Berlin. Für Experten wie Nico Lange haben sie ihre Ziele erreicht: Putin blamiert. Über die russischen Freischärler und ihre Spezialoperation.

Nun hat Kremlchef Wladimir Putin sie wirklich, eine russische "Spezialoperation" – allerdings der etwas anderen Art. Oppositionskräfte stiften Verwirrung,sorgen jenseits der ukrainischen Grenze für Aufregung. Erobern kleinere Ortschaften, nehmen Soldaten gefangen, führen Sabotage-Aktionen durch, mit einem Satz: tragen den Krieg nach Russland hinein. Selbstredend hat die Regierung in Moskau sie als Terrororganisation eingestuft.

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Die Freischärler von Gruppierungen, die sich "Russisches Freiheitskorps" oder "Legion Freiheit Russlands" nennen, sorgen für Unsicherheit, auch unter den westlichen Verbündeten der Ukraine. Falls die Rebellen nicht direkt den ukrainischen Streitkräften unterstehen und im Grunde bloß Operationen unter falscher Flagge durchführen, so liegt doch der Verdacht nahe, dass sie von Kiew aus unterstützt werden; allein schon um nicht versehentlich unter "friendly fire" zu geraten.

Ukraine-Krieg: Zunehmend wird er nach Russland hineingetragen

Wenn die Milizen Gefangene machen, werden diese bezeichnenderweise an die Ukraine übergeben. Überhaupt: Die Truppen des ukrainischen Armeechefs General Walerij Saluschnyj sind schlicht die Nutznießer, wenn solche Milizen Chaos und Unsicherheit verbreiten, russische Truppen in Grenznähe binden und damit von der Front im Ukraine-Krieg fernhalten. Militärexperten wie Nico Lange sehen Putin durch die Aktionen blamiert, wie er auf Twitter analysierte. Das könnte Sie auch interessieren: Söldner gegen Soldaten: Prigoschins gnadenloses Verhörvideo

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Es fehlen gesicherte Angaben über Ausrüstung und Truppenstärke; auch darüber, wie sich die Gruppen genau zusammensetzen, wen sie rekrutieren. Regelmäßig veröffentlichen sie Fotos, Videos, Kommentare über ihre Kampfeinsätze im russischen Gebiet Belgorod.

Als Sprecher tritt Alexej Baranowskij auf, als Anführer gibt sich ein Dennis Kapustin. Der ist allerdings kein Unbekannter: Ein Kleinkrimineller und Neonazi, der zeitweise in Deutschland gelebt hat und enge Kontakte zur Hooligan-Szene hatte.

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Nach eigener Darstellung sind in ihren Reihen viele Russen, auch Überläufer, überhaupt: ausländische freiwillige Kämpfer. Zuletzt war von Angehörigen des so genannten "Polnischen Freiwilligenkorps“ die Rede.

Die Zusammensetzung dürfte vielen Partnerstaaten der Ukraine nicht gefallen; ebenso, dass sie Fahrzeuge benutzen, die nachweislich via Ukraine aus den USA und Polen stammen. Nicht minder irritierend ist, dass sie mutmaßlich Waffen aus Nato-Staaten einsetzen. Belgien hat von der Ukraine Aufklärung gefordert, nachdem Meldungen kursierten, wonach die Partisanen belgische Waffen einsetzten. Die meisten Staaten liefern militärische Ausrüstungsgüter unter der Bedingung, dass sie nur zur Verteidigung eingesetzt werden.

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Ukraine sorgt für Irritationen: Freischärler vom Westen ausgerüstet?

Diese rote Linie wird von den Freischärlern verletzt, die immer wieder Ortschaften im Grenzgebiet überfallen und Kommandoposten stürmen. Der Tod des russischen Offiziers, Oberst Andrej Wassiljewitsch Stesew, geht wohl auf ihr Konto. Schon am 22. Mai griffen ihre Kämpfer einen Grenzposten nördlich von Charkiw an und rückten anschließend in mehrere Dörfer vor

Der Ukraine passt es ins Konzept, wenn sie die russischen Nachschublinien stören. Sie agieren wie Partisanen, schlagen zu und verschwinden wieder, verwickeln die russischen Soldaten in Gefechte, eigentlich Himmelfahrtskommandos. Wie groß ihre Verluste sind, lässt sich nicht kalkulieren.

Dass sie mehr oder weniger ungehindert über die Grenze marschieren konnten, erlaubt Rückschlüsse auf die Kompetenz der russischen Grenztruppen, genauer gesagt: auf ihre Inkompetenz. Sie blamieren die Armee, stellen den Kreml bloß, schüren erste Panik in der Bevölkerung. Sie sind zweifellos der Stachel in Putins Fleisch.

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Spekulationen über den Kiewer Geheimdienst

Man kann es nicht beweisen, aber es wird viel darüber spekuliert, dass der ukrainische Militärgeheimdienst hinter diesen Gruppierungen steckt. Die Skrupel, sich Ultranationalisten und Rechtsextremisten zu Nutze zu machen, sind gering. Präsident Wolodymyr Selenskyj meidet sie als Thema in seinen Ansprachen.

Ihre politischen Ziele bleiben nebulös. Auf ihrer Webseite schreibt die "Legion", Russland solle "Teil der freien Welt" werden. Nach Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine, wolle man "in den Kreml gehen" und ein neues freies Russland aufbauen. Das Endziel ist Moskau.

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