. Diese ist auch auf der Homepage des Landkreises Göttingen zu finden.

Der Senioren- und Pflegestützpunkt führt auch Wohnberatungen und Beratungen bei pflegebedürftigen Kindern durch, gern auch im Rahmen von Hausbesuchen. Pflegebedürftige Menschen, die aus einem Alten- und Pflegeheim wieder nach Hause zurückkehren möchten oder die sich bewusst gegen einen Heimplatz aussprechen, unterstützen die Kolleginnen des Stützpunktes auch intensiv und über einen längeren Zeitraum als über eine einzelne Beratung hinaus (sogenanntes Fallmanagement).

Weitere Informationen zu Beratungen oder Hilfsangeboten wie auch zu Beratungsgruppen gibt es beim:

Senioren- und Pflegestützpunkt Osterode, Bad Sachsa, Herzberg, Bad Grund, Telefon 05522-9604200, E-Mail Senioren-undpflegestützpunkt@landkreisgoettingen.de

Senioren- und Pflegestützpunkt Göttingen, Telefon 0551-2908 (2909 oder 3016), Mail auch hier Senioren-undpflegestützpunkt@landkreisgoettingen.de

Freie Altenarbeit Göttingen, Telefon 0551-43606, Mail wohnberatungsmobil@f-a-g.de

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