Bundesverfassungsgericht hebt Urteile wegen unerlaubter Rechtsberatung auf

BRAUNSCHWEIG. Großer Erfolg für den 74-jährigen Dr. Helmut Kramer, einst Richter am Oberlandesgericht Braunschweig. Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt, wie bereits kurz gemeldet, zwei frühere Urteile des Amtsgerichts und Oberlandesgerichts Braunschweig gegen ihn aufgehoben. Kramer war in Braunschweig wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz verurteilt worden, weil er mehrfach kostenlos Bürger beraten und vor Gericht vertreten hatte.

Diese Urteile, so das Verfassungsgericht, verletzten den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit. Die Sache wird an das Amtsgericht Braunschweig zurückverwiesen.

Kramer hatte vor Jahren die Urteile der Braunschweiger Gerichte durch eine Selbstanzeige provoziert.

Der Hintergrund: Nach einem aus der NS-Zeit stammenden Gesetz, dem Rechtsberatungsgesetz von 1935, ist es Nichtanwälten verboten, Nachbarn und andere Bürger in Rechtsfragen zu beraten. Bei seiner Selbstanzeige ging es Kramer weniger um seine Person, sondern darum, das Verbot der selbstlosen Rechtsberatung zu überprüfen. Der Rechtsstaat, so seine Position, dürfe es seinen Bürgern eben nicht verwehren, bei juristischen Auseinandersetzungen einander uneigennützig mit Rat zur Seite zu stehen.

Die Verfassungsbeschwerde Kramers und die zahlreichen ihn stützenden Aufsätze von Juristen zum Thema haben inzwischen das Bundesjustizministerium veranlasst, einen Entwurf zu einem neuen Rechtsberatungsgesetz zu erarbeiten. Möglicherweise wird jetzt das Verbot kostenloser Rechtsberatung völlig aufgehoben.