Schöningen. Auf dem Neujahrsempfang der IHK Braunschweig in Schöningen warnt deren Präsident vor einem Abschwung.

So sturmfest sind Niedersachsen: Trotz Regens und heftiger Böen reisten am Dienstagabend rund 1000 Vertreter aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft nach Schöningen im Kreis Helmstedt, um den Neujahrsempfang der Industrie- und Handelskammer (IHK) Braunschweig zu besuchen.

Empfangen wurden sie im Paläon, das Museum zeigt mit den Schöninger Speeren die wohl ältesten Jagdwaffen der Welt. Wie es bei der IHK Tradition ist, finanziert sie den Empfang nicht selbst. Stattdessen fand sich erneut ein Kreis von Sponsoren, dem Avacon, die Schmid-Gruppe, Obi und Sport-Thieme angehören.

Bevor es ans Anstoßen und zum Meinungsaustausch ging, stimmten IHK-Präsident Helmut Streiff, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Jan-Michael Schmid als Vertreter der Sponsoren die Gäste auf das neue Jahr ein.

Streiff sprach Probleme direkt an. Nach seiner Einschätzung kommen auf Deutschland nach zehn Jahren Aufschwung schwierigere Zeiten zu. „Die Signale für einen Abschwung sind weltweit erkennbar“, sagte er und nannte als Beispiele den Handelskonflikt zwischen den USA und China sowie den Brexit.

Zudem seien in Deutschland Entwicklungen auszumachen, die die Industrie beschädigten. Dazu gehöre der Ausstieg aus der Kernenergie sowie das Aus von Kohlekraftwerken. Streiff kritisierte nicht den Umstieg auf erneuerbare Energien an sich, sondern das aus seiner Sicht unstrukturierte Vorgehen. So dürfe der Umstieg erst erfolgen, wenn Infrastruktur und Rahmenbedingungen geschaffen sind. Streiff: „Ich erwarte, dass jeder, der für den Ausstieg aus der Kohleverstromung plädiert, Stromtrassen, Windkrafträder und Biogas-Anlagen in einer zumutbaren Nähe akzeptiert.“

IHK-Empfang im Schöninger Paläon

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Als Angriff auf die Industrie, in diesem Fall die Autoindustrie als wichtigste Branche in Deutschland, sieht Streiff politische Entscheidungen auf Bundes- und EU-Ebene. Sie würden Arbeitsplätze gefährden. Streiff forderte, die Autobranche nicht als Gegner, sondern als Partner zu sehen. Neue Vorschriften wie etwa strengere Abgas-Grenzwerte müssten so gestaltet werden, dass sie zeitlich und technisch erreicht werden könnten. Der IHK-Präsident bezeichnete die Abkehr vom Diesel-Motor als Fehler. „Wir brauchen den Diesel, um die CO2-Minderungsziele zu erreichen.“

Das Ziel von VW, die E-Mobilität rasch auszubauen, sei zu begrüßen. Erforderlich seien nun Fabriken für die Produktion von Batteriezellen, sagte Streiff. Ein geeigneter Standort dafür sei Salzgitter, wo bereits ein VW-Motorenwerk steht. Um den Bau und den Betrieb einer Batteriefabrik zu ermöglichen, müsste der Strompreis allerdings von sämtlichen Gebühren und Steuern befreit werden, forderte er. Unsere Region könnte sich mit der E-Mobilität besonders profilieren, wenn E-Autos in Wolfsburg, die Batteriesysteme im VW-Werk Braunschweig, die Zellen bei VW in Salzgitter produziert und später die ausgedienten Batteriesysteme im Kreis Helmstedt recycelt würden.

Als weiteres Indiz der Deindustrialisierung wertete der IHK-Präsident die im vergangenen Jahr gescheiterten Pläne der Städte Braunschweig und Salzgitter, ein gemeinsames Industriegebiet auszuweisen. „Diese vertane Chance wird uns in 20 bis 30 Jahren einholen“, sagte er.

Einmal mehr forderte Streiff den Bürokratie-Abbau. „Böse Zungen behaupten übertrieben, die Wirtschaft in Deutschland würde an drei Dingen zugrunde gehen: Datenschutz, Brandschutz und Denkmalschutz“, unkte er.

Ministerpräsident Weil baute gleich zu Beginn seiner Rede eine Brücke in unsere Region. Die im Paläon gezeigten Speere seien der Beweis, dass es schon vor 300.000 Jahren Hightech aus unserer Region gegeben habe. Heute sei sie das industrielle Herz Niedersachsens.

Neujahrsempfang der IHK Braunschweig im Schöninger Paläon

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    Das Land sei inzwischen ein sehr starker Wirtschaftsstandort, führte Weil aus. Niedersachsen habe im 10-Jahres-Vergleich unter den 16 Bundesländern das drittgrößte Wachstum erzielt. Das sei nicht allein das Verdienst der Politik. „Die gute Entwicklung der Vergangenheit ist der hervorragenden Arbeit in den niedersächsischen Unternehmen zuzurechnen“, sagte er und sprach seinen Dank aus.

    Die Wirtschaft Niedersachsens stehe vor vier Herausforderungen. Dazu gehöre erstens der Außenhandel, der für die niedersächsischen Unternehmen eine große Rolle spiele. Weil warnte etwa vor den Folgen des Brexit. Beunruhigend seien ferner protektionistische Signale – vor allem aus den USA.

    Die Auswirkungen dieser Entwicklung würden noch dramatischer sein, wenn Deutschland mitsamt seiner Wirtschaft auf sich allein gestellt wäre, betonte der Ministerpräsident und bat seine Zuhörer, das Zusammenwachsen Europas zu unterstützen: „Europa ist die Grundlage für den gesellschaftlichen Wohlstand.“ Die wichtige Bedeutung Europas hatte auch IHK-Präsident Streiff hervorgehoben und die Besucher gebeten, sich an der Europa-Wahl zu beteiligen.

    Als zweite Herausforderung nannte Weil die Digitalisierung. Er bekräftigte, dass das Land den Ausbau der digitalen Infrastruktur forcieren werde. Das gelte etwa für das ultraschnelle Internet und den Mobilfunk, aber auch für die Ausstattung der Schulen. Um die digitale Bildung zu verbessern, würden Digitalprofessuren geschaffen. So könnten zusätzliche Informatik-Studienplätze entstehen.

    Die dritte große Herausforderung ist für Weil der Klimawandel, der nicht mehr zu leugnen sei. Zwar unterstütze er die ökologische Modernisierung, sagte der Ministerpräsident. Er kritisierte aber zugleich dass die Komplexität des Themas von der Politik oft unterschätzt werde. Mit Blick auf die neuen, strengeren CO2-Grenzwerte sagte Weil, es sei beunruhigend, „wenn die Politik die Hausaufgaben für andere verschärft“, ohne dass vorher um die neuen Ziele gerungen worden sei.

    Er hob hervor, dass VW den Ausbau der Elektro-Mobilität „am konsequentesten“ vorantreibe. Allerdings werde die Einführung der Elektro-Mobilität Arbeitsplätze kosten. Die Bundes- und EU-Politik müssten den Rahmen schaffen, dass der Umbau gelingen kann. Weil: „Wir wollen, dass Niedersachsen auch in Zukunft erfolgreich ist.“

    Als vierte Herausforderung nannte er den Fachkräftemangel. Zwei von drei Betrieben würden das Fehlen von Experten als größtes Risiko bezeichnen. Daher sei das Fachkräfteinwanderungsgesetz zu begrüßen. Weil warnte allerdings vor zu großen Erwartungen. Die Basis für die Sicherung von Fachkräften bleibe die gewerbliche Ausbildung.

    Jan-Michael Schmid als Vertreter der Sponsoren dankte dem Land dafür, dass es nun das Paläon übernimmt. Weil hatte zuvor betont, dass es für das Land eine „Selbstverständlichkeit“ gewesen sei, das wirtschaftlich angeschlagene Museum zu unterstützen. Schmid führte weiter aus, dass das Paläon bewusst als Veranstaltungsort für den Neujahrsempfang gewählt worden sei, um den Entscheidungsträgern aus der Region zu zeigen, dass sich der Kreis Helmstedt „im Aufbruch in das 21. Jahrhundert befindet“.

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